Haarausfall (Alopezie)
Jeder Mensch verliert, bedingt durch den natürlichen Wachstumszyklus, täglich bis zu 100 Haare. In dieser Größenordnung ist Haarausfall vollkommen normal, denn das stetige Nachwachsen erhält die Haarfülle.Erst wenn ein Mensch mehr verliert, spricht man von Haarausfall.
Besonders von Haarausfall betroffen sind Männer. Die Ursache dafür liegt in den Haarwurzeln, in denen die Steuerzellen sitzen, die für das Haarwachstum verantwortlich sind. Besonders bei
Männern wird diese Wachstum durch das männliche Sexualhormon Testosteron gestört.
Das Testosteron wird in der Leber,
der Prostata und in der Haut in DHT (Dihydrotestosteron) umgewandelt (Reduktase). Durch die große Bindungseigenschaft an Androgenrezeptoren, "dockt" DHT an den äußeren Haarzellen an und
stört den Stoffwechsels im Haarfolikel, was dafür sorgt, dass die Haare nach und nach ausdünnen und nicht mehr nachwachsen. Für die Stärke des Haarausfalls ist dabei aber nicht die
Menge des Hormons verantwortlich, sondern eine vererbte Empfindlichkeit der Haarwurzeln (androgenetische Alopezie).
Was kann man gegen den Haarausfall tun?
Auch wenn es hart für Betroffene ist:
Ausgefallene Haare wachsen nicht wieder nach!
Um aber den beginnenden Haarausfall aufzuhalten, oder noch nicht vollständig ausgefallene Haare zu "reaktivieren", gibt es eine mittlerweile unübersichtlich Menge von Präparaten auf dem Markt,
die trotz ihrer hohen Preise in der Wirkung sehr zu Wünschen übrig lassen.
Unter den nicht-hormonell-wirkenden Mitteln ist der Wirkstoff Minoxidil (rezeptpflichtig) der einzige, dessen Wirksamkeit nachgewiesen wurde.
Als sehr wirkungsvoll haben sich Haarwasser und Medikamente erwiesen, die die o.g. Umwandlung von Testosteron
zu DHT verhindern. Allerdings hat in den USA bereits 1998 die FDA (U.S. Food and Drugs Administration)
Herstellern untersagt, bei Anwendung einen garantierten Erfolg zu suggerieren.
Die eingesetzten Wirkstoffe bei diesen Produkten sind "17-alpha-Estradiol" (rezeptfrei) und "Finasterid" (rezeptplichtig).
Der Wirkstoff Minoxidil wurde bereits schon vor etwa 20 Jahren zur Bekämfung von Bluthochdruck in den USA zugelassen, wobei als eine Nebenwirkung vermehrte
Körperbehaarung festgestellt wurde.
Über den Wirkmechanismus liegen bis heute keine genauen Erkenntnisse vor, wobei aber vermutet wird, dass das Haarwachstum duch eine verbesserte Durchblutung der
versorgenden Gefäße und Haarpapillen
(unten an den Haarwurzeln) ausgelöst wird.
Der lokal auf dem Kopf anzuwendende Wirkstoff ist in den Tinkturen Regaine Frauen und Regaine Männer erhältlich, die sich in ihren Lösungskonzentration (2% Frauen, 5% Männer)
unterscheiden und durch Applikatoren zweimal täglich auf der Haut aufgetragen werden.
Die Behandlung mit Regaine muss dauerhaft erfolgen, da die Wirkung nach dem Absetzen nachlässt.
17-alpha-Estradiol (Alphastradiol) ist ein synthetisch hergestelltes Hormon, das die Reduktase hemmt und die Bildung von DHT verringert. Trotz seiner Östrogenstruktur greift dieses Hormon, auch bei
Männern, nicht in den Hormonhaushalt ein.
Dieser Wirkstoff ist rezeptfrei als Tinktur Ell-Cranell alpha im Handel und wird mit einem Applikator einmal täglich aufgetragen
(nicht zu verwechslen mit "Ell-Cranell dexa", das Kortison enthält und rezeptpflichtig ist).
Wie auch bei Regaine muss die Behandlung dauerhaft erfolgen, da sonst die Wirkung nach dem Absetzen
nachlässt.
Finasterid hat eine sehr gute Bioverfügbarkeit (ca. 80%). Nach einer Einnahme von 1mg sinkt der Dihydrotestosteronspiegel innerhalb von 24 Stunden um mehr als die Hälfte ab.
Der Testosteron- und Estradiolspiegel steigen an, bleiben jedoch im Bereich der Normwerte (Quelle: E. Gysling, Finasterid zur Behandlung der Alopezie, 1998).
Bei MzF-Transsexuellen sind sogar einige
Nebenwirkungen des Wirkstoffs Finasterid, der eigentlich gegen gutartige Prostatavergrößerung eingesetzt wird, erwünscht. Die Nebenwirkung ist allgemein gesprochen "Verweiblichung".
Im Einzelnen können u.a. eine Verringerung der
Libido, Errektionsstörungen, Brustwachstum (Gynäkomastie) und eine Verminderung der Körperbehaarung auftreten.
Aufgrund weiterer
Nebenwirkungen sind Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre, sowie Frauen, isb. in der Schwangerschaft, von der Behandlung mit diesem Wirkstoff ausgeschlossen.
Die sich auf dem Markt befindlichen Medikamente sind Proscar und Propecia, die sich durch ihren Anteil an Finasterid unterscheiden (Proscar 5mg, Propecia 1mg). Während Proscar, wie schon
erwähnt, bei der Behandlung einer vergößerten Prostata eingesetzt wird, ist Propecia eine sog. "Lifestylepille", weshalb ihre Kosten zur Behandlung von Haarausfall nicht von der
gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden (Arzneimittel-Richtlinien vom 01.03.2004).
Die Preise für diese Tabletten sind ziemlich heftig. Je nach Packungsgröße kann man bei Propecia mit etwa 1,70€ /Tag und bei Proscar mit etwa 1,50€ /Tablette rechnen. Proscar kann aber,
aufgrund seines höheren Wirkstoffanteils, mit mit Hilfe eines Tablettenteilers (ca. 3 €) gefünftelt werden, weshalb der Preis dann etwa 0,30€ /Tag beträgt. Allerdings schaffen das die
Wenigsten, da das Teilen von Proscar, durch seine kleine, "herzförmige" Form, fast unmöglich ist (vierteln reicht auch).
Wenn Ihr Euch dazu entschließt, eines dieser Mittel einzunehmen, beachtet bitte: Es sind Medikamente und sollten nicht "mal-eben-so" eingenommen werden. Eine kleine sichtbare Wirkung ist frühstens nach etwa 3 Monaten zu erwarten. Setzt Ihr das Medikament irgendwann ab, beginnt das Drama Haaraufall wieder von vorn.
Ein Ausblick in die Zukunft
Neben dem bewährten Finasterid ist auch ein neuer Wirkstoff Dutasterid gefunden, der sich in Deutschland noch im Zuslassungsverfahren befindet, in den USA aber bereits seit 12.2001 in dem Medikament
Avodart im Handel ist.
Die o.g. Reduktaste von Testosteron in DHT geschieht durch zwei verschiedene Enzyme (Typ I und II).
Während Finasterid besonders die Typ II-Reduktase verhindert, verhindert Dutasterid ebenfalls die des
Typ I, deren Enzyme sich vor allem in der Leber und der Kopfhaut befinden. Die DHT-Konzentration wird dabei von Finasterid um 70%, von Dutasterid um 90% gesenkt.
So gut sich das auch anhört darf
man aber nicht vergessen, dass der Hersteller diesen Wirkstoff bisher nicht zur Freigabe bei der Indikation von Haarausfall (was bei Propecia geschehen ist) angemeldet hat und auch noch keine Langzeitstudien
vorliegen.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 31.07. 2015