Kostümgeschichte

Die folgenden Seiten beschreiben die Geschichte des europäischen Kostüms.
Ausgangspunkt ist die Entwicklung der Kleidung in der Steinzeit, es schließt sich an die Darstellung der griechischen und römischen Tracht sowie der Kleidung der außerhalb der antiken Hochkulturen lebenden keltischen und germanischen Völker.
JustitianEs soll gezeigt werden, wie nach dem Untergang des Römischen Reiches aus der Verschmelzung antiker und »barbarischer« Trachtenelemente die mittelalterlichen Trachten West- und Mitteleuropas hervorgingen und schließlich jene Kleidungsformen entstanden, die sich nach der Großen Französischen Revolution unter vielfältigen Wandlungen über ganz Europa verbreiteten und sogar in überseeischen Ländern üblich wurden.

Dabei wird versucht, mit dem historischen Überblick gleichzeitig die gesellschaftlichen Ursachen der Kostümentwicklung aufzuzeigen, die Geschichte des Kostüms in unmittelbarer oder mittelbarer Abhängigkeit von der allgemeinen historischen Entwicklung derjenigen Länder und sozialen Schichten zu sehen, die das kulturelle Gesicht und damit auch die Entwicklung der Mode einer Epoche maßgeblich bestimmten. Da in der Klassengesellschaft die jeweils herrschenden Schichten im wesentlichen zugleich auch in der Mode tonangebend waren, steht zwangsläufig bis zum Ende des 18. Jahrhunderts im Mittelpunkt unserer Betrachtungen nur ein Teil der Kostümgeschichte, wenn wir hierunter die Geschichte der Kleidung aller Zeiten, Völker und Volksschichten verstehen.

D. Velazques Infantin

Neben dieser Geschichte der Mode, die von den Privilegierten geprägt und getragen wurde, wird aber auch ein Abriß der Kleidung der arbeitenden Schichten gegeben. Gleichzeitig wird nachgewiesen, daß diese in Zeiten der politischen Emanzipation ebenfalls Einfluß auf die Mode gewannen und deren Entwicklung im 20. Jahrhundert schließlich mehr und mehr bestimmten. Die Geschichte der Kleidung ist so alt wie die Geschichte der menschlichen Kultur. Als durch den Arbeitsprozeß der entscheidende Schritt vom Tierzustand zur Menschwerdung vollzogen war, als der Mensch einfache Geräte herzustellen und Feuer zu entfachen verstand, ging er schon dazu über, sich Kleidung zu schaffen.
Er unterschied sich auch dadurch vom Tier; denn das Tier ist wohl fähig, sich eine mitunter recht kunstvolle Wohnung zu bauen, produziert aber niemals auch nur die primitivste Form einer Kleidung.
Die älteste Kleidung dürfte aus dem Fell erlegter Tiere und aus Blättern, Binsen und Basten bestanden haben. Diese von der Natur gelieferten Rohstoffe begann der Mensch schon sehr bald zu bearbeiten. Er säuberte die Felle und nähte sie zu Hosen, Röcken und Mänteln zusammen oder flocht sich aus pflanzlichen Materialien Kleidungsstücke und Sandalen. Die Entwicklung von Ackerbau und Viehzucht, die zur Gewinnung von Flachs und Wolle führte, erweiterte die Rohstoffbasis ungemein. In der Herstellung der Kleidung wurden ebenfalls Fortschritte erzielt, welche die Entwicklung bis in unsere Zeit hinein bestimmten: Die Erfindung von Spindel und Webstuhl schuf die technischen Voraussetzungen für die Produktion gewebter Stoffe; auch die Musterung der Gewebe und die Technik des Färbens gehören zu den Errungenschaften der Jungsteinzeit. Die Frage, warum der Mensch überhaupt eine Kleidung erfand, wurde früher im allgemeinen damit beantwortet, daß er sich mit Hilfe der Kleidung vor klimatischen Einflüssen und vor Verletzungen schützen und seine Schamteile verhüllen wollte. Das Schamgefühl ist jedoch zweifelsohne eine Folge der Bekleidung und kann nicht als eine ihrer Urfunktionen angesehen werden: Erst als der Mensch gewöhnt war, bestimmte Teile des Körpers ständig zu verhüllen, konnte sich für diese Körperzonen ein Schamgefühl herausbilden. Viel stärker dürften die Bedingungen der menschlichen Lebensweise und der Umwelt zum Entstehen der Kleidung geführt haben. Je weiter sich der Mensch in seiner Entwicklung von seinen tierischen Vorfahren entfernte, um so mehr verlor er auch seine natürliche »Schutztracht« und damit zugleich die natürliche Fähigkeit, sich der Witterung anzupassen. Das ursprünglich wohl allen Völkern gemeinsame »Urkleid« dürfte ein aus Fellen oder pflanzlichen Fasern hergestellter Schurz gewesen sein, wie er bei den Ägyptern noch lange üblich war. Nachfahren dieser ursprünglichen Kleidungsform waren auch die Wickelgewänder der griechischen und römischen Trachten. In den kälteren Zonen Europas schuf sich der Mensch allerdings schon früher eine die Glieder umhüllende, seinen Körper besser vor der Kälte schützende genähte Kleidung, die dann zur Grundlage der europäischen Trachtenentwicklung wurde.

Die Definition der Kleidung als Körperschutz läßt jedoch entscheidende Fragen nach ihrem Sinn und Wesen offen: Warum hat der Mensch seit jeher unendlich viel mehr für seine Bekleidung getan, als notwendig war, um sich gegen Kälte und Hitze oder vor Verletzungen zu schützen? Warum gab er der Kleidung im Laufe ihrer Geschichte immer neue Formen, warum schmückte er sie mit Farben und Mustern? Das Bedürfnis, sich zu schmücken, dürfte mindestens ebenso alt sein wie die Kleidung.

Schon der Mensch der Altsteinzeit bemalte seinen Körper mit Farbe und schmückte sich mit Steinen, Muscheln und Perlen. Allerdings wurde der Schmuck ursprünglich nicht nur seines Materials, seiner Formen und Farben wegen gesammelt, bearbeitet und getragen: Er stand zugleich im Dienste magischer Vorstellungen, das heißt, er besaß Fetisch- und Amulettcharakter und sollte den Menschen vor den noch unerkannten Naturkräften und vor der »Geisterwelt« schützen; durch das Anlegen der Zähne oder anderer Körperteile getöteter Tiere oder menschlicher Gegner glaubte man, sich die Kräfte der Besiegten dienstbar machen zu können. Nicht zuletzt zeugte dieser im Kampf erbeutete Schmuck von der Kraft und der Tapferkeit seines Trägers, so daß Reichtum und Schönheit des Schmucks zugleich Auszeichnungen darstellten. Das gilt auch für die Kleidung, zumal sich in der Frühzeit die Grenzen zwischen Schmuck und Kleidung ohnehin oft kaum ziehen lassen. Ein besonders schönes Fell dürfte seit jeher nicht nur als Schutz, sondern zugleich als Schmuck und Auszeichnung gedient haben. Denn sicherlich stand schon in der klassenlosen Urgesellschaft das schönste Fell oder das Fell eines seltenen Tieres jeweils dem Älteren, Stärkeren oder Erfolgreicheren zu. Außerdem wird der Tüchtigere oder Erfindungsreichere seine Kleidung sorgfältiger hergestellt oder gar durch eigene Erfindungen verbessert haben. Schmuck und Kleidung waren also gleichzeitig Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit; sie unterschieden den Menschen von seinen Mitmenschen und kennzeichneten, indem sie von Mut, Handfertigkeit wie überhaupt von der Leistungsfähigkeit des einzelnen zeugten, auch seine Stellung und Bedeutung innerhalb der Gemeinschaft. Schmuck und Kleidung besaßen folglich seit jeher über ihren praktischen oder ihren ästhetischen Wert hinaus gesellschaftliche Funktionen. In dieser Funktion der Kleidung, Bedeutung und Stellung des Menschen innerhalb der Gesellschaft sichtbar zu machen, dürfte die Haupttriebkraft für den riesigen Aufwand und für jenen unaufhörlichen Wandel der Formen und der Ausstattung zu finden sein, von dem die Geschichte der Mode berichtet.

Selbstverständlich haben noch viele andere Faktoren, wie Sitte und Religion, wie überhaupt die kulturellen, wirtschaftlichen und historischen Besonderheiten eines jeden Volkes, Landes und Kontinents die Mode beeinflußt und deren Trachten ihre spezifischen Eigenheiten verliehen. Auch die Unterschiede des Alters und der Geschlechter, nicht zuletzt die Liebeswerbung haben in der Mode stets eine bedeutende Rolle gespielt. Außerdem ist ihre Geschichte von Anfang an unlösbar mit der Geschichte der Technik verbunden. Der Webstuhl, der in der Steinzeit erfunden wurde, der mechanische Webstuhl, mit dem die industrielle Revolution im 18. Jahrhundert begann, die Herstellung der synthetischen Fasern und viele andere technische Errungenschaften haben ihre Entwicklung beeinflußt und ihre Ausdrucksmöglichkeiten erweitert.
Die Trachtenprivilegien, die mit der Differenzierung der Gesellschaft entstanden, sollten verhindern, daß die unteren Schichten die Kleider der Privilegierten nachahmten, so daß die Kleidung zur Standestracht und die Mode zu einem Standesprivileg wurde. Daher war mit den Kämpfen um soziale Gleichstellung immer auch das Streben nach modischer Gleichberechtigung verbunden. Nicht zufällig sind Zeiten mit einer relativ konstanten Gesellschaftsordnung - wie das Altertum - zugleich Zeiten einer relativ konstanten Mode gewesen; um so größeren Veränderungen aber war die Mode in Zeiten sozialer Unruhe unterworfen, wenn mit den sozialen auch die modischen Privilegien der Herrschenden ins Wanken gerieten, das heißt, wenn die zuvor gesellschaftlich und modisch Deklassierten die gleiche Kleidung wie die Privilegierten zu tragen begannen und letztere ihrer Kleidung - sollte diese weiterhin eine Standesauszeichnung bleiben - immer neue Formen, Farben und Muster geben mußten. Die Trachtenprivilegien konnten sowohl in der Ausstattung als auch in den Formen der Kleidung Ausdruck finden. Solange kostbare Materialien so selten und teuer waren, daß sie nur von den herrschenden Gesellschaftsklassen erworben werden konnten, stand die Ausstattung der Gewänder im Mittelpunkt der Mode. Wenn aber die Prunkentfaltung als Mittel der Standesauszeichnung nicht mehr genügte, wenn kostbare Stoffe - sei es durch die Steigerung der Produktion oder durch das Auftreten neuer kaufkräftiger Schichten - ihren Seltenheitswert und damit ihre Exklusivität einbüßten, begannen auch die ursprünglich wenig differenzierten Formen zum Mittel sozialer Unterscheidung zu werden. Da in der Klassengesellschaft zumeist »vornehm« das gleiche wie »nicht arbeitend« bedeutete, erhielt die Kleidung Formen, die durch ihre übermäßige Länge, Kürze, Weite oder Enge die Bewegung des Körpers so sehr behinderten oder die Zweckmäßigkeit der Kleidung derart einschränkten, daß sie für die arbeitende Bevölkerung untragbar war. Das Korsett, die Schleppe und der Reifrock sind wohl die typischsten Hervorbringungen dieser Mode des »sichtbaren Müßigganges«. Das gleiche Prinzip finden wir in den Standestrachten der außereuropäischen Völker; als Beispiel seien nur die bis zu zehn Zentimeter langen Fingernägel und die künstlich klein gehaltenen »Lilienfüße« der vornehmen Chinesinnen früherer Zeiten erwähnt.

Um ihre Trachtenprivilegien zu sichern, haben sich die herrschenden Schichten bis zur Großen Französischen Revolution außerdem der Gesetzgebung bedient, mit deren Hilfe sie allen Ständen und sozialen Gruppen Ausstattung und Form ihrer Gewänder vorschrieben und die kostbaren Stoffe und Formen ihrer eigenen Gewänder und damit die Mode den übrigen Volksschichten verboten.
Die Französische Revolution leitete auch in der Kostümgeschichte ein neues Kapitel ein: Eine Zeit, die »Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit« auf ihr Banner geschrieben hatte, konnte auch in der Kleidung keine Privilegien dulden - so wurden die Standestrachten von der französischen Nationalversammlung für abgeschafft erklärt, so daß jeder tragen konnte, was er wollte. Selbstbewußt und stolz auf seine politischen und wirtschaftlichen Erfolge, strebte das revolutionäre Bürgertum nicht mehr danach, dem Adel äußerlich gleich zu sein: Das einfache Tuchkleid des Bürgers büßte seinen deklassierenden Charakter ein und wurde zur Grundlage der Mode des 19. Jahrhunderts. Die bürgerliche Mode hatte sich ebenso wie das Bürgertum selbst bereits im Schoß der feudalistischen Gesellschaft entwickelt. Schon in der Renaissance bestimmte im wesentlichen nicht der Adel, sondern das Bürgertum die Mode. In der Zeit des Dreißigjährigen Krieges und während der Blütezeit der niederländisch-bürgerlichen Kultur nahm sie ebenfalls einen unhöfischen, teils soldatesken, teils bürgerlichen Charakter an. Auch in England zeigte sie während des Bürgerkrieges antifeudale Tendenzen. Aber erst als sich im 18. Jahrhundert in England die industrielle Revolution vollzog, ging die Führung in der Mode endgültig vom Hof an das englische Bürgertum über. Die englische Mode wurde dann zum Vorbild für die Emanzipation der bürgerlichen Tracht auf dem Kontinent und damit zur Grundlage der Mode. Das Bürgertum begnügte sich aber in der Französischen Revolution nicht mit den demokratischen Errungenschaften der englischen Mode, sondern erhob die Trachten der antiken Demokratien, die als Vorläufer der französischen Republik galten, zum Vorbild der Mode: Form und Ausstattung der Gewänder wurden so einfach, daß die Proportionen der Kleidung wie in der Antike wieder mit den Proportionen des Körpers übereinstimmten und die Formen des »sichtbaren Müßigganges« endgültig verschwanden. Die bürgerliche Mode gab jedoch ihre demokratischen Ideale bald wieder auf. Auch im 19. Jahrhundert reichte die Verbreitung der Mode nicht über die neu zur Macht aufgestiegenen Schichten hinaus. Die Mode geriet unter das Zepter des etablierten Bürgertums, das in der Kleidung nun ebenfalls Privilegien beanspruchte und seinen Führungsanspruch durchsetzte. Zwar konnte im 19. Jahrhundert jeder tragen, was er wollte, doch wurde die Mode wieder so exklusiv, daß lediglich die Reichen ihre Vorschriften erfüllen konnten, während Mittelstand und Kleinbürgertum der Mode nur noch begrenzt zu folgen vermochten und das Proletariat und mit ihm die übrige Masse des Volkes modisch völlig deklassiert waren.

Das bürgerliche Standesbewußtsein kam vor allem in der Frauenmode zum Ausdruck, die im Laufe des 19. Jahrhunderts sogar die Hoftrachten des 17. und 18. Jahrhunderts imitierte. Das höfische Zeremoniell wurde jedoch durch ein bürgerliches ersetzt, das keine hierarchische, unverrückbare Rangordnung kannte und - den Gesetzen des Konkurrenzkampfes folgend -immer neue Auszeichnungen zur Demonstration des gewachsenen Vermögens hervorbrachte. Die Zeremonienmeister des Bürgertums waren die Modeschöpfer der Haute Couture, die 1858 in Paris von Charles Frederick Worth gegründet wurde und jenen »Kult um die Novität« ins Leben rief, dem sich die bürgerliche Mode bis heute beugt.

Verglichen mit der Frauenmode bewahrte die Männermode ihre »bürgerliche Einfachheit«. Im Zuge der politischen Restauration entwickelte allerdings auch sie ein Standesbewußtsein, indem sie an die Eleganz des Schnittes und an die Qualität der Stoffe hohe Anforderungen stellte. Außerdem führte sie eine strenge Differenzierung nach Zweck und Gelegenheit ein. Wer mit der Mode Schritt halten wollte, mußte so viele Anzüge von bester Qualität besitzen, daß nur wenige Bürger ihren Ansprüchen gerecht zu werden vermochten. Doch auch der reiche Bürger konnte sich nicht mehr wie der Feudalherr allein der Repräsentation seines Standes und dem Müßiggang widmen. Der immer härter werdende Konkurrenzkampf mit seiner Devise »time is money« verbot ihm eine Kleidung, die seine Leistungsfähigkeit einschränkte und außerdem viel Zeit kostete. Im Laufe des 19. Jahrhunderts übernahm daher die Frauenmode immer mehr die Aufgabe, Geld und Besitz und damit die Grundlagen der bürgerlichen Existenz zu demonstrieren. Während die Aufwandkurve der Frauenmode bis zum Ende des Jahrhunderts ständig wuchs, mußte sich die Männermode zunehmend den Forderungen nach Zweckmäßigkeit beugen, so daß zumindest der Tagesanzug des Bürgers immer mehr zum »Arbeitsanzug« wurde und die Kleidung der arbeitenden Schichten schließlich ihren deklassierenden Charakter verlor.

um 1930Die Industrialisierung, die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in der Herrenkonfektion schnell voranschritt, trug dazu bei, daß sich die modischen und sozialen Unterschiede in der Kleidung verminderten und die arbeitenden Schichten auch in der Mode eine Rolle zu spielen begannen: Je einfacher der Schnitt des bürgerlichen Anzuges wurde, um so besser konnte die Massenproduktion den Anforderungen der Mode gerecht werden und ihren Kundenkreis erweitern. Je größer aber der Absatz wurde, um so mehr mußte sich die Konfektionsindustrie auch auf die Bedürfnisse ihrer »Hauptkonsumenten« einstellen und deren Wünsche nach einer zweckmäßigen und preisgünstigen modischen Kleidung berücksichtigen. Während die Industrialisierung der Herrenmode seit der Jahrhundertmitte große Fortschritte machte, waren der Modeindustrie in der Frauenmode enge Grenzen gesetzt. Da sich die auf Korsett gearbeiteten Krinolinen- und Tournürenkleider nur mit der Hand anfertigen ließen und die kostbaren Stoffe, aus denen diese Kleider bestanden, für breitere Schichten unerschwinglich waren, mußte sich die Modeindustrie mit der Herstellung billiger Imitationen begnügen. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs allerdings auch der Widerstand gegen die herrschende Mode. Fast gleichzeitig mit der Haute Couture entstand eine Bewegung, die den Kampf für die Reform der Frauenkleidung und für eine qualitätvolle Massenproduktion aufnahm und die Grundlagen für die Entwicklung der modernen Kleidung schuf. Die Anhänger dieser Reformbewegung waren eng mit den sozialen Bewegungen dieser Epoche verbunden; außer Sozialreformern, Ärzten und Anhängerinnen der Frauenbewegung setzten sich auch viele Künstler für die Verbesserung der Frauenkleidung ein. Diese »kunstgewerbliche Bewegung«, die in den fünfziger Jahren in England entstand, erlangte unter der Führung von William Morris weltweite Bedeutung. Auf dem Kontinent setzten sich Künstler wie Henry van de Velde und viele »Sezessionisten« für die Reformierung der Frauenkleidung ein.

Die Auswirkungen des ersten Weltkrieges und die großen revolutionären Umwälzungen führten dazu, daß die Demokratisierung der Männer- und Frauenmode mit Riesenschritten voranging: Die Arbeitskleidung wurde als Grundlage der Mode anerkannt und die Gestaltung der Massenproduktion erstmals zu einer wichtigen sozialen und künstlerischen Aufgabe erhoben. Es entstanden neue Ausbildungsstätten, die sich mit den ästhetischen und technischen Problemen der Massenbekleidung beschäftigten.
In der bürgerlichen Gesellschaft konnte sich nun auch die Haute Couture nicht mehr rücksichtslos über die Bedürfnisse der arbeitenden Schichten hinwegsetzen. Wie ihre Auftraggeber mußte sie ihren politischen Gegnern Konzessionen machen und deren Kleidung als Grundlage der Mode anerkennen. Doch waren der »Revolution in der Mode« auch wieder enge Grenzen gesetzt. Die Haute Couture arbeitete weiterhin nur für eine kleine Oberschicht und lehnte die Arbeit für die Massenproduktion ab. Nach dem zweiten Weltkrieg schritt jedoch die Demokratisierung der Mode unaufhaltsam voran, so daß die Haute Couture ihre überlebte Exklusivität schließlich aufgeben und die Arbeit für die Pret-ä-porter-Industrie aufnehmen mußte. Da ihre Auftraggeber aber dieselben geblieben sind, muß sich die Couture nach wie vor über viele Bedürfnisse ihrer Konsumenten hinwegsetzen. Die Mode wurde zwar einfacher und zweckmäßiger, eine intensiv betriebene Reklame sorgt aber Tag für Tag dafür, daß in der »Wegwerfgesellschaft« noch immer der Konsumzwang und der »Kult um die Novität« herrschen.

Spanische Frauenmode
Barockmode
Rokokomode

 
Seitenende
Seite zurück
© biancahoegel.de 
Datum der letzten Änderung:  Jena, den : 08.10. 2014