Mineral

Ein Mineral (aus mittellat. aes minerale "Grubenerz" im 16. Jahrhundert nach französischem Vorbild geprägt; Mehrzahl Minerale oder Mineralien) ist ein natürlich vorkommender Festkörper mit einer definierten chemischen Zusammensetzung und - bis auf wenige Ausnahmen - einer bestimmten physikalischen Kristallstruktur, das durch geologische Prozesse gebildet wurde, egal ob terrestrischer oder extraterrestrischer Herkunft. Aus historischen Gründen wird auch das flüssige Quecksilber von der International Mineralogical Association (IMA) als Mineral anerkannt.

In den amerikanischen Lehrbüchern wird der Begriff Mineral häufig auf kristallisierte Minerale beschränkt, während die nicht-kristallisierten, das heißt amorphen Minerale wie beispielsweise Opal oder gediegen Quecksilber als mineraloids (Mineraloide) bezeichnet werden. Diese Unterscheidung wird im deutschen Sprachraum nicht getroffen.

Die Mehrzahl der heute bekannten rund 4600 Minerale (Stand: 2008) sind anorganisch, doch auch einige organische Substanzen wie beispielsweise Mellit und Evenkit oder die Nierensteinbildner Whewellit und Weddellit sind als Minerale anerkannt, weil sie sich auch natürlich bilden.

Die Lehre von den Mineralen ist die Mineralogie, die von ihrer Verwendung und Bearbeitung die Lithurgik.

Würfelförmige, ineinander verwachsene Pyritkristalle aus Navajún, La Rioja, Spanien

Systematik der Minerale

Unter der Systematik der Minerale versteht man eine nach chemischer Zusammensetzung und Kristallstruktur sortierte Liste aller bekannten Mineralarten.
In der Mineralogie werden zwei grundlegende Systematiken unterschieden: Die überwiegend im deutschsprachigen Raum gebräuchliche Systematik nach Hugo Strunz und die im englischen Sprachraum, vor allem in den Vereinigten Staaten, verwendete Systematik nach James Dwight Dana. Oberflächlich betrachtet, sehen sich beide Systematiken recht ähnlich, da deren erste, grobe Klassifikation, die so genannte „Mineralklasse“, in beiden Systemen der chemischen Zusammensetzung folgt.

Vorkommen

Mit Ausnahme der natürlichen Gläser sind alle Gesteine der Erde und anderer Himmelskörper aus Mineralen aufgebaut. Am häufigsten kommen etwa dreißig Minerale vor, die so genannten Gesteinsbildner. Daneben findet man Minerale auch als Kolloide im Wasser oder als Feinstaub in der Luft. Auch Wasser selbst ist ein Mineral, wenn es in Form von Wassereis vorliegt.

Mineralbildung

Minerale bilden sich durch Kristallisation aus Schmelzen (magmatische Mineralbildung), wässrigen Lösungen (hydrothermale und sedimentäre Mineralbildung) und aus der Luft (Sublimation von Gasen, zum Beispiel an Vulkanen) oder während der Metamorphose durch Festkörperreaktionen aus anderen Mineralen oder natürlichen Gläsern. Primärminerale entstehen zeitgleich mit dem Gestein, dessen Teil sie sind, während sich Sekundärminerale durch eine spätere Veränderung des Gesteins (Metamorphose, hydrothermale Überprägung oder Verwitterung) bilden. Man unterscheidet zwei Phasen der Mineralbildung: Zunächst lagern sich mehrere Atome oder Ionen zusammen und bilden einen Kristallisationskeim. Wenn dieser einen kritischen Keimradius überschreitet, wächst er weiter und es entsteht ein Mineral (Kristallwachstum). Nach zahlreichen Umwandlungsreaktionen mit anderen Mineralen, mit der Luft oder mit dem Wasser kommt es schließlich zur Zerstörung der Minerale durch die Verwitterung. Die Ionen, aus denen das Kristallgitter aufgebaut war, gehen wieder in Lösung oder gelangen bei der Anatexis in eine Gesteinsschmelze (Magma). Schließlich beginnt der Zyklus an einem anderen Ort von vorn.

Eine besondere Form der Mineralbildung aus der Lösung ist die Biomineralisation. Darunter versteht man die Bildung von Mineralen durch Organismen. Folgende Minerale können auf diesem Wege entstehen:

Weitere Formen der Mineralbildung aus der Lösung beziehungsweise durch die Reaktion von Mineralen mit Wasser spielen in der Technischen Mineralogie eine Rolle:

Calcit dient der Neutralisation von Säuren einschließlich Kohlensäure unter Bildung von Wasserhärte, Pyrit wirkt als Reduktionsmittel bei der bakteriellen Elimination von Nitrat durch Denitrifikation, während Tonminerale Neutralisationsreaktionen bei niedrigen pH-Werten und Ionenaustauschreaktionen bewirken können. Bei der Trinkwasseraufbereitung entstehen als Reaktionsprodukte bei der Elimination von Eisen(II)- und Manganionen Goethit und δ-MnO2, Calcit kann bei Enthärtungsreaktionen (Entkarbonisierung) gebildet werden. Bei der Abwasserbehandlung können bei ausreichend hohen Phosphatkonzentrationen in den Abwasserbehandlungsanlagen wasserklare Kristalle von Struvit, einem Ammonium-Magnesiumphosphat, entstehen. Diese können den Querschnitt von Leitungen verengen. Bei der Korrosion von Stahl und Gusseisen im Kontakt mit Wasser können je nach Wasserbeschaffenheit Goethit, Magnetit und Lepidokrokit, bei höherer Karbonathärte auch Siderit, in phosphathaltigen Wässern Vivianit, in sulfathaltigen Wässern Troilit und in schwefelwasserstoffhaltigen Wässern Greigit gebildet werden. Aus Kupfer kann sich Cuprit, Malachit oder Azurit bilden, während aus Blei hauptsächlich Hydrocerussit entsteht.

Kristallographie

Frei kristallisierte Minerale zeigen äußerlich eine geometrische Form mit definierten natürlichen Flächen, die in feststehenden Winkelverhältnissen zueinander stehen, je nach dem spezifischen Kristallsystem, dem das Mineral zugeordnet ist. Dies wird auch als Gesetz der Winkelkonstanz (Nicolaus Steno, 1638-1686) bezeichnet. Die symmetrische Anordnung der Flächen ist Ausdruck der inneren Struktur eines kristallinen Minerals: Es zeigt eine wohlgeordnete Atomstruktur, die durch vielfach wiederholte Aneinanderreihung so genannter Elementarzellen entsteht, die die kleinste Struktureinheit des Minerals ausmachen. Man unterscheidet aufgrund der inneren Symmetrie sechs bis sieben Kristallsysteme, nämlich das kubische, das hexagonale, das trigonale, das tetragonale, das orthorhombische, das monokline und das trikline System. Das hexagonale und das trigonale System werden von manchen Mineralogen gelegentlich zusammengefasst. Zwei oder mehr Mineralindividuen, die in einer bestimmten kristallographischen Orientierung miteinander verwachsen sind, bezeichnet man als Zwillinge. Sie entstehen beim Wachstum oder bei der Deformation des Gesteins. Vielfachzwillinge bilden oft so genannte Zwillingslamellen, die nicht mit den Entmischungslamellen verwechselt werden dürfen, die entstehen, wenn ein Mischkristall bei der Abkühlung thermodynamisch instabil wird und sich Präzipitate bilden.

Eigenschaften

Optische Eigenschaften

Bestimmung mit bloßem Auge:

Bestimmung mit der Polarisationsmikroskopie in Durchlicht:


Bestimmung mit der Polarisationsmikroskopie im Auflicht (Erzmikroskopie):


Bestimmung mit speziellen Mikroskopen:

Mechanische Eigenschaften

Magnetische Eigenschaften

Elektrische Eigenschaften

Chemische Eigenschaften

Geruchseigenschaften

Schwefelhaltige Minerale lassen sich oft am Geruch erkennen, der beim Anschlagen entsteht.

Geschmackseigenschaften

Die Unterscheidung von Halit und Sylvin erfolgt traditionell dadurch, dass letzterer bitter schmeckt.

Sonstige Eigenschaften

Bedeutung

Petrologische Bedeutung

Jedes Mineral ist nur unter bestimmten Druck-Temperatur-Bedingungen thermodynamisch stabil. Außerhalb seines Stabilitätsbereiches wandelt es sich mit der Zeit in die dort stabile Modifikation um. Einige Phasenumwandlungen erfolgen schlagartig beim Verlassen des Stabilitätsfeldes (zum Beispiel Hochquarz-Tiefquarz), andere sind kinetisch gehemmt und dauern millionen Jahre. Teilweise ist die Aktivierungsenergie sogar so hoch, dass die thermodynamisch instabile Modifikation als metastabile Phase erhalten bleibt (zum Beispiel Diamant-Graphit). Diese Hemmung der Reaktion führt zu einem "Einfrieren" des thermodynamischen Gleichgewichts, das zu einem früheren Zeitpunkt herrschte. Daher liefert der Mineralbestand eines Gesteins Informationen über die Bildung und Entwicklungsgeschichte eines Gesteins und trägt damit zur Kenntnis des Ursprungs und der Entwicklung des Planeten Erde bei.

Lagerstättenkundliche Bedeutung

Mineralische Rohstoffe werden in Energierohstoffe, Eigenschaftsrohstoffe und Elementrohstoffe unterteilt. Energierohstoffe sind zum Beispiel die Minerale Uraninit und Thorit als Kernbrennstoffe. Eigenschaftsrohstoffe werden ohne chemische Zerlegung in der Technik verwendet, darunter fallen zum Beispiel Quarz für die Glas- und Tonminerale für die keramische Industrie. Elementrohstoffe werden mit dem Ziel abgebaut, ein bestimmtes chemisches Element zu gewinnen. Handelt es sich dabei um ein Metall, so spricht man von einem Erz. Eine Anreicherung von Rohstoffen bezeichnet man als Lagerstätte. Ob eine gegebenes Vorkommen kommerziell ausgebeutet werden kann, hängt von den Abbau- und Aufbereitungskosten und dem Marktwert des enthaltenen Metalls ab — während der Eisenanteil von Mineralen bei bis zu 50 % liegen muss, um einen finanziellen Gewinn zu erzielen, reichte im Jahr 2003 bei dem wesentlich wertvolleren Platin bereits ein Anteil von 0,00001 % dazu aus. Neben der Gliederung nach der Verwendung des Rohstoffs ist auch eine Klassifizierung nach der Entstehung üblich. Sedimentäre Lagerstätten, wie zum Beispiel die so genannten gebänderten Eisenerzformationen, bildeten sich durch Fällungsreaktionen bei Änderung von pH-Wert, Druck und Temperatur oder durch den Einfluss von Bakterien oder durch Verwitterungsprozesse und den Transport von Mineralen aus ihrem ursprünglichen Entstehungsgebiet und ihre Ablagerung als (Seifen), zum Beispiel von Seifengold, am Grund von Flüssen, Seen oder flachen Meeren. Hydrothermale Lagerstätten bilden sich, indem Oberflächen- oder Tiefenwässer bestimmte Elemente aus den umgebenden Gesteinen lösen und diese an anderer Stelle ablagern oder aus Restfluiden nach der Erstarrung eines Magmas. Magmatische Lagerstätten entstehen durch die Kristallisation eines Magmas. Ein Beispiel sind viele Platin- und Chromit-Lagerstätten. Metamorphe Lagerstätten entstehen erst durch die Umwandlung von Gesteinen, zum Beispiel Marmor-Lagerstätten.

Gemmologische Bedeutung

Diamanten im Brillantschliff

Einige Minerale finden als Schmuck Verwendung. Wenn sie transparent sind und ihre Härte größer als 7 ist, bezeichnet man sie als Edelsteine, andernfalls als Schmucksteine. 95 Prozent des weltweiten Umsatzes auf diesem Markt wird mit Diamanten erzielt, der Rest fast überwiegend mit Saphiren, Smaragden, Rubinen und Turmalinen. Um die durch Farbe und Glanz beeinflusste Schönheit eines Schmucksteins zur Geltung zu bringen, muss er geschliffen und poliert werden. Dazu existieren zahlreiche verschiedene Schliffformen: Durchsichtige oder durchscheinende Varietäten werden in der Regel mit Facettenschliffen versehen, bei denen meist in festen Winkelbeziehungen zueinanderstehende Flächen, die so genannten Facetten, die Lichtreflexion maximieren. Undurchsichtige Minerale erhalten hingegen glatte, einflächige Schliffe. Der Asterismuseffekt eines Sternsaphirs beispielsweise lässt sich nur durch den so genannten Cabochonschliff erzielen. Das Feuer eines im Brillantschliff geschliffenen Diamanten hängt in der Hauptsache von der Einhaltung bestimmter Winkelverhältnisse der einzelnen Facetten ab und entsteht durch die Aufspaltung des weißen Lichtes in die einzelnen sichtbaren Farben (Dispersion).

Sonstige Bedeutung

Mineralogische Sammlung der FSU Jena

Einige Minerale finden auch als Mittel zur Körperpflege Verwendung, wie beispielsweise das Tonmineral Lavaerde, das bereits seit der Antike als Körper- und Haarreinigungsmittel verwendet wird. Andere Minerale, wie zum Beispiel Talk, dienen ebenso als Rohstoff in der bildenden Kunst wie auch medizinischen Zwecken (Pleurodese, Gleitmittel bei der Tablettenherstellung).

In vielen alten Kulturen, aber auch in der modernen Esoterik schrieb und schreibt man bestimmten Mineralen gewissen Schutz- und Heilwirkungen zu. Beispielsweise galt bereits im Alten Ägypten der Karneol aufgrund seiner an Blut erinnernden Farbe als "Lebensstein" und spielte bei Bestattungsritualen wie auch als Schutz- und Schmuckstein der Pharaonen eine entsprechende Rolle. Legendär sind auch die angeblichen Heil- und Schutzkräfte des Bernsteins, die schon von Thales von Milet und Hildegard von Bingen beschrieben wurden.

Aber auch ohne besondere Bedeutung kann ein Mineral eine gewisse Bedeutung als Sammelobjekt entweder in wissenschaftlichen Mineralsammlungen zur Darstellung des Mineralbestands eines Fundortes (Typmaterial), aber auch für private Hobbysammler, die sich auf Fundortsammlungen oder verschiedene systematische Sammlungen spezialisiert haben. Aufgrund der Seltenheit vieler Minerale, die zudem oft nur in sehr kleinen Proben zu erhalten sind, nehmen Privatsammler mit Spezialisierung auf systematische Sammlungen aus Platz- und Kostengründen gerne auch Micromounts in ihre Sammlung auf.

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Basierend auf einem Artikel in Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 29.03. 2024