Nitromethan

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP), ggf. erweitert
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol
Achtung
H- und P-Sätze H:
  • Flüssigkeit und Dampf entzündbar.
  • Gesundheitsschädlich bei Verschlucken oder Einatmen.
  • Kann vermutlich Krebs erzeugen (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht).
  • Kann vermutlich das Kind im Mutterleib schädigen.
P:
  • Von Hitze, heißen Oberflächen, Funken, offenen Flammen und anderen Zündquellen fernhalten. Nicht rauchen.
  • Bei Exposition oder falls betroffen: Ärztlichen Rat Einholen / ärztliche Hilfe hinzuziehen.
MAK Schweiz: 100 ml/m3 bzw. 250 mg/m3
Toxikologische Daten 940 mg/kg (LD50Ratteoral)

Nitromethan, CH3NO2, ist die einfachste organische Nitroverbindung. Die Verbindung ist der einfachsubstituierte Vertreter der Reihe der Nitromethane mit Nitromethan, Dinitromethan, Trinitromethan und Tetranitromethan. Es ist ein Nitroalkan und ein Konstitutionsisomer der Carbamidsäure.

Darstellung und Gewinnung

Im Labor liefert die Reaktion von Natriumchloracetat mit Natriumnitrit oder von Brommethan mit Silbernitrit Nitromethan. Die technische Gewinnung erfolgt durch die Nitrierung von Methan bzw. durch eine Gasphasennitrierung von Propan, wo es mit etwa 25 % im resultierenden Nitroalkangemisch enthalten ist.

Eigenschaften

Nitromethan ist eine farblose, schwach riechende, leicht entzündliche Flüssigkeit mit einem Schmelzpunkt von −29 °C und Normaldrucksiedepunkt von 100,8 °C. Nitromethan ist in Wasser nur begrenzt mischbar. Mit steigender Temperatur steigt die Löslichkeit von Nitromethan in Wasser bzw. steigt die Löslichkeit von Wasser in Nitromethan.

Löslichkeiten zwischen Nitromethan und Wasser
Temperatur °C 0 9,5 19,7 31,0 40,4 50,0 60,5 70,5 80,2 89,8
Nitromethan in Wasser in Ma-% 9,0 9,7 10,4 11,7 12,8 14,8 15,1 17,1 19,6 20,8
Wasser in Nitromethan in Ma-% 1,10 1,44 1,91 2,50 3,65 5,8 6,13 7,92 8,18 10,42

Das 1H-NMR-Spektrum zeigt nur ein einziges Signal bei 4,28 ppm für die C-H-Funktion. Dies ist eine signifikante Verschiebung gegenüber dem Methan mit 0,23 ppm. Für die Verbindung können zwei tautomere Strukturen formuliert werden. Neben dem Nitrotautomer existiert noch ein Nitronsäuretautomer. Das Gleichgewicht liegt allerdings praktisch auf der Seite des Nitrotautomers. Quantenchemische Berechnungen ergeben eine Differenz der freien Enthalpie von 59,8 kJ/mol zur Nitronsäurestruktur. Die Salzbildung in Gegenwart von Alkalilaugen, wie Natronlauge führt zu den entsprechenden Nitronsäuresalzen.

Nitromethane tautomerism.svg

Die Dämpfe wirken auf das Zentralnervensystem, längere Exposition oder Verschlucken führen zu Leber- und Nierenschäden.

Thermodynamische Eigenschaften

Die Dampfdruckfunktion ergibt sich nach Antoine entsprechend log10(P) = A−(B/(T+C)) (P in bar, T in K) mit A = 4,11350, B = 1229,574 und C = −76,221 im Temperaturbereich von 404,9 bis 476 K bzw. mit A = 4,40542, B = 1446,196 und C = −45,633 im Temperaturbereich von 328,86 bis 409,5 K.

Zusammenstellung der wichtigsten thermodynamischen Eigenschaften
Eigenschaft Typ Wert [Einheit] Bemerkungen
Standardbildungsenthalpie ΔfH0liquid
ΔfH0gas
−113 kJ/mol
−81 kJ/mol
als Flüssigkeit
als Gas
Verbrennungsenthalpie ΔcH0liquid −709,6 kJ/mol als Flüssigkeit
Wärmekapazität cp 105,98 J·mol−1·K−1 (25 °C) als Flüssigkeit
Kritische Temperatur Tc 588 K  
Kritischer Druck pc 63,1 bar  
Kritische Dichte ρc 5,77 mol/l  
Schmelzenthalpie ΔfH0 9,703 kJ/mol beim Schmelzpunkt
Verdampfungsenthalpie ΔVH0 33,99 kJ/mol beim Normaldrucksiedepunkt
Strukturformel
Struktur von Nitromethan
Allgemeines
Name Nitromethan
Andere Namen Nitrocarbol
Summenformel CH3NO2
CAS-Nummer Extern 75-52-5
EG-Nummer 200-876-6
ECHA-InfoCard Extern 100.000.797
PubChem Extern 6375
UN-Nummer 1261
Gefahrnummer 3
Kurzbeschreibung farblose Flüssigkeit mit fruchtigem Geruch
Ottokraftstoff für Renn- und Hochleistungsmotoren
Eigenschaften
Molare Masse 61,04 g/mol
Aggregatzustand flüssig
Dichte 1,14 g/cm3
Schmelzpunkt −29 °C
Siedepunkt 100,8 °C
Dampfdruck 36,4 hPa (20 °C)
pKs-Wert 10,2
Löslichkeit
Dipolmoment 3,1 D
Brechungsindex 1,38056
Eigenschaften
Aggregatzustand flüssig
Heizwert 11,3 MJ/kg
Flammpunkt 36 °C
Zündtemperatur 415 °C
Explosionsgrenze 7,1–63 Vol.-%
Temperaturklasse T2
Explosionsklasse IIA

Die Temperaturabhängigkeit der Verdampfungsenthalpie lässt sich entsprechend der Gleichung ΔVH0=Aexp(−βTr)(1−Tr)βVH0 in kJ/mol, Tr =(T/Tc) reduzierte Temperatur) mit A = 53,33 kJ/mol, β = 0,2732 und Tc = 588 K im Temperaturbereich zwischen 318 K und 374 K beschreiben.

Dampfdruck von Nitromethan, aufgetragen über der Temperatur
Verdampfungswärme von Nitromethan, aufgetragen über der Temperatur
 

Sicherheitstechnische Kenngrößen

Nitromethan bildet leicht entzündliche Dampf-Luft-Gemische. Die Verbindung hat einen Flammpunkt von 36 °C. Der Explosionsbereich liegt zwischen 7,3 Vol.‑% (180 g/m3) als untere Explosionsgrenze (UEG) und 63 Vol.‑% (1600 g/m3) als obere Explosionsgrenze (OEG). Eine Korrelation der Explosionsgrenzen mit der Dampfdruckfunktion ergibt einen unteren Explosionspunkt von 33 °C sowie einen oberen Explosionspunkt von 86 °C. Die Grenzspaltweite wurde mit 1,11 mm bestimmt. Es resultiert damit eine Zuordnung in die Explosionsgruppe IIA. Die Zündtemperatur beträgt 415 °C. Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T2.

Bei der Handhabung sind Sicherheitsregeln zu beachten, da Nitromethan detonationsfähig ist. Zwar ist die mechanische Empfindlichkeit sehr gering, im unreinen Zustand oder als Mischung mit anderen Stoffen, zum Beispiel Aminen, kann jedoch die Empfindlichkeit erhöht sein. Wichtige Explosionskennzahlen sind:

Gemische von Nitromethan mit Methanol sind ebenfalls detonationsfähig. Die Detonationsgeschwindigkeit sinkt mit zunehmenden Methanolanteil linear ab und sinkt bei einem Anteil von 35 % Methanol auf 5.08 km/s.

Detonationsgeschwindigkeit von Nitromethan-Methanol-Mischungen, aufgetragen über dem Massenanteil
 

Verwendung

Nitromethan wird als Lösungsmittel für die Spektroskopie und Hochleistungsflüssigkeitschromatographie, zur Herstellung von Raketentreibstoffen, Explosivstoffen (PLX, ANNM), Insektiziden und als Zusatz für Ottokraftstoffe verwendet.

In der organischen Chemie ist es ein nützliches Reagenz, da es sich leicht deprotonieren lässt und in dieser Form Reaktionen wie etwa die Nitro-Aldolreaktion, auch Henry-Reaktion genannt, eingeht, durch die sich leicht aliphatische Nitroverbindungen herstellen lassen.

Die Verwendung als Rennkraftstoff ist sowohl historisch als auch aktuell die wichtigste Verwendung.

Historische Verwendung

Erste belegte Anwendung als leistungssteigerndes Kraftstoffadditiv für Verbrennungsmotoren findet Nitromethan 1950, als Rodger Ward, ein US-amerikanischer Rennfahrer, eine Reihe überraschender Rennsiege erringt. Vic Edelbrock, zuständig für das Motorentuning, hatte in Versuchsreihen mit unterschiedlichen Nitromethananteilen im Benzin eine erhebliche Leistungssteigerung erzielt. Allerdings benötigten die Motoren noch langwierige Anpassungen, um mit diesem Kraftstoff Renndistanz zu überstehen.

Heutige Verwendung

Beim Modellbau werden für RC-Cars und Flugmodelle meist Glühzündermotoren mit Methanol/Nitromethan-Gemisch eingesetzt. Nitromethan verbessert die Leistung der Modellbaumotoren, wirkt sich aber gleichzeitig auch kühlend aus, wobei die Kühlung des Motors schwächer ist als die Erhitzung durch die Leistungssteigerung.

Im Motorsport wird ein Gemisch aus Methanol mit bis zu 85 % Nitromethan für die Top-Fuel-Dragster-Fahrzeugklasse als Treibstoff verwendet. Es kommen dabei PKW-Ottomotoren zum Einsatz, wobei der Aufwand für die Modifikation vergleichsweise gering ist. Weitergehende Umstellungen der Kennlinie, wie etwa bei reiner Methanol-Feuerung, sind hier nicht erforderlich.
Mit reinem Nitromethan ist etwa die doppelte Leistung eines mit Benzin betriebenen Motors möglich, mit entsprechend höherer thermischer und mechanischer Belastung.

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Basierend auf einem Artikel in: Extern Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung:  Jena, den: 15.10. 2024