Stickstoffkreislauf

Grafische Darstellung des Stickstoffkreislaufs

Der Stickstoffkreislauf oder Stickstoffzyklus ist die stetige Wanderung und biogeochemische Umsetzung des Bioelementes Stickstoff in der Erdatmosphäre, in Gewässern, in Böden und in Biomasse.

Hintergrund

Stickstoff wird von allen Lebewesen benötigt, da er Bestandteil von Aminosäuren in Proteinen, von Nukleinsäuren und von anderen essentiellen chemischen Stoffen der Lebewesen ist. Lebewesen nehmen deshalb bei ihrem Wachstum Stickstoff aus der Umgebung auf (Stickstoff-Assimilation) und er wird nach ihrem Absterben aus der toten Biomasse wieder freigesetzt. Lebewesen sind so ein bedeutender Faktor im Kreislauf des Stickstoffs in den Oberflächenschichten der Erde.

Dass dieser Kreislauf trotz seiner Engpässe funktioniert, zeigen Stoffbilanzen und Abschätzungen. Demnach wurde der verfügbare Stickstoff während der Erdgeschichte im Durchschnitt schon 900- bis 1000-mal von Lebewesen in ihren Körper eingebaut und wieder ausgeschieden, während er jedoch rund 900.000-mal ein- und ausgeatmet wurde, ohne dass er dabei chemisch verändert wurde. Zum Vergleich: Der Luft- und ozeanische Sauerstoff der Erde wurde bisher im Durchschnitt rund 60-mal von der „Fabrik Leben“ benutzt, in Biomasse eingebaut und wieder ausgeschieden.

Die Moleküle des Luftstickstoffs N2 bestehen aus je zwei kovalent über eine Dreifachbindung miteinander verbundenen Stickstoffatomen. Da diese Dreifachbindung nur unter sehr hohem Energieaufwand aufgebrochen werden kann, ist N2 sehr reaktionsträge und kann weder von Pflanzen noch von Tieren direkt für die Biosynthese etwa von Proteinen genutzt werden. Nur spezielle Bakterien, insbesondere Cyanobakterien, Knöllchenbakterien, und – durch Symbiose mit derartigen Bakterien an bzw. in ihren Wurzeln – auch einige wenige Pflanzen können N2-Stickstoff nutzen (siehe Diazotrophie und Stickstofffixierung). Alle anderen Pflanzen und die Tiere sind auf Stickstoffverbindungen, beispielsweise Ammonium (NH4+)- und Nitrat (NO3)-Ionen, als Stickstoffquelle angewiesen. In der Erdatmosphäre befinden sich 1015 Tonnen Stickstoff, jedoch fast ausschließlich als molekularer Stickstoff (N2).

Schritte des Stickstoffkreislaufes

Stickstofffixierung

Hauptartikel: Stickstofffixierung

Drei Gruppen von Prokaryoten aus der Domäne der Bakterien sind zur Stickstofffixierung in der Lage:

Oft leben diese Prokaryoten in Symbiose mit Pflanzen. Rhizobium etwa fixiert N2 in Symbiose mit Schmetterlingsblüten-Gewächsen (Fabaceae). Frankia lebt in Symbiose mit verschiedenen Arten der Erle, beispielsweise Alnus glutinosa, aber auch mit dem Sanddorn oder der exotischen Kasuarina Casuarina equisetifolia.

Nitrifikation

Hauptartikel: Nitrifikation

Zwei Gruppen von Bakterien, Nitritbakterien (z.B. Nitrosomonas) und Nitratbakterien (z.B. Nitrobacter), oxidieren in einem zweistufigen aeroben Prozess bei Energiegewinnung Ammoniak über die Zwischenstufe Nitrit zu Nitrat:

{\mathrm  {NH_{3}\quad \rightarrow \quad NO_{2}^{-}\quad \rightarrow \quad NO_{3}^{-}}}

Pflanzen können Ammonium (NH4+) assimilieren, bevorzugen aber größtenteils Nitrat (NO3), wobei der Boden nicht angesäuert wird.

Stickstoffassimilation

Die anorganischen Stickstoffverbindungen Ammonium und Nitrat werden von Pflanzen und Mikroorganismen aufgenommen und zum Aufbau von stickstoffhaltigen organischen Verbindungen, zum Beispiel Proteinen und Nukleinsäuren, verwendet.

Ammonifikation

Durch Primärproduzenten sowie Primär- und Sekundärkonsumenten wird ständig organisches Material in Form von Exkrementen sowie abgestorbener Materie freigesetzt. Diese enthält u.a. Stickstoff. Destruenten (Zersetzer wie Pilze und Bakterien) setzen diesen Stickstoff als Ammoniak (NH3) bzw. Ammonium-Ionen (NH4+) frei. Diese stehen dem Ökosystem wieder als anorganischer, von autotrophen Organismen (Pflanzen u.a.) verwertbarer Mineralstoff zur Verfügung.

Nitratreduktion zu Nitrit

Unter anoxischen Bedingungen können bestimmte Bakterien Nitrat als Oxidans anstelle von Sauerstoff (O2) für die Oxidation von organischen Stoffen oder elementarem Wasserstoff (H2) als Energie-liefernde Reaktion nutzen. Nitrat wird dabei zu Nitrit (NO2) reduziert. Nitrit wirkt auf viele Organismen giftig.

Denitrifikation

Hauptartikel: Denitrifikation

Bestimmte Bakterien (denitrifizierende, fakultativ anaerobe Bakterien), z. B. Arten der Gattungen Pseudomonas, Paracoccus, Flavobacterium, können unter anoxischen Bedingungen Nitrat und auch Nitrit als Oxidantien für die Oxidation von organischen Stoffen oder H2 nutzen und auf diese Weise Energie gewinnen. Nitrat und Nitrit werden dabei über mehrere Zwischenstufen zu N2 reduziert. Aus Nitrat wird also durch diesen bakteriellen Prozess N2 gebildet, der zum großen Teil in die Atmosphäre entweicht.

Bedeutung der Umsetzungen

Diese Umsetzungen im Stickstoff-Kreislauf bewegen insgesamt 250-300 Mio t jährlich, was erst ein Millionstel des Stickstoffs der Atmosphäre ausmacht. Der Luftstickstoff ist aber reaktionsträge, weil er mittels einer Dreifachbindung "fest" gebunden ist. Die erheblichen Emissionen von Stickoxiden aus Verbrennungen (besonders Kraftfahrzeuge) und von Ammoniak aus Düngemittelproduktion und Tierhaltung können zu Umweltproblemen führen. Die verschiedenen N-O- und N-H-Verbindungen können durch Stickstoffdeposition eine Eutrophierung (Überdüngung) von Böden und Gewässern bewirken. Das Grundwasser wird durch Nitratauswaschung aus den Böden belastet. Stickoxide wirken darüber hinaus als Säurebildner („Saurer Regen“).

Stickstoffkreislauf in Seen

Der in organischen Stoffen, zum Beispiel in toter Biomasse, gebundene Stickstoff wird durch Destruenten in der tropholytischen Schicht zu Ammoniak (NH3) umgewandelt. Unter aeroben Verhältnissen oxidieren aerobe Bakterien das freigesetzte Ammoniak bei der Nitrifikation zu Nitrit (NO2) und weiter zu Nitrat (NO3).

In Wasser setzt sich Ammoniak mit Wasser zu Ammonium-Ionen (NH4+) um, wodurch OH-Ionen entstehen und deshalb der pH-Wert ansteigt:

{\mathrm  {\ NH_{3}+H_{2}O\longrightarrow \ NH_{4}^{+}+OH^{-}}}

Liegen anaerobe Verhältnisse vor, wie zum Beispiel durch die Sauerstoffzehrung aerober und fakultativ anaerober Mikroorganismen, können bestimmte anaerobe Bakterien Nitrat über Nitrit zu Ammonium reduzieren. Dieser Vorgang wird als Nitratammonifikation bezeichnet. Andere Bakterien wandeln Nitrat bei der Denitrifikation zu Stickstoff (N2) um, indem sie es für ihren oxidativen Energiestoffwechsel als Oxidans verwenden. Das entstandene N2 wird freigesetzt und gelangt dadurch in die Atmosphäre.

In der trophogenen Schicht entzieht Phytoplankton Stickstoff aus dem noch vorhanden Nitrat und Ammonium für die Synthese körpereigener Stoffe, zum Beispiel Proteine und Nukleinsäuren. Dadurch wird also neue Biomasse produziert. Diese Biomasse gelangt nun in die Nahrungskette. Konsumenten 1. und 2. Ordnung geben das beim Abbau organischer Stoffe gebildete Ammoniak wieder in den Stickstoffkreislauf ab.

Zusätzlich binden einige Bakterien, zum Beispiel einige Arten von Cyanobakterien, elementaren Stickstoff N2 durch Reduktion zu NH3 (Stickstoff-Fixierung). Durch Absterben dieser Bakterien gelangt zusätzlich Stickstoff in den Kreislauf.

Der Stickstoffkreislauf ist nun geschlossen.

Bedeutung des Stickstoff-Kreislaufs in Fischteichen

  1. Mikroorganismen zersetzen die Biomasse unter Verbrauch von Sauerstoff und setzen dabei den enthaltenen Stickstoff als Ammonium bzw. giftiges Ammoniak frei. Ab pH-Wert 8,5 liegt davon so viel als Ammoniak vor, dass es für Fische bedrohlich ist; (das pH-Optimum liegt bei 7–8).
  2. Die nitrifizierenden Bakterien, z.B. Bakterien der Gattungen Nitrosomonas und Nitrobacter, oxidieren beides unter oxischen Bedingungen zu Nitrat (Nitrifikation). Dieses Endprodukt des Eiweißabbaus ist wichtiger Mineralstoff aller Pflanzen und für Fische ungefährlich.
  3. Durch Pflanzenreste kommt totes organisches Material in den Teich, wodurch der Kreislauf geschlossen wird.

Zur Situation in Deutschland

In Deutschland werden jährlich im Mittel 20 bis 40 Kilogramm Stickstoff pro Hektar über den Luftweg als Stickstoffdeposition eingetragen; zu etwa in gleichen Teilen in reduzierter und oxidierter Form. Dieses Überangebot an Stickstoff ist eine Hauptgefährdung der Biodiversität, da an Stickstoffmangel angepasste Arten durch nitrophile verdrängt werden. Über 70 Prozent der in Deutschland auf der Roten Liste stehenden Gefäßpflanzen sind Stickstoff-Mangelanzeiger.

Am 28. April 2016 hat die EU-Kommission eine seit Jahren vorbereitete Klage gegen Deutschland wegen der Nicht-Einhaltung der Nitrat-Richtlinie an den Europäischen Gerichtshof übermittelt. Seit Jahren werden in Deutschland die Grenzwerte für Nitrat in Gewässern überschritten. Nach Einschätzung der EU-Kommission unternimmt die Bundesregierung dagegen nicht genug. Die 2016 diskutierte Dünge-Verordnung gilt als Indiz dafür.

Siehe auch

Literatur

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Basierend auf einem Artikel in: Extern Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 22.09. 2024