Polykristall
Ein Polykristall (auch Multikristall oder seltener Vielkristall) ist ein kristalliner Festkörper, der aus vielen kleinen Einzelkristallen (Kristalliten) besteht, die durch Korngrenzen voneinander getrennt werden. Die einzelnen Kristallite können sehr unterschiedliche Größen haben. Im Allgemeinen werden Kristalle mit Kristallitgrößen im Größenbereich Mikrometer bis Zentimeter als polykristallin bezeichnet.
Abgrenzung
Stoffe mit kleinen Kristalliten werden häufig als mikrokristallin oder (selten) als nanokristallin bezeichnet. Ein Kristall, dessen Bausteine ein durchgehendes einheitliches, homogenes Kristallgitter bilden, wird Einkristall oder Monokristall genannt.
Die meisten kristallinen Festkörper in der Natur sind polykristallin. Die polykristalline Struktur wird daher oft nicht erwähnt, sondern als Normalfall angenommen. Es gibt aber auch Stoffe, die als Einkristalle entstehen: Beispielsweise haben Diamanten eine fast perfekt monokristalline Form.
Verwendung
Da Metalle in der Regel zu Polykristallen erstarren, haben – von wenigen Ausnahmen abgesehen (Turbinenschaufeln werden teilweise aus Einkristallen hergestellt) – Strukturwerkstoffe wie Stahl, Aluminium und Titan eine polykristalline Struktur. Aus diesem Grund haben metallische Werkstoffe mit zufälliger Textur trotz der Kristallanisotropie, isotrope Eigenschaften. In der Technik werden Polykristalle des Weiteren für Solarzellen verwendet (polykristallines Silicium). Sie sind in der Regel kostengünstiger herzustellen als Solarzellen aus monokristallinem Silicium, das auch zur Herstellung von Microchips eingesetzt wird. Polykristalline Solarzellen zeigen jedoch einen geringeren Wirkungsgrad.
Künstliche polykristalline Diamanten werden in der Holz-, Kunststoff- und Nichteisenmetall-Bearbeitung als Schneidwerkzeuge eingesetzt.
Elastische Eigenschaften
Im Falle der statistischen Gleichverteilung aller räumlichen Orientierungen der an sich einkristallinen und elastisch anisotropen Körner werden dem Polykristall nach außen hin elastisch isotrope Festkörpereigenschaften wie Elastizitäts-, Schub- und Kompressionsmodul verliehen. Werden jene Module nun aus gemessenen Daten der zugehörigen Einkristalle berechnet, haben sich dafür zwei Grenzfälle der statistischen Mittelung herausgebildet:
- Bei Annahme einer einheitlichen Deformation aller Körner des Polykristalls ergeben sich unterschiedliche Spannungen aufgrund der Orientierungsabhängigkeit der Komponenten des Elastizitätstensors (engl.: stiffness tensor), so dass über letztere gemittelt wird
- Bei Annahme einer einheitlichen Spannung aller Körner werden sich dafür unterschiedliche Deformationen ergeben, so dass über die elastischen Koeffizienten (engl.: compliance tensor) gemittelt wird
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 05.12. 2023