Carotine

Strukturen der Carotine
α-Carotin
α-Carotin (CAS-Nummer: 7488-99-5, PubChem 6419725)
β-Carotin
β-Carotin (CAS-Nummer: 7235-40-7, PubChem 5280489)
γ-Carotin
γ-Carotin (CAS-Nummer: 472-93-5, PubChem 5280791)
δ-Carotin
δ-Carotin (CAS-Nummer: 472-92-4, PubChem 5281230)
Lycopin
Lycopin (CAS-Nummer: 502-65-8, PubChem 446925)

Carotine (Plural zu Carotin, von lateinisch carota: „Karotte“) sind zu den Terpenen gehörige rotgelbe Naturfarbstoffe mit der Summenformel C40H56, die in vielen Pflanzen vorkommen, besonders in den farbigen Früchten, Wurzeln und Blättern. Sie zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen. Chemisch handelt es sich dabei um Tetraterpene, bei denen ein bis zwei Jonon-Ringe durch eine Kohlenstoffkette mit neun Doppelbindungen verbunden sind. Deutlich abgegrenzt werden sie von den Xanthophyllen, die neben Kohlenstoff und Wasserstoff auch Sauerstoff enthalten.

Die Carotine sind unpolar und deswegen fettlöslich, weshalb sie im menschlichen Organismus nur zusammen mit zumindest einer geringen Menge Fett verwertet werden können. Carotine treten in vielen Varianten auf – über 600 sind bis heute bekannt. Allen gemeinsam ist eine ähnliche Grundstruktur bei unterschiedlichen Endgruppen.

Das bekannteste Carotin ist β-Carotin. Von ihm leitet sich der Name der gesamten Gruppe der Carotine ab. Es ist die wichtigste Vorstufe von Vitamin A in Lebensmitteln und wird deswegen auch als Provitamin A bezeichnet. Neben β-Carotin können auch α- und γ-Carotin und β-Cryptoxanthin in Vitamin A umgewandelt werden. Die einzelnen Ausprägungen, wie etwa β-Carotin, haben jedoch auch von Vitamin A unabhängige Wirkungen.

In Pflanzen haben Carotine eine Funktion bei der Photosynthese und schützen vor den schädlichen Auswirkungen der UV-Strahlen. In den Wurzeln von Pflanzen gebildet, übernehmen sie dort den Schutz vor Infektionen.

Der Mensch nimmt mit seiner Nahrung in größeren Mengen α- und β-Carotin, α- und β-Cryptoxanthin und Lycopin auf. Die Funktionen und Wirkungen der Carotine im menschlichen Körper werden mehr und mehr bekannt, sind aber auch leicht umstritten. So lassen etwa neuere Studien Zweifel an der krebshemmenden Wirkung aufkommen. Eine generell zellschützende Wirkung als Antioxidantien kann ihnen aber mit Sicherheit zugeschrieben werden.

Die IUPAC empfiehlt eine abweichende Nomenklatur der Carotine. So wird das Carotin entsprechend den Endgruppen benannt und mit β, ε (enthalten Jononringe) und ψ (offenkettig) gekennzeichnet. α-Carotin ist somit β,ε-Carotin, β-Carotin ist β,β-Carotin und γ-Carotin ist nach IUPAC-konformer Nomenklatur β,ψ-Carotin.

Natürliches Vorkommen

Tomate (Solanum lycopersicum)
Grünkohl
Karotten

α-Carotin (Alpha-Carotin) ist mit β-Carotin der Farbstoff der Karotte und mit Lycopin das Rot der Tomate. Auch die gelben bis roten Farbstoffe in Spinat, Salat, Orangen, Bohnen, Broccoli und Paprika sind Carotine.

β-Carotin (Beta-Carotin, INN: Betacaroten) ist die wichtigste Vorstufe von Retinol (Vitamin A) und wird deshalb auch als Provitamin A bezeichnet.

Die besten Quellen von Beta-Carotin sind Grünkohl, tiefgelbe bis orange Früchte und Gemüse, aber auch dunkelgrüne Gemüsesorten. Grünkohl hat mit 8,68 mg β-Carotin/100 g den höchsten Gehalt an Beta-Carotin von allen Lebensmitteln. Beispiele:

Analytik

Zur zuverlässigen qualitativen und quantitativen Bestimmung der Carotine in humanen Blut-/Plasmaproben eignet sich nach angemessener Probenvorbereitung die Kopplung der HPLC mit der Massenspektrometrie. Die analytische Technik eignet sich ebenfalls nach spezifischer Probenvorbereitung zur Bestimmung der Carotine in pflanzlichem Material. Auch zur Analytik von Ölen ist die Methodik einsetzbar.

Verwendung als Lebensmittelfarbstoff

Aus Pflanzen extrahiertes oder synthetisch hergestelltes Beta-Carotin wird als Lebensmittelfarbstoff (E 160a) sowie als Beigabe zu Vitaminpräparaten verwendet. Beta-Carotin wird vielen Lebensmitteln wie zum Beispiel Butter, Margarinen, Süßwaren, Molkereiprodukten und Limonaden in teilweise sehr hohen Mengen zugesetzt, um dem Verbraucher das von ihm erwartete Bild der Ware (Farbe) zu bieten. Ansonsten wären beispielsweise Margarinen mehr oder weniger weiß bis hellgrau.

Resorption im menschlichen Darm

Die Aufnahme von β-Carotin ist schlechter als von Vitamin A. Es muss etwa sechsmal so viel β-Carotin aufgenommen werden, um dem Körper die gleiche Menge Vitamin A zur Verfügung zu stellen. Die beiden Stoffe sind frei kombinierbar. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für gesunde Erwachsene eine tägliche Zufuhr von 0,8 bis 1,1 mg Vitamin A.

Gesundheitliche Aspekte

Anders als bei Vitamin A kann es beim Menschen nach übermäßiger Zufuhr von Carotinen mit Provitamin-A-Aktivität nicht zu einer Hypervitaminose kommen. Dies liegt an der geringeren Resorptionsrate für Carotine (20–35 % für β-Carotin) sowie an der begrenzten Kapazität zur Umwandlung in Vitamin A. Die enzymatisch gesteuerte Konversion zu Vitamin A hängt von der Höhe der β-Carotin- und Proteinzufuhr, der Vitamin-E-Versorgung und der gleichzeitigen Fettzufuhr ab. Auch der Vitamin-A-Status spielt eine große Rolle: Je besser die Vitamin-A-Versorgung, desto geringer die Enzymaktivität.

Der Mensch transportiert einen Großteil aufgenommener Carotinoide in unveränderter Form, während die Ratte Carotinoide nahezu vollständig konvertiert. Carotinoide finden sich in verschiedenen Organen des Menschen. Die höchsten Konzentrationen lassen sich in der Leber, der Nebenniere, den Hoden und dem Gelbkörper feststellen. Niere, Lunge, Muskeln, Herz, Gehirn oder Haut weisen dagegen geringere Carotinoidspiegel auf.

Ein Überschuss an Carotinoiden als Folge der langandauernden, übermäßigen Zufuhr macht sich beim Menschen optisch als Gelbfärbung der Haut bemerkbar („Carotinodermie“, „Karottenikterus“, Carotinämie). Betroffen sind zunächst der Bereich der Nasolabialfalten, die Palmarseite der Hände und die Fußsohlen. Die Gelbfärbung geht zurück, wenn die Überversorgung eingestellt wird.

Teratogene Effekte des β-Carotin sind nicht bekannt. Sogar hohe supplementierte Tagesdosen (20–30 mg) oder eine besonders carotinreiche Ernährung über lange Zeiträume sind nicht mit einer Toxizität verbunden.

Allerdings steht die mehrjährige Supplementierung von β-Carotin im Verdacht, bei Rauchern und Trinkern das Inzidenzrisiko für Lungenkrebs und Darmkrebs zu erhöhen. So wurde in einer australischen Studie im Journal of the National Cancer Institute vom 21. Mai 2003, die den Effekt als Sonnenschutzmittel untersuchen wollte, bei Rauchern und Personen, die regelmäßig mehr als ein alkoholisches Getränk pro Tag zu sich nahmen, eine doppelte Anzahl von Adenomen des Dickdarms – den Vorstufen von Darmkrebs – gefunden. Bei Nichtrauchern und Nichttrinkern reduzierte sich stattdessen deren Auftreten um 44 %. Die American Cancer Society verlangt Warnschilder auf β-Carotin-haltigen Waren, um Raucher auf ein möglicherweise gesteigertes Lungenkrebsrisiko hinzuweisen.

Verordnungen des Bundesinstituts für Arzneimittel, die seit Mai 2006 in Kraft sind, berücksichtigen nur zum Teil die Ergebnisse und naheliegenden Schlussfolgerungen aus obiger Studie. Seit diesem Zeitpunkt müssen alle Medikamente, die β-Carotin enthalten, eine Warnung aufweisen, dass sie ein erhöhtes Risiko für Raucher beinhalten, an Lungenkrebs zu erkranken. Auch dürfen Medikamente mit mehr als 20 mg β-Carotin nicht mehr an Raucher verschrieben werden. Durch die Studien kann keine Aussage darüber getroffen werden, ob durch den Konsum von naturbelassenen Lebensmitteln mit natürlichem Carotingehalt eine Gefahr bestehen könnte; allerdings ist der Anteil von β-Carotin in naturbelassenen Lebensmitteln und Säften oftmals merklich geringer als in künstlich damit angereicherten.

Im Rahmen der sogenannten CARET-Studie wurde in den 1990er Jahren der Effekt einer Supplementierung von täglich 30 mg β-Carotin in Kombination mit 25.000 I.E. Retinylpalmitat auf das Inzidenzrisiko für verschiedene Krebserkrankungen sowie die Mortalität untersucht. Es nahmen 18314 Personen teil, deren Inzidenzrisiko für Lungenkrebs erhöht war, weil sie entweder eine langjährige Raucherkarriere hinter sich hatten oder Asbeststaub ausgesetzt waren. Die Forscher fanden als mutmaßliche Supplementierungsfolge neben der weiteren Risikoerhöhung für Lungenkrebs auch eine erhöhte Sterblichkeit wegen Herz-Kreislauf-Erkrankung.

Historisches

Carotin wurde zuerst von Ferdinand Wackenroder entdeckt, der es aus Karotten isolierte. William Christopher Zeise erkannte, dass es sich um einen Kohlenwasserstoff handelt. Paul Karrer, der 1937 für seine Untersuchungen an Carotinoiden, Flavinen und Vitaminen den Nobelpreis für Chemie erhielt, hatte 1930 die korrekte Konstitutionsformel des beta-Carotins aufgestellt. Zur Strukturaufklärung nutzte er Abbaureaktionen mit Ozon, Kaliumpermanganat oder Chromsäure. Die genaue Anordnung der Atome von β-Carotin wurde mit Hilfe der Röntgenstrukturanalyse bestimmt und 1964 bekanntgegeben.

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Basierend auf einem Artikel in: Extern Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 15.10. 2024