Ergodentheorie

Die Ergodentheorie ist ein Teilgebiet der Mathematik, das sowohl der Maßtheorie und Stochastik als auch der Theorie dynamischer Systeme zugeordnet wird. Die Ursprünge der Ergodentheorie liegen in der statistischen Physik. Der Name leitet sich von griechischen έργον (Werk) und όδος (Weg) ab. Einzelheiten des physikalischen Begriffs siehe Ergodizität.

Vorbereitungen

Beispiel einer (Lebesgue-) maßerhaltenden Abbildung: T\colon [0,1)\rightarrow [0,1) mit x \mapsto 2x \mod 1

Man nennt zu einem Wahrscheinlichkeitsraum (\Omega, \mathcal A, P) eine messbare Abbildung T maßerhaltend, falls das Bildmaß von P unter T wieder P ist, d.h. P(T^{{-1}}(A))=P(A) für alle Mengen A aus der σ-Algebra \mathcal A. Entsprechend heißt das 4-Tupel {\displaystyle (\Omega ,{\mathcal {A}},P,T)} maßerhaltendes dynamisches System.

Eine Menge A heißt außerdem T-invariant, falls sie mit ihrem Urbild übereinstimmt, wenn also T^{{-1}}(A)=A gilt. Das Mengensystem aller T-invarianten Mengen \mathcal I bildet hierbei eine σ-Algebra. Analog dazu heißt eine Menge B quasi-invariant, falls die symmetrische Differenz der Menge mit ihrem Urbild bezüglich des Wahrscheinlichkeitsmaßes P eine Nullmenge bildet, also wenn gilt {\displaystyle P(B\triangle T^{-1}(B))=0}.

Definition

Eine maßerhaltende Transformation heißt nun ergodisch, falls für alle T-invarianten Mengen A gilt, dass P(A)\in \{0;1\}. Die Mengen bilden also eine P-triviale σ-Algebra. Das 4-Tupel {\displaystyle (\Omega ,{\mathcal {A}},P,T)} bestehend aus Wahrscheinlichkeitsraum (\Omega, \mathcal A, P) und ergodischer maßerhaltender Abbildung T heißt dementsprechend ergodisches dynamisches System.

Neben dieser Definition gibt es eine Reihe äquivalenter Charakterisierungen. Falls {\displaystyle (\Omega ,{\mathcal {A}},P,T)} ein maßerhaltendes dynamisches System ist, dann sind folgende Aussagen äquivalent:

Anwendungen

Mathematisch gesehen stellt der Birkhoffsche Ergodensatz für ergodische Maßtransformationen eine Variante des Starken Gesetzes der großen Zahlen dar. Dabei können durchaus auch abhängige Zufallsvariablen betrachtet werden. Dasselbe gilt für den Lp-Ergodensatz.

Beispiele ergodischer Abbildungen

Rotation auf dem Einheitskreis

Betrachte das System {\displaystyle (\Omega ,{\mathcal {A}},P,T)} bestehend aus der Menge {\displaystyle \Omega =\mathbb {R} /\mathbb {Z} }, der Borel-σ-Algebra {\displaystyle {\mathcal {A}}={\mathcal {B}}(\Omega )}, dem Lebesguemaß {\displaystyle P=\lambda } und der Abbildung {\displaystyle T:\Omega \to \Omega ,\;x\mapsto x+\alpha {\bmod {1}}}. Dieses System ist für alle \alpha\in\mathbb{R} maßerhaltend. Es ist zudem genau dann ergodisch, wenn \alpha nicht rational ist, sprich wenn gilt {\displaystyle \alpha \in \mathbb {R} \setminus \mathbb {Q} }.

Bernoulli-Shift

Auch beim Bernoulli-Shift handelt es sich um eine ergodische Abbildung: Betrachte den Grundraum der {\displaystyle 0}-1-Folgen {\displaystyle \Omega =\{0,1\}^{\mathbb {N} }} mit zugehöriger Produkt-σ-Algebra \mathcal A und zugehörigem unendlichen Produktmaß P definiert durch {\displaystyle P_{i}(\{0\})=P_{i}(\{1\})={\frac {1}{2}}}. Bei der Bernoulli-Abbildung T handelt es sich um dem Linksshift auf dem Grundraum \Omega , das heißt T ist definiert als

{\displaystyle T:\{0,1\}^{\mathbb {N} }\to \{0,1\}^{\mathbb {N} },\;T(x)_{n}:=x_{n+1}}

Dann ist das 4-Tupel {\displaystyle (\{0,1\}^{\mathbb {N} },{\mathcal {A}},P,T)} ein ergodisches dynamisches System.

Gauß-Abbildung

Sei der Grundraum {\displaystyle \Omega =[0,1]} und {\displaystyle {\mathcal {A}}={\mathcal {B}}([0,1])} die entsprechende Borelsche σ-Algebra. Definiere die Gauß-Abbildung T durch

{\displaystyle T:[0,1]\to [0,1],\;T(x):={\begin{cases}{\tfrac {1}{x}}{\bmod {1}}&x\neq 0\\0&x=0\end{cases}}}

Falls nun als Maß das Gaußmaß {\displaystyle {\text{v}}(A):={\tfrac {1}{\ln(2)}}\int _{A}\,{\tfrac {1}{1+x}}\,\mathrm {d} \lambda (x)}, {\displaystyle A\in {\mathcal {B}}([0,1])}, gewählt wird, so handelt es sich bei {\displaystyle ([0,1],{\mathcal {B}}([0,1]),T,v)} um ein ergodisches dynamisches System.

Siehe auch

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Datum der letzten Änderung:  Jena, den: 22.02. 2021