Vom Luftbild zur Karte
Die Entwicklung der Luftbildtechnik ist eng mit den Fortschritten des Flugwesens verbunden. Die Verwendung photographischer Meßbilder für Landkarten und Pläne war kurz nach der Erfindung der Photographie 1850
von Aime Laussedat in Frankreich versucht worden. Zu den ersten photographischen Meßbildern aus Luftfahrzeugen gehören jene, die der Franzose Caspar Felix Tournachon (genannt Nadar) 1856 von dem Dorf
Petit Bicete aus dem Fesselballon aufgenommen hatte. Dieser Versuch ließ die ungeahnten Möglichkeiten der Verwendung eines Luftbildes für geodätische Zwecke erkennen.
Nadar sagte damals:
"Ein sicher gesteuerter Ballon und ein guter photographischer Apparat, das ist alles, was ich brauche, um jede kleinere und größere Erdfläche genauer aufzunehmen und zu vermessen, als es mittels
Triangulation, Graphometer und Meßkette geschehen kann."
Bis sich diese Hoffnungen Nadars erfüllten, mußte noch ein weiter Weg der technischen Entwicklung gegangen werden. Der Ballon wurde durch das
Flugzeug ersetzt, der Photoapparat durch die photogrammetrische Meßkammer;
für die automatische Auswertung bauten feinmechanisch-optische Betriebe sinnreiche Maschinen, die zu den Spitzenerzeugnissen dieses Industriezweiges zählen.
Vielfach besteht die Meinung, das Luftbild diene hauptsächlich militärischen Zwecken, der Bildaufklärung oder der Spionage. Es ist wenig bekannt, daß das Luftbild eine große volkswirtschaftliche Bedeutung hat. Deshalb soll in diesem Kapitel über den eigentlichen Zweck des Luftbildwesens, nämlich ausschließlich für friedliche Zwecke, berichtet werden.
Überall auf der Welt herrscht heute bei der Verwirklichung von Wirtschaftsprojekten großen Stils, aber auch bei Planungs- und Projektierungsaufgaben kleineren Umfangs eine akute Kartennot. Oft sind die "neuen" Karten bei ihrer Auslieferung schon wieder veraltet.
Mit den konventionellen geodätischen Methoden - unter Verwendung von Theodolit und Meßtisch - sind die vermessungstechnischen Aufgaben - auch in hochindustrialisierten Staaten - nicht mehr zu bewältigen.
Das Luftbild jedoch liefert dem Geodäten mehr Informationen für sein Kartenmanuskript als die örtliche Aufnahme mit dem Meßtisch.
Der Standort mitten im Gelände beeinträchtigt naturgemäß die Erfassung von Zusammenhängen der in der Karte darzustellenden Landschaftselemente. Wer eine Flugreise erlebt hat, wird sich gern an die unbehinderte,
freie Sicht über das Land erinnern, sofern nicht Wolken den Blick auf die Erdoberfläche versperrten. Bei der Luftbildtechnik macht man sich diese Erfahrung zunutze.
Das Luftbild speichert alle Informationen für eine ungestörte nachfolgende Inventur.
Das Luftbild dient aber nicht nur der Landesvermessung. Das Luftbild ist heute zu einem Hilfsmittel der verschiedensten Disziplinen und Wissenschaften geworden. Die wissenschaftliche und technische Verwertung
photographischer Meßbilder fassen wir unter dem Begriff "Photogrammetrie" zusammen.
Es ist beeindruckend, welch ständig wachsende Bedeutung dem Luftbild zukommt. In den jeweils alle 4 Jahre stattfindenden
Kongressen der Internationalen Gesellschaft für Photogrammetrie nimmt die Verwendung des Luftbildes den größten Teil der Verhandlungen in Anspruch. Die vielen Verwendungsmöglichkeiten des Luftbildes mögen einige
wenige Hinweise zeigen:
- Der Geologe kann - auch bei nur stichprobenhaften Untersuchungen im Gelände - geologische Formationen im Luftbild erkennen. Außerordentlich große Bedeutung hat diese Tatsache in der praktischen Lagerstättenforschung. Fast allen neuen Erdölfunden ist eine intensive Luftbilderkundung vorangegangen. Diese Vorbereitungen haben in allen Fällen die örtlichen Arbeiten sehr wesentlich beschleunigen können.
- Die für die Landwirfschaft so notwendigen Angaben über die Bodenfeuchtigkeit kann man den Luftbildern mit großer Sicherheit entnehmen.
- Dem Archäologen zeigt das Luftbild lohnenswerte Fundstätten. Auch alte Wege und Flureinteilungen lassen sich noch viele Jahre nach den vorgenommenen Veränderungen durch unterschiedliche Bodenfärbung und unterschiedlichen Pflanzenwuchs aus dem Luftbild ablesen. Die geographische Forschung bedient sich ebenfalls im großen Umfange des Luftbildes. Im 19. Jahrhundert mußte man schwierige Expeditionen unternehmen, um den Verlauf des längsten Flusses Afrikas, des Nils, zu erforschen. Das Telegramm des Engländers Speke "The Nil is settled" (Der Nil ist festgelegt) aus dem Jahre 1863 ist als Abschluß dieser jahrelangen Bemühungen in die Weltgeschichte eingegangen. Die Quellflüsse des Hoang-ho ließen sich in unseren Tagen wesentlich einfacher mit Hilfe des Luftbildes feststellen.
- Die moderne Forstwirtschaft schätzt das Luftbild als ein sehr wesentliches und zuverlässiges Hilfsmittel. Durch Verwendung von Infrarotfilmen, Farbfilmen und Spektrozonalfilmen kann der Forstmann Baumarten und Bewuchs sehr gut differenzieren, ohne daß er zahlreiche und umständliche örtliche Erkundungen anstellen muß. Aus dem Bau- und Siedlungswesen seien nur die Aufgaben der Gebiets-, Stadt- und Dorfplanung genannt, die ohne das moderne Luftbild nur unzureichend erfüllt werden können.
- Ebenso verwendet man das Luftbild in der großräumigen Verkehrs-planung bei der Trassierung von Straßen und Eisenbahnlinien. Bei der Lösung lokaler Aufgaben, wie der Neugestaltung des Verkehrs in den Großstädten und der Untersuchung von Fahrspuren, ist das Luftbild gleichfalls ein wertvoller Helfer. Das erste brauchbare Spezialaufnahmegerät, der Meßreihenbildner, wurde von Messter 1915 in Berlin gebaut. Das rohe Luftbild genügte bald nicht mehr den Anforderungen. Es entstand die Photokarte, die wesentliche Funktionen der konventionellen Landkarte übernahm und für viele Aufgaben bedeutende Vorteile hatte.
Um das Entstehen einer Photokarte zu begreifen, müssen wir uns vorerst etwas mit der Technik der Luftbildaufnahme vertraut machen: Das Spezialphotogerät, die Reihenmeßkammer(oder auch Meßreihenbildner genannt),
ist mit vertikaler Aufnahmerichtung im Flugzeug montiert.
Während des Fliegens auf einem vorbestimmten
gradlinigen Bildflugkurs werden die Aufnahmen so gemacht, daß sich die Luftbilder nur etwa 20-30
Prozent überdecken. Da das Bildflugzeug infolge atmosphärischer Einflüsse etwas um die
Horizontallage schwankt,
wird die Aufnahmerichtung zum Lot nur näherungsweise erreicht.
Moderne Kreiselaggregate können zwar die Ausrichtung zum Lot verbessern, strenge Nadiraufnahmen lassen sich aber auch mit ihrer Hilfe heute noch nicht herstellen.
Auch ergeben sich Abweichungen von der vorgesehenen Flughöhe über Grund. Das Ergebnis des Bildfluges sind somit Luftbilder, die schon innerhalb eines Bildes keinen einheitlichen Maßstab haben und aus diesem Grund
nicht zu einer einwandfreien Gesamtdarstellung zusammengefügt werden können. Das erreicht man erst im Laboratorium durch den Umbildeprozeß mit speziellen Projektionsgeräten. Diese Umbildung besteht aus einer
sogenannten Entzerrung und gleichzeitig einer Dimensionsänderung (Vergrößern oder Verkleinern), die dem gewünschten Maßstab zwischen Photokarte und Gelände entspricht.
Die ersten Ansätze zu einem solchen Verfahren beruhen auf Arbeiten von Finsterwalder und Scheimpflug.
Schon kurz nach Beendigung des ersten Weltkrieges vervollkommnete die deutsche feinmechanisch-optische Industrie die Luftbildgeräte, so
daß sie die weitaus höheren Anforderungen der Wissenschaft und Technik an das Luftbild erfüllen konnten.
Den Grundstein für die industrielle Fertigung moderner Luftbildgeräte legten in jenen Jahren die Firmen Carl Zeiss Jena und Aerotopograph Dresden, die sich später zu Zeiss-Aerotopograph Jena zusammenschlössen.
Alle Unternehmungen in der Welt, die sich heute mit dieser Aufgabe beschäftigen, benutzen deren Erfahrungen.
Die ersten bekanntesten optischen Systeme für Luftbildkammern, die z. T. heute noch in Varianten im Ausland gebaut werden, entstanden in Jena,
so das Orthometar von Mertee oder das Topogon von Richter.
Gegenüber der ersten Handkamera Nadars und dem ersten Reihenbildner Oskar Messters haben die modernen Luftbildaufnahmegeräte manche Wandlung erfahren.
Das Bildformat beträgt 18 cm x 18 cm oder 9" x 9" (23 cm x 23 cm);
für verschiedene Aufgaben verwendet man Meßkammern, deren Bildwinkel
65°, 95°, 122°, 136° und 148° betragen. Dem größeren Bildwinkel entspricht dabei die
kürzere Brennweite des Meßobjektivs.
Die Notwendigkeit zur Verwendung mehrerer Aufnahmegeräte ergibt sich aus der praktischen Beschränkung der Aufnahmeflughöhe über Grund bis zu 4000-5000 m und
der Forderung, Luftbilder in Maßstäben zwischen 1:3000
und 1:100000 herzustellen.
Die Aufnahmegeräte arbeiten - wie erwähnt - vollautomatisch. Der Operateur stellt die Belichtungszeit und das gewünschte Überdeckungsverhältnis aufeinanderfolgender Bilder am Steuergerät ein und hat während des
Bildfluges durch ein optisches Visier lediglich den scheinbaren Ablauf des Geländes mit entsprechenden Wandermarken im Gesichtsfeld zu synchronisieren.
Die Qualität eines Meßbildes wird im wesentlichen durch die Auflösung und die geometrische Richtigkeit charakterisiert.
Die praktisch erreichbare Auflösung beträgt etwa 25 Linien/Millimeter (bezogen auf den international genormten Drei-Linien-Test bei Verwendung eines Luftbildfilms mit einer Empfindlichkeit von 17° DIN).
Das bedeutet, daß ein weißer Bogen im Format DIN A 4. - auf dunklem Untergrund ausgelegt - bei günstiger Beleuchtung in einem Meßbild vom Maßstab 1:10000 noch
zu erkennen ist. Bei etwa 20 cm Bildweite der
Aufnahmeoptik entspricht dies einer Aufnahmeflughöhe über Grund von etwa 2000 m.
Die geometrische Qualität des Meßbildes wird durch die Abweichungen des photographischen Abbildungsprozesses von der strengen mathematischen
Zentralprojektion angegeben. Bezogen auf die Ebene des Meßbildes ist
dieser optische Abbildungsfehler nicht größer als 5 u.m (5 Tausendstel eines Millimeters). Beziehen wir uns wieder auf einen Bildmaßstab von 1:10000 und projizieren diesen Fehler in das Gelände zurück,
so entspricht dies einer Abweichung von 5 cm.
Wie erwähnt, muß das "rohe Meßbild" vor der Zusammenstellung einer Photokarte im Laboratorium durch Umbildung von den Einflüssen einer fehlerhaften Ausrichtung der Aufnahmekammer zum Lot und Abweichungen von der vorgesehenen Flughöhe befreit werden. Die universellsten Einrichtungen für diesen Zweck sind die Entzerrungsgeräte. Der auch heute nur unwesentlich veränderte Typ dieser Ausrüstungen entstand Mitte der zwanziger Jahre im Jenaer Zeisswerk unter maßgeblicher Mitarbeit 0. v. Grubers. In seiner äußeren Erscheinung gleicht das Entzerrungsgerät (SEG) einem mit vertikaler Achse angeordneten Projektionsgerät. Während jedoch solche einfachen Geräte nur über einen Freiheitsgrad, nämlich zur Änderung der Vergrößerung, verfügen, sind bei einem SEG voneinander unabhängige Einstellelemente vorhanden. Sie sind ausreichend, um alle möglichen Perspektiven und affinen Beziehungen zwischen Meßbild und Projektionsbild zu erzeugen. Entsprechend den Forderungen einer rationellen Arbeitsweise sind moderne Entzerrungsgeräte mit vollautomatischen Steuerelementen ausgerüstet, die dafür sorgen, daß bei allen Einstellungen am SEG auf dem Arbeitstisch ein optimal scharfes Projektionsbild entsteht. Für die geometrische Genauigkeit eines fertigen Lutibildplans fordert man im allgemeinen, daß die Projektion keinen größeren Fehler als 0,3-0,4 mm aufweist. Präzisionsentzerrungsgeräte zeichnen sich vor allem durch hochkorrigierte optische Projektionssysteme und gleichmäßig ausleuchtende Kondensoreinrichtungen aus.
Die einwandfreie Herstellung maßstäblicher Darstellungen aus einzelnen Luftbildern durch das Entzerrungsverfahren gelingt - streng genommen - nur dann, wenn das Vermessungsgebiet völlig eben ist, nicht notwendigerweise auch horizontal. Erhebungen über dieser Ebene führen in der späteren Photokarte zu Grundrißfehlern. Wir machen uns das an einem Schornstein klar, der - angenommen - am Rande des Gesichtsfeldes unseres Aufnahmegeräts steht. Im Meßbild würden Fuß und Spitze des Schornsteins infolge unterschiedlichem Abbildungsmaßstab nebeneinander erscheinen. Der Entzerrungsvorgang kann im allgemeinen solche Bildverschiebungen infolge Geländehöhendifferenz nicht korrigieren. Für die Praxis gibt es daher in Abhängigkeit vom gewünschten Maßstab der herzustellenden Photokarte und dem Öffnungswinkel des Aufnahmegeräts Grenzwerte für die Geländehöhendifferenzen im Vermessungsgebiet. Zur Herstellung einer Photokarte im Maßstab 1:25000 (Meßtischblatt) z. B. beträgt dieser Grenzwert bei einer Meßkammer mit 65° Öffnungswinkel 50 m. bei einer Überweitwinkelmeßkammer mit 120° Öffnung 18 m.
Nachdem kurz nach der Jahrhundertwende E. v. Orel und
C. Pulfrich die räumliche (dreidimensionale) Auswertung mit dem Stereokomparator und dem Stereoautographen für den Bereich der terrestrischen Photogrammetrie
gelungen war, versuchte man Anfang der zwanziger Jahre, dieses Prinzip auch auf die Auswertung von Luftbildern zu übertragen.
Hierbei bedient man sich der stereoskopischen Bildaufnahme, die ja auch in der Amateurphotographie von Zeit zu Zeit immer wieder einmal aktuell wird (Belplasca, Heidoskop und View Master Personel sind einige der
bekanntesten Amateur-Stereo-Kammern). Sinnreich konstruierte Auswertevorrichtungen ermöglichen eine genaue Ausmessung von stereoskopischen Raummodellen.
Das Bildflugzeug fliegt den Streifen ab, wobei sich gegenseitig überdeckende Meßbilder entstehen. Die Überdeckung beträgt dabei mindestens 50 Prozent. Im Laboratorium wird dieser Aufnahmevorgang wiederhergestellt.
In den einzelnen Aufnahmestandpunkten sind jetzt Projektoren angeordnet, in die Diapositive der Meßbilder eingelegt werden. Sind diese entsprechend der Aufnahme gegenseitig orientiert, so entsteht auf der
Projektionsfläche ein Streifen von sich überdeckenden Projektionsbildern, wobei immer zwei Folgebilder ein stereoskopisches Modell bilden. Unter Anwendung geeigneter optischer Mittel wird in den stereoskopischen
Zweibildkartiergeräten eine solche Bildtrennung erreicht, daß den Augen des Operateurs jeweils nur ein Bild dargeboten wird; in der Regel dem linken Auge das linke Bild und dem rechten Auge das rechte Bild.
Die einfachste Form der Bildtrennung stellt das Anaglyphenverfahren dar. Bei den Projektionsgeräten erreicht man diesen Effekt durch Vorschaltung von farbigen Projektionsfiltern.
Nachdem Mitte der dreißiger Jahre unter Ausnutzung von Vorschlägen Max Gassers im Zeisswerk solche einfachen Luftbild kartiereinrichtungen entstanden waren, benutzte man diese bald in sehr großer Zahl in allen
Ländern der Erde. Heute gibt es eine Anzahl von Betrieben, die ähnliche Ausrüstungen auf Grund dieses Prinzips herstellen.
Gegenüber den klassisch-geodätischen Vermessungen mit Theodolit, Kippregel und Meßtisch ist erwähnenswert, daß die stereophotogrammetrische Auswertung die direkte Messung jedes photographierten Punktes ermöglicht,
während sich die Messung im Gelände auf wenige Punkte beschränken muß. Die nachfolgende Auswertung stützt sich deshalb im großen Umfange auf Interpolationsverfahren. Deutlich wird dies bei Konstruktion einer
Höhenlinie. Im Gelände gelingt bestenfalls eine direkte punktweise Einmessung, während am stereoskopischen Modell eine auf die vorgegebene Höhe eingestellte Meßmarke linienhaft entlanggeführt werden kann.
Neben den einfachen stereoskopischen Kartiergeräten sind auch die sehr großen und komplizierten Universalauswertegeräte entstanden. Dem von Hugershoff in Dresden gebauten Autokartographen folgte bald der Jenaer
Stereoplanigraph; nach der Übersiedlung von Heinrich Wild aus Jena nach Heerbrugg in der Schweiz begann man auch dort mit dem Bau von Autographen.
Außer diesen großen Auswertemaschinen verwendet man für Routinearbeiten in großer Zahl Spezialauswertegeräte. Diese beschränken die Auswertung auf den praktisch sehr oft vorliegenden Fall von Luftbildern mit
lotrechter oder nahezu lotrechter Aufnahmerichtung.
Wenn auch die Benutzung der großen photogram metrischen Auswertemaschinen schon zu einer rationellen
Automatisierung der vermessungstechnischen Arbeiten beigetragen hat, so ist man heute bestrebt, auch die Verwertung der Messergebnisse dieser Geräte weiter zu vereinfachen. Für viele vermessungstechnische Arbeiten
ist die grafische Darstellung der Auswertung in Form einer Karte nicht mehr ausreichend, die geforderten Genauigkeiten lassen sich nur durch numerische Rechnungen mit den gemessenen Größen erreichen.
Der photogram-metrische Gerätebau sucht deshalb Anschluß an die verbreiteten
Datenverarbeitungssysteme,
die ihren Ausgang von der Büromaschinenindustrie genommen haben. Moderne Zusatzgeräte, die direkt mit den
Auswertemaschinen gekoppelt sind, können die Meßwerte digital ausgeben. Diese automatische Ausgabe der gemessenen Größen auf einen für die Weiterverarbeitung geeigneten Informationsträgerschließt Fehler durch
manuelle Arbeitsprozesse (Ablesen, Aufschreiben, Übertragen) vollständig aus und führt zu einer erwünschten Rationalisierung vermessungstechnischer Arbeiten.
Wenn auch die grafische Darstellung photogrammetrischer Arbeitsergebnisse in Form von Karten und Plänen überwiegt, so kommt in den hochindustrialisierten Ländern und für Sonderaufgaben (z. B. Aerotriangulationen über große Gebiete) der weiteren Steigerung der Auswertegenauigkeit und der rechentechnischen Verarbeitung der Ergebnisse eine ständig steigende Bedeutung zu. Die großen optisch-mechanischen Auswertemaschinen haben jedoch die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit erreicht. Die technisch bedingten Restfehler in den optischen und mechanischen Baugruppen lassen sich praktisch nicht mehr verringern. Deshalb benutzt man heute die großen programmgesteuerten digitalen Rechenanlagen. Im Gegensatz zu den speziellen photogram-metrischen Auswertemaschinen, die wir als Analog-Rechenanlagen auffassen können, leisten sie die verlangten Rechenoperationen mit beliebiger Genauigkeit. Die "mathematische Projektion" ersetzt die mit unvermeidlichen Restfehlern behafteten optischen und mechanischen Projektionseinrichtungen. Diese modernen Methoden befinden sich noch weitgehend im Versuchsstadium, die feinmechanisch-optische Industrie bemüht sich jedoch bereits um die Schaffung geeigneter Instrumente. Neben den Rechenanlagen selbst benötigt die Photogrammetrie für die Koordinaten der Bildpunkte besonders genaue Meßgeräte, die man Stereokomparatoren nennt. In ihrer Konzeption gehen sie auf Erfindungen von C. Pulfrich um die Jahrhundertwende zurück. Da damals jedoch noch keine geeigneten Rechenanlagen vorhanden waren, mußte der Weg der rein numerischen Auswertemethode von photogrammetrischen Meßbildern wieder aufgegeben werden.
Quelle: Fliegerjahrbuch 1963 S.116Seite zurück
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 17.04. 2022