Spirale

Die Kalkschale der Ammoniten ist annähernd nach Art einer logarithmischen Spirale aufgebaut

Eine Spirale oder Schneckenlinie ist eine Kurve, die um einen Punkt oder eine Achse verläuft und sich je nach Betrachterperspektive von diesem Zentrum entfernt oder sich ihm annähert.

Spirale oder Schraube

Die Spirale wird manchmal mit der Schraube verwechselt. Während die prototypische Spirale ein Gebilde in der Ebene ist, wie zum Beispiel die Rille einer Schallplatte oder die Arme einer Spiralgalaxie, ist sowohl die Schraube als auch der Wendelbohrer ein räumliches Gebilde entlang des Hofes eines Zylinders. Auch die Abgrenzung zu einem Wirbelrad ist letztlich unklar.

Ebene Spiralen

Beschreibungen

Archimedische Spirale

Man kann Spiralen mathematisch am besten als Koordinatengleichungen im ebenen Polarkoordinatensystem beschreiben, wobei r als Funktion r(\varphi ) von \varphi dargestellt wird; \varphi läuft im Allgemeinen bis unendlich anstatt nur bis 2π. Auch negative Winkel sind möglich.

Polardarstellung einer Spirale:

In x-y-Koordinaten werden dadurch Punkte mit der Parameterdarstellung

beschrieben.

Ersetzt man in der Polardarstellung \varphi durch {\displaystyle \varphi -\varphi _{0}}, so wird die Spirale um den Winkel \varphi _{0} gedreht. (Eventuell muss der Definitionsbereich angepasst werden.)

Beispiele

Hyperbolische Spirale als Zentralprojektion einer Schraubenlinie

Die archimedische Spirale entsteht z.B. beim Aufwickeln eines gleichmäßig dicken Teppichs. Sie wird in der r-\varphi -Ebene durch eine Gerade beschrieben.

Die hyperbolische Spirale wird in der r-\varphi -Ebene durch eine Hyperbel beschrieben. Sie entsteht bei der Zentralprojektion einer Schraubenlinie auf eine zur Schraubachse senkrechte Ebene (siehe Bild). Man sieht sie z.B. beim senkrechten Blick durch eine Wendeltreppe . Sie ist auch das Bild einer archimedischen Spirale bei einer Kreisspiegelung (Inversion).

Die Fermatsche Spirale heißt auch parabolische Spirale, da ihre Polargleichung eine Parabel beschreibt.

Die Lituus-Spirale ist das Bild einer fermatschen Spirale bei einer Kreisspiegelung.

Die logarithmische Spirale entsteht z.B. beim Wachstum von Schneckenhäusern. Ihr Name rührt von der Auflösung ihrer Polargleichung nach \varphi her: {\displaystyle \varphi ={\tfrac {1}{k}}\cdot \ln {\tfrac {r}{a}}}.

Neben diesen Spiralen gibt es noch welche, die nicht in dieses Konzept passen:

Eigenschaften

Polarkoordinaten: Definition von Sektor (hellblau) und polarer Steigungunswinkel (\alpha )
Polarer Steigungswinkel

Der Winkel \alpha , unter dem die Spiraltangente den zugehörigen Polarkreis schneidet, heißt polarer Steigungswinkel und \tan \alpha die polare Steigung. Aus der Formel für den Tangentenvektor ergibt sich

{\displaystyle \tan \alpha ={\frac {r'}{r}}\ .}

Für eine Spirale mit der Gleichung {\displaystyle \;r=a\varphi ^{n}\;} ist die polare Steigung

Für die archimedische Spirale ist n=1 und damit {\displaystyle \;\tan \alpha ={\tfrac {1}{\varphi }}\ .}

Für die logarithmische Spirale ist {\displaystyle \ \tan \alpha =k\ } konstant.

Krümmung

Die Krümmung \kappa einer Kurve in Polardarstellung ist

{\displaystyle \kappa ={\frac {r^{2}+2(r')^{2}-r\;r''}{(r^{2}+(r')^{2})^{3/2}}}\ .}

Für eine Spirale mit der Gleichung {\displaystyle r=a\varphi ^{n}} ergibt sich

Z. B. ist für n=1 (archimedische Spirale) {\displaystyle \kappa ={\tfrac {\varphi ^{2}+2}{a(\varphi ^{2}+1)^{3/2}}}}. Die Spirale hat also keinen Wendepunkt.

Die Krümmung einer logarithmischen Spirale {\displaystyle \;r=ae^{k\varphi }\;} ist {\displaystyle \;\kappa ={\tfrac {1}{r{\sqrt {1+k^{2}}}}}\;.}

Sektorfläche

Die Fläche eines Kurvensektors einer Kurve in Polardarstellung ist

{\displaystyle A={\frac {1}{2}}\int _{\varphi _{1}}^{\varphi _{2}}r(\varphi )^{2}\;d\varphi \ .}

Für eine Spirale mit der Gleichung {\displaystyle r=a\varphi ^{n}\;} ergibt sich

Die Sektorfläche einer logarithmischen Spirale {\displaystyle \;r=ae^{k\varphi }\;} ist {\displaystyle \ A={\tfrac {r(\varphi _{2})^{2}-r(\varphi _{1})^{2})}{4k}}\ .}

Bogenlänge

Die Länge eines Bogens einer Kurve in Polardarstellung ist

{\displaystyle L=\int \limits _{\varphi _{1}}^{\varphi _{2}}{\sqrt {\left(r^{\prime }(\varphi )\right)^{2}+r^{2}(\varphi )}}\,\mathrm {d} \varphi \ .}

Für eine Spirale mit der Gleichung {\displaystyle r=a\varphi ^{n}\;} ergibt sich

Diese Integrale sind nicht mehr für alle n geschlossen lösbar. Im Fall der fermatschen Spirale ergibt sich ein elliptisches Integral.

Die Bogenlänge einer logarithmischen Spirale {\displaystyle \;r=ae^{k\varphi }\;} ist {\displaystyle \ L={\tfrac {\sqrt {k^{2}+1}}{k}}{\big (}r(\varphi _{2})-r(\varphi _{1}){\big )}\ .}

Beschränkte Spiralen

Beschränkte Spiralen:
{\displaystyle r=a\arctan(k\varphi )} (links),
{\displaystyle r=a(\arctan(k\varphi )+\pi /2)} (rechts)

Die Funktion r(\varphi ) einer Spirale ist üblicherweise eine streng monotone, stetige Funktion und unbeschränkt. In den Standardbeispielen ist r(\varphi ) eine Potenzfunktion oder eine Exponentialfunktion. Man kann allerdings für r(\varphi ) auch eine beschränkte streng monotone Funktion wählen und erhält damit dann eine beschränkte Spirale. Eine hierfür geeignete Funktion ist der Arkustangens:

Beispiel 1

Setzt man {\displaystyle \;r=a\arctan(k\varphi )\;} und wählt {\displaystyle \;k=1/10,\;a=4,\;\varphi \geq 0}, erhält man eine Spirale, die im Ursprung beginnt (wie die archimedische Spirale) und sich dem Kreis mit Radius {\displaystyle \;r=2\pi \;} annähert (im Bild links).

Beispiel 2

Setzt man {\displaystyle \;r=a(\arctan(k\varphi )+\pi /2)\;} und wählt {\displaystyle \;k=1/5,\;a=2,\;-\infty <\varphi <\infty }, erhält man eine Spirale, die sich dem Ursprung nähert (wie die hyperbolische Spirale) und sich dem Kreis mit Radius {\displaystyle \;r=2\pi \;} annähert (im Bild rechts).

Räumliche Spiralen

Konische Spirale mit archimedischer Spirale als Grundriss

Konische Spiralen

Ist in der x-y-Ebene durch die Parameterdarstellung

{\displaystyle x=r(\varphi )\cos \varphi \ ,\qquad y=r(\varphi )\sin \varphi }

eine ebene Spirale gegeben, so kann man eine dritte Koordinate {\displaystyle z(\varphi )} so anfügen, dass die dadurch entstehende räumliche Kurve auf dem senkrechten Kreiskegel mit der Gleichung {\displaystyle \;m^{2}(x^{2}+y^{2})=(z-z_{0})^{2}\ ,\ c>0\;} liegt:

Spiralen dieser Art nennt man konische Spiralen. Sie waren auch schon Pappos bekannt.

Beispiel

Geht man von einer archimedischen Spirale {\displaystyle \;r(\varphi )=a\varphi \;} aus, erhält man die konische Spirale (siehe Bild)

{\displaystyle x=a\varphi \cos \varphi \ ,\qquad y=a\varphi \sin \varphi \ ,\qquad z=z_{0}+ma\varphi \ ,\quad \varphi \geq 0\ .}

In diesem Fall kann man die konische Spirale auch als Schnittkurve eines Kegels und einer Wendelfläche auffassen.

Kugelspirale mit {\displaystyle c=8}

Kugelspiralen

Stellt man eine Kugel mit Radius r in Kugelkoordinaten dar:

{\displaystyle {\begin{aligned}x&=r\cdot \sin \theta \cdot \cos \varphi \\y&=r\cdot \sin \theta \cdot \sin \varphi \\z&=r\cdot \cos \theta \end{aligned}}}

und gibt eine lineare Abhängigkeit der Winkel {\displaystyle \;\varphi =c\theta ,\;c>2\;} vor, so erhält man eine Kugelspirale mit der Parameterdarstellung

Auch Kugelspiralen wurden schon von Pappus untersucht. Sie sind spezielle Clelia-Kurven.

Lässt man c=1 also {\displaystyle \;\varphi =\theta \;} zu, erhält man eine vivianische Kurve.

Man beachte: Eine Loxodrome ist keine Kugelspirale in dem hier erklärten Sinne.

In der Natur

Gehäuse einer Schnecke
Sonnenblume mit 34 und 55 Fibonacci-‚Spiralen‘ (besser: ‚-Wirbeln‘)

Viele Pflanzen und manche Tiere weisen in ihrem Bauplan spiralige Strukturen auf wie zum Beispiel das Schneckenhaus. Fossile Beispiele sind die Ammoniten. Die „Anordnung“ dieser biologisch erzeugten Spiralen, die meistens auf logarithmischen Spiralen beruhen, erfolgt wiederum in den allermeisten Fällen als Fibonacci-Folge.

In der Physik vollführt ein elektrisch geladenes Teilchen, das sich in einem Magnetfeld bewegt, eine Spiralbahn. Voraussetzung ist, dass sich das Teilchen nicht parallel, antiparallel oder quer zur Nord-Süd-Ausrichtung des Magnetfeldes bewegt. Die Kraft, die das Teilchen auf eine spiralförmige Bahn zwingt, heißt Lorentzkraft. Streng genommen ist diese Flugbahn aber eine Schraubenlinie. Bei der Bewegung parallel oder antiparallel zur Nord-Süd-Ausrichtung des Magnetfeldes entsteht eine gerade Flugbahn, und bei der Bewegung quer zur Nord-Süd-Ausrichtung des Magnetfeldes entsteht eine Kreisbahn. Wenn ein elektrisch geladenes Teilchen auf einer solchen Kreisbahn Energie durch elektromagnetische Strahlung abgibt, dann bewegt es sich auf einer immer enger werdenden Spiralbahn. Die schraubenförmige Flugbahn des elektrisch geladenen Teilchens ist eine Überlagerung einer geraden Flugbahn, und einer Kreisbahn. Bei Energieverlusten durch elektromagnetische Strahlung, und auch in inhomogenen Magnetfeldern, entstehen konische Spiralen aus der Überlagerung von Schraube und Spirale.

Siehe auch

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Datum der letzten Änderung:  Jena, den: 04.01. 2023