Kolbentriebwerk
Abkürzung: KTW
Aus dem Kraftwagenmotor entwickeltes
Triebwerk zum Antrieb von Flugzeugen bis zu einer Fluggeschwindigkeit von 600 bis 700 km/h. Bei
einer höheren Geschwindigkeit nimmt der entsprechend dem
wachsenden Luftwiderstand erforderliche Schub
mit dem Quadrat der Fluggeschwindigkeit zu, der Luftschraubenwirkungsgrad fällt rasch ab, und die
Luftschraubenspitzen gelangen in den Schallbereich.
Ein Flugmotor (auch Flugzeugmotor) ist ein Verbrennungsmotor (am häufigsten in Form eines Hubkolbenmotors), der speziell für den Einsatz in einem Luftfahrzeug konstruiert wurde. An einen zertifizierten Flugmotor werden besondere technische sowie auch gesetzliche Anforderungen gestellt. Diese Anforderungen stehen – abgesehen von einigen Ausnahmen – dem Einsatz von vergleichsweise preisgünstigeren Großserien-PKW- oder Motorradmotoren entgegen.
Bis etwa 1940 einzig brauchbare Antriebsqulle von Luftfahrzeugen.
Bei einer Steigerung der Höchstgeschwindigkeit z. B. der früher eingesetzten Iljuschin «Il 14» von etwa 400 km/h auf 800 km/h hätte man die Triebwerksleistung von 3 800 PS auf über 30 000 PS erhöhen müssen.
Im Bereich kleiner Fluggeschwindigkeiten arbeiten Kolbentiebwerke aber auch heute noch wirtschaftlich und werden dort verwendet. Es sind fast ausschliesslich Viertakt-Ottomotoren. Zweitaktmotoren finden nur vereinzelt Anwendung.
Beim Reihenmotor sind 4,6,8 oder 12 Zylinder (nur ausnahmsweise mehr) hintereinander in einer oder
mehreren Reihen (in V-, W-, X-, Y-oder H-Form)
stehend oder hängend angeordnet. Eine Sonderbauart ist der Boxermotor, bei dem die Zylinder (2, 4, 6 oder 8) paarweise einander gegenüberliegen, so daß die
Kolben wie beim Boxen
gegenläufig hin- und hergehen. Er hat eine kurze Baulänge und bewirkt einen guten Massenausgleich. Man wählt ihn aber i. allg. nur für Schul-, Sport-und
Reiseflugzeuge.
Reihenmotoren haben geringen Stirnwiderstand und lassen sich leicht verkleiden. Sie werden heute
mit einer Leistung bis zu 400 PS vorwiegend für Schul-, Sport-, Reise- und Arbeitsflugzeuge
gewählt. Frühere Reihenmotoren erreichten bis zu 2 500 PS Leistung. Beim Sternmotor sind die Zylinder
sternförmig angeordnet und werden dadurch besser gekühlt als bei Reihenmotoren, deren hintere Zylinder oft unzureichend gekühlt werden.
Einfach-Sternmotoren haben 3 bis 11 Zylinder in einer
Ebene und eine Leistung bis zu
1 500 PS. Doppelsternmotoren bestehen aus 2 hintereinander auf Lücke stehenden Sternen mit je 7 oder 9
Zylindern und haben bis zu 2 700 PS Leistung. Es gibt auch Mehrfachsternmotoren mit mehr als 2
Sternen; Motoren mit 4 Sternen zu je 7 Zylindern z. B. entwickeln bis zu 3 500 PS Leistung. Der
Kolbendruck wird auf die Kurbelwelle durch Pleuelsterne übertragen, die z. B. bei einem
Neunzylindermotor aus der Hauptpleuelstange und 8 angelenkten Nebenpleuelstangen bestehen.
Sternmotoren haben geringe Baulänge und Leistungsmasse. Ihre große Stirnfläche bewirkt
allerdings einen hohen Widerstand und ungünstige Verkleidungsmöglichkeiten. Verbund- {Compound-)
Motoren sind Kolenmotoren, bei denen die Luftschraube außer vom Motor
auch von einer Abgasturbine angetrieben wird, welche die
Wärmeenergie der Abgase ausnutzt. Kolbenmotoren haben heute direkte
Luftkühlung, d. h., sie werden von
der sie umströmenden Luft gekühlt. Zum Verbessern
der Startleistung und zum Verhindern
eines Leistungsabfalls durch die mit der Höhe abnehmende
Luftdichte werden sie meist aufgeladen.
Dies kann durch Selbstansaugen oder durch einen Verdichter (Lader) geschehen, der entweder von der Kurbelwelle
des Motors oder von
einer Abgasturbine angetrieben wird. Die Gemischbildung geschieht durch einen Vergaser, durch
Einspritzen des Kraftstoffs mit Hilfe einer Pumpe in die Saugleitung (äußere Gemischbildung) oder
durch Direkteinspritzung mittels Einspritzpumpe in die Zylinder (innere Gemischbildung). Moderne Kolbentriebwerke
werden in den meisten Fällen mit einem elektrischen Anlasser in Gang gesetzt, seltener mit Druckluft.
Charakteristiken zur Beurteilung von Kolbentriebwerken sind die Leistungsmasse (1908: 3 bis 4 kg/PS, 1970: 0,4 bis 0,8 kg/PS), die Hubraumleistung (1908:8 bis 10 PS/l, 1970: 50 PS/l) sowie der spezifische Kraftstoffverbrauch (1908: 300 bis 400 g/PSh. 1970: 195 bis 230 g/PSh). Die theoretische Grenze der Leistungsfähigkeit des Kolbentriebweres liegt bei etwa 2 9490 kW pro Triebwerk.
Geschichtliches
Erste in der Fliegerei versuchsweise verwendete Antriebsmittel waren Dampfmaschinen,
die sich allerdings als zu schwer und zu teuer erwiesen, und mit einigem Erfolg, Automobilmotoren, aus denen dann die eigentlichen Kolbenmotoren entwickelt wurden. Der von den
Brüdern Wright
selbstkonstruierte und -gebaute Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor leistete bei 77 kg Masse 12 PS.
1906 entstanden die ersten Achtzylinder-Motoren., wie der Antoinette-Motor (Frankreich) und der Motor von
Curtiss (USA), 1908 ebensolche von den FIAT- und Isotta-Werken (Italien). Die ersten Sternmotoren,
1909 mit dem nach der Herstellerfirma genannte. Gnome-Motor beginnend, waren Umlaufmotoren, d.h., sie
hatten eine feststehende Kurbelwelle und einen rotierenden Zylinderstern. Von 1909 an baute Argus
(Deutschland) Vier- und Sechszylinder-Reihenmotoren, die 1911 schon bis zu 140 PS
Leistung erreichten. 1920 erschien der feststehende Sternmotor, der den Umlaufmotor verdrängte.
Von Junkers wurde um 1930 der erste Diesel-Flugtriebwerk entwickelt und eingesetzt, der sich aber auf die Dauer
nicht behaupten konnte. Die obere Grenze für Kolben-Flugtriebwerke
erreichte 1947 ein 28-Zylinder-Viersternmotor von
Pratt & Whitney (USA) mit 3 500 PS. Damit war die praktisch-technisch realisierbare Grenze erreicht.
Die Fortschritte im Turbinenbau haben dazu geführt, das seit etwa 1955 keine großen Kolbentriebwerke mehr entwickelt wurden.
In letzter Zeit gibt es wieder Versuche Diesel-Triebwerke in Leicht- und Kleinflugzeugen einzusetzen.
Im Ultra-Leichtflugzeugen werden zunehmend wieder modifizierte Automotoren eingesetzt.
Hier werden die Entwicklungsvorteile des Automotors gegenüber dem Flugzeugmotor ausgenuzt.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 18.07. 2021