Hyperfeinstruktur

Hyperfeinstruktur-Aufspaltung der Energieniveaus am Beispiel des Wasserstoffatoms (nicht maßstäblich);
Bezeichnung der Feinstruktur-Niveaus s. Termsymbol, Erläuterung der restlichen Formelzeichen im Text

Die Hyperfeinstruktur ist eine Energieaufspaltung in den Spektrallinien der Atomspektren. Sie ist etwa 2000-fach kleiner als die der Feinstruktur-Aufspaltung. Die Hyperfeinstruktur beruht zum einen auf der Wechselwirkung der Elektronen mit magnetischen (Dipol-) und elektrischen (Quadrupol-) Momenten des Kerns sowie zum anderen auf der Isotopie der Elemente.

Kernspin-Effekt

Im engeren Sinne versteht man unter Hyperfeinstruktur die Aufspaltung der Energieniveaus V_{{\mathrm  {HFS}}} eines Atomes – gegenüber den Niveaus der Feinstruktur – aufgrund der Kopplung des magnetischen Moments {\vec  {\mu }}_{I} des Kerns mit dem Magnetfeld {\vec  {B}}_{J}, das die Elektronen an seinem Ort erzeugen:

\Delta V_{{\mathrm  {HFS}}}=-{\vec  {\mu }}_{I}\cdot {\vec  {B}}_{J}

Dabei bedeuten die Indizes:

Die größte Hyperfeinstruktur-Aufspaltung zeigen s-Elektronen, weil nur sie eine größere Aufenthaltswahrscheinlichkeit am Ort des Kerns besitzen.

In einem schwachen äußeren Magnetfeld spalten die Energieniveaus gemäß einer sehr ähnlichen Formel weiter auf nach der magnetischen Quantenzahl m_{F} der Hyperfeinstruktur (Zeeman-Effekt). In einem starken äußeren Magnetfeld entkoppeln der Kern- und der Hüllendrehimpuls, so dass man eine Aufspaltung nach der magnetischen Quantenzahl m_{I} des Kerns beobachtet (Paschen-Back-Effekt). Für beliebige Feldstärken kann man (im Fall verschwindenden Bahndrehimpulses) die Breit-Rabi-Formel heranziehen.

Mathematische Formulierung

Die Kopplung bewirkt, dass der Gesamtdrehimpuls {\vec {F}} des Atoms, der die Summe des Hüllendrehimpulses \vec{J} und des Kernspins {\vec {I}} darstellt, gequantelt ist:

|{\vec  {F}}|=\hbar {\sqrt  {F(F+1)}}=|{\vec  {J}}+{\vec  {I}}|.

Die Quantenzahl F ist halb- (Fermi-Dirac-Statistik) oder ganzzahlig (Bose-Einstein-Statistik) und kann die Werte \{|J-I|,\dots ,J+I\} im Abstand von 1 annehmen.

Die Wechselwirkungsenergie beträgt

{\begin{aligned}\Delta V_{{\mathrm  {HFS}}}&=-{\vec  {\mu }}_{I}\cdot {\vec  {B}}_{J}\\&=g_{I}\cdot \mu _{{\mathrm  {K}}}\cdot B_{J}\,{\frac  {F(F+1)-[J(J+1)+I(I+1)]}{2{\sqrt  {J(J+1)}}}}\\&={\frac  {A}{2}}\,\left(F(F+1)-[J(J+1)+I(I+1)]\right).\end{aligned}}

Dabei ist

Das magnetische Moment und der Drehimpuls des Kerns stehen in folgender Beziehung:

{\vec  {\mu }}_{I}={\frac  {g_{I}\mu _{{\mathrm  {K}}}}{\hbar }}{\vec  {I}}.

Zur Bestimmung von V_{HFS} benötigt man die Größen g_{I} und B_J. Der Wert von g_{I} kann durch Kernspinresonanz-Messungen bestimmt werden, der von B_J aus der Wellenfunktion der Elektronen, die allerdings für Atome mit einer Ordnungszahl größer 1 nur numerisch zu berechnen ist.

Anwendungen

Übergänge zwischen Hyperfeinstrukturzuständen werden in Atomuhren verwendet, weil ihre Frequenz (wie die aller atomarer Übergänge) konstant ist. Außerdem ist sie sehr genau mit relativ einfachen Mitteln zu erzeugen und zu messen, da sie im Radiofrequenz- oder Mikrowellenbereich liegt. Seit 1967 wird die physikalische Einheit Sekunde mittels Übergängen zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes des Caesium-Isotops 133Cs festgelegt.

Die Frequenz für den Übergang des Grundzustandes des Wasserstoffatoms zwischen F=1 und F=0 (Spin-Flip) beträgt 1,420 GHz, was einer Wellenlänge von 21 cm entspricht. Diese sog. HI-Linie (H-Eins-Linie) ist von großer Bedeutung für die Radioastronomie. Durch Messung der Dopplerverschiebung dieser Linie lässt sich die Bewegung interstellarer Gaswolken relativ zur Erde bestimmen.

Isotopen-Effekte

Außerdem gibt es noch die Isotopen-Effekte. Anders als der Kernspin liefern diese keine Niveau-Aufspaltung innerhalb eines einzelnen Atoms. Vielmehr liegt eine Verschiebung der Spektrallinien für verschiedene Isotope desselben Elements vor, die so genannte Isotopieverschiebung. Dadurch ist bei einem Isotopengemisch eine Aufspaltung der Linien zu beobachten.

Kernmassen-Effekt

Der Kernmasseneffekt beruht auf der Mitbewegung des Atomkerns. Diese äußert sich in einer geringeren effektiven Masse des Elektrons. Da die Kerne verschiedener Isotope unterschiedliche Masse haben, ist die effektive Masse ihrer Elektronen ebenfalls leicht unterschiedlich, was sich in einer entsprechenden Verschiebung aller Zustände in Richtung höherer Energie äußert. Da die Kernmitbewegung mit steigender Masse des Kerns abnimmt, spielt dieser Effekt vor allem für leichte Atomkerne eine Rolle.

Kernvolumen-Effekt

Der Kernvolumen-Effekt beruht auf der endlichen Ausdehnung des Atomkerns. Elektronen in s-Zuständen (also mit Bahndrehimpuls 0) haben eine nicht vernachlässigbare Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Kern, wo das Potential nicht mehr die reine Coulomb-Form hat. Diese Abweichung bedeutet eine Anhebung der Energien der Zustände, die vom Volumen des Kerns abhängt. Absolut gesehen ist dieser Effekt bei schweren Atomen am größten, da diese die größten Atomkerne haben. Die Aufspaltung ist jedoch wiederum bei den kleineren Atomkernen größer, da hier die Verhältnisse der Kernvolumina verschiedener Isotope größer sind.

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Basierend auf einem Artikel in: Extern Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung:  Jena, den: 22.12. 2023