Materie

Die Vorstellung, daß alle Dinge aus einer allgemeinen Grundsubstanz entstanden sind, wurden durch die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse des letzten Jahrhunderts überholt. Auch kann die Materie nicht durch irgendwelche Grundeigenschaften wie Masse (Ruhemasse), Energie oder Undurchdringlichkeit definiert werden.

"Die Materie ist eine philosophische Kategorie zur Bezeichnung der, objektiven Realität, die dem Menschen in seinen Empfindungen gegeben ist. die von unseren Empfindungen kopiere fotografiert, abgebildet wird und unabhängig von ihnen existiert."

Lenin Materialismus und Empiriokritizismus S 124

Der dialektisch, materialistische Materiebegriff abstrahiert von den verschiedenen Arten oder Formen der Materie und hebt nur ihre allgemeinste Eigenschaft heraus, unabhängig und außerhalb vom Bewußtsein zu existieren. Die Materie ist demnach weder in einer besonderen, unveränderlichen, allen einzelnen Gegenständen zugrunde liegenden Substanz zu suchen, noch kann sie mit einer ihrer Arten oder Formen gleichgesetzt werden. Der dialektisch-materialistische Materiebegriff bezieht sich auf alle objektiv real existierenden Dinge, Erscheinungen und Prozesse und erfaßt sowohl die Natur wie auch das materielle gesellschaftliche Sein, das die Produktionsverhältnisse einschließt.
Jeder Fortschritt der Wissenschaft vergrößert und vertieft unsere Kenntnis der Strukturen und der Eigenschaften der Materie, er verändert aber nichts an der philosophischen Bestimmung des Materiebegriffs.
Das höchste Entwicklungsprodukt der Materie ist das menschliche Bewußtsein, das im Prozeß der biologisch-sozialen Entwicklung des Menschen entsteht und sich durch die Fähigkeit der ideellen Widerspiegelung der Wirklichkeit auszeichnet.
Das Bewußtsein widerspiegelt die objektive Realität nicht nur, sondern wirkt durch die praktische Tätigkeit der Menschen zurück auf die Veränderung von Naturerscheinungen und sozialen Verhältnissen.

Geschichtliches

Der Ausdruck Materie wird in unterschiedlichen Epochen, Schulen, Disziplinen und Diskussionszusammenhängen der Wissenschaften als Fachterminus gebraucht. In der Alltagssprache wird der Ausdruck "Materie" oft synonym mit "Material" oder "Substanz" benutzt, außerdem im Sinne von "Thema oder Gegenstand einer Untersuchung, einer Wissenschaftsrichtung oder eines Unterrichtsfachs" („eine komplizierte Materie“). In der Didaktik wird in diesem Zusammenhang auch von Lehrstoff gesprochen.

Platon

Platon lehrte übereinstimmend mit Empedokles, daß homogene materielle Substanzen auf vier elementare Zustände zurückführbar seien, Erde, Wasser, Luft und Feuer. Deren spezifische Eigenschaften erklärten sie - und dies war eine Neuheit gegenüber bisherigen Erklärungsversuchen - durch jeweils eigentümliche Typen von Atomen mit spezifischer geometrischer Gestalt, Tetraeder, Hexaeder, Oktaeder und Ikosaeder.

Aristoteles

Aristoteles verwendet erstmals den griechischen Ausdruck ὕλη hyle als einen Fachterminus der Metaphysik. Nachdem Platon den Ausdruck eidos für immaterielle, ideelle Objekte, sog. „Ideen“ bzw. Formen eingeführt hatte, die ihm als Erklärungsprinzipien für Konstanz und Bestimmbarkeit von Einzelobjekten dienten, lehrte Aristoteles, dass ein „eidos“ (eine Form) jeweils nur existiere mit der Bindung an ein weiteres Prinzip, das er ὕλη hyle, also Materie nannte (einzige Ausnahme sei das Göttliche, wo nur Form, aber keine Materie vorliege).

Stoa

Die Stoa verwendet den Begriff der Materie (gr. ὕλη hyle) nicht primär als Prinzip für Einzelobjekte, sondern für die Weltganzheit. „Materie“ wird dabei (im Unterschied zu Aristoteles) gebraucht als Bezeichnung eines körperlichen, aber nicht qualitativ bestimmten Prinzips.

Materielle Einheit der Welt

Prinzip des dialektischen und historischen Materialismus, welches besagt, daß die Welt einen einheitlichen Zusammenhang bildet, in dem alles existiert, Entwicklungsform oder Entwicklungsproduke der in Raum und Zeit der sich bewegenden Materie ist.

Die wirkliche Einheit der Welt besteht in ihrer Materialität, und diese ist bewiesen nicht durch ein paar Taschenspielerphrasen, sondern durch eine lange und langwierige Entwicklung der Philosophie und der Naturwissenschaft.

Friedrich Engels Anti-Dühring S 41

Die Welt bildet ein gesetzmäßig zusammenhängendes Ganzes, worin nichts anderes existiert als die ewig sich entwickelnde Materie. Das höchste [uns bekannte] Produkt dieser Entwicklung ist das menschliche Bewußtsein. Dieses ist nicht materiell, aber seinem Ursprung, seiner Grundlage und seiner Wirksamkeit nach in die materielle Entwicklung einbezogen. Auf der Anerkennung der materiellen Entwicklung beruht der konsequente Monismus des dialektischen und historischen Materialismus, die in sich geschlossene, einheitliche materialistische philosophische Theorie der Natur, der Gesellschaft und des Denkens.

Für dualistische Weltanschauungen ist die Annahme zweier voneinander unabhängiger Prinzipien (z. B. Stoff und Geist) charakteristisch. Pluralistische Anschauungen gehen von der Annahme einer Vielzahl selbständiger Wesenheiten oder Faktoren aus. In ihren logischen Konsequenzen münden Dualismus und Pluralismus letztlich immer in idealistischen Anschauungen.

Materie, die als Reinstoff in makroskopischer Menge vorliegt, hat einen der drei Aggregatzustände fest, flüssig und gasförmig, oder ist ein Plasma, d. h. ein Gemisch aus ionisierten Atomen und freien Elektronen. Feste und flüssige Stoffe werden zusammenfassend als kondensierte Materie bezeichnet. Kondensierte Materie ist im Unterschied zu den Gasen nur sehr wenig kompressibel. Flüssigkeiten und Gase heißen zusammenfassend Fluide. Fluide haben im Unterschied zur festen Materie keine dauerhafte räumliche Gestalt, sondern passen sich z. B. den Behälterwänden an.

Demnach besteht die Materie, soweit man im ursprünglichen Sinn damit den Stoff aller mit den Sinnen fühlbaren Körper meint, aus drei Arten Teilchen: Elektron, up-Quark, down-Quark. Zusammen mit den übrigen Leptonen und Quarks des Standardmodells, die im engeren Sinn wegen Spin \tfrac12 auch als „Materieteilchen“ bezeichnet werden, sind es (inklusive der Antiteilchen) aber schon 48 Arten. Wenn man schließlich die „Kraftteilchen“ für das Zustandekommen aller Arten von Prozessen hinzu zählt sowie das Higgs-Boson für das Zustandekommen der Teilchenmassen, sind es 61.


 
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 28.06. 2024