Die Gonaden funktionieren gar nicht oder nicht vollständig. Die Ursache liegt in einer Störung bei der Entstehung der Gonade (Störungen der Sexualdeterminierung). Gonandendysgenesien gibt es in der Gruppe der 46,XY DSD und der 46,XX DSD. Eine Besonderheit einer Gonadendysgenesie bei Menschen mit dem 46,XY-Chromosomensatz ist, dass sie zum Teil Müllersche Strukturen haben, da der Hoden nicht ausreichend Anti-Müller-Hormon (AMH) herstellt. Allerdings sind Eileiter und Uterus ortmals kleiner als üblich. Es gibt sehr unterschiedliche Formen der Gonadendysgenesie. Bei Gonadendysgenesien im Zusammenhang mit 46,XY gibt es vorwiegend zwei Formen: die komplette Gonadendysgenesie (cAIS) und die partielle Gonadendysgenesie (pAIS). Gonadendysgenesien treten häufig auch als Folge von Mosaikbildungen der Geschlechtschromosomen auf, das nennt man auch gemischte Gonandendysgenesie. Es gibt aber auch Gonadendysgenesien bei 46,XX. Aus den zunächst normal angelegten Eierstöcken entwickeln sich so genannte Strang-Gonaden, die nicht oder nur in sehr eingeschränktem Maße in der Lage sind, Östrogene zu bilden. Hierbei sind die primären Geschlechtsorgane weiblich, reifen aber durch den Östrogenmangels nicht aus. Eine Regelblutung setzt nicht ein, die Betroffenen sind unfruchtbar. Die häufigste Ursache einer Gonadendysgenesie bei Frauen ist das fehlende oder veränderte zweite X-Chromosom (Ullrich-Turner-Syndrom bei 45.XO). Außer der erwähnten numerischen Störung sind auch strukturelle Veränderungen der X-Chromosomen als Ursache von Gonadendysgenesien beschrieben worden, die zum Teil mit schweren Fehlbildungen verbunden sein können:
Die komplette Gonadendysgenesie wird auch als reine Gonadendysgenesie oder als Swver-Syndrom bezeichnet. Bei der Untersuchung der Geschlechtschromosomen findet sich der Chromosomensatz 46,XY. Babys mit einer kompletten Gonandendysgenesie sehen weiblich aus. Diese Form der Gonadendysgenesie fällt häufig erst im Laufe der Pubertät auf, wenn die weibliche Pubertätsentwicklung (Brustwachstum, Einsetzen der Regelblutung) ausbleibt. Die Ursache beruht in einem Teil der Fälle auf einem genetischen Defekt auf dem SRY-Gen, der dazu führt, dass sich in der 7./8. Schwangerschaftswoche keine Hoden entwickeln. Die gesamte weitere männliche Entwicklung des Fötus bleibt deshalb aus und die körperliche Entwicklung verläuft in die weibliche Richtung. Es kommt zur Ausbildung von Klitoris, Schamlippen. Scheide, Eileiter und Gebärmutter. Eierstöcke können jedoch nicht mehr gebildet werden. Stattdessen befinden sich an deren Stelle Strang-Gonaden, Es besteht ein relativ hohes Risiko, dass sich diese Strang-Gonaden im Laufe des Lebens krankhaft verändern. Daher sollten regelmäßige Untersuchungen vorgenommen werden.
Die Merkmale der partiellen Gonadendysgenesie bei 46,XY können sehr unterschiedlich sein. Wenn der größte Teil der Gonade funktioniert, sehen die äußeren Geschlechtsorgane des Babys eher männlich aus, wenn ein großer Teil nicht funktioniert, sehen sie eher weiblich aus. Bei einigen Kindern sind die Geschlechtsorgane bei der Geburt uneindeutig. D.h. das Aussehen kann sehr unterschiedlich sein und reicht von sehr leichten Androgenwirkungen bei fast komplett weiblichem Aussehen bis hin zum männlichen Aussehen mit wenig Untervirilisierung. Dieses zeigt sich in einer genitalen Fehlbildung (Hypospadie, Mikropenis). Auch bei Menschen, die als Jungen aufwachsen, können kleine Reste der Gebärmutter vorhanden sein, da nicht genug Anti-Müller-Hormon gebildet werden konnte. Oft kann die genaue Ursache für die partielle Gonadendysgenesie nicht gefunden werden.
Bei der gemischten Gonadendysgenesie handelt es sich um eine recht häufige Störung der Geschlechtsentwicklung. Als Ursache findet man in der überwiegenden Zahl der Fälle eine Mosaikbildung aus 45,XO und 46.XY. Ein Mensch mit einer gemischten Gonadendysgenesie kann eine Strang-Gonade haben, oder eine Gonade mit Eierstock- und Hodengewebe auf einer Seite haben. Das Aussehen kann sehr unterschiedlich sein und reicht von sehr leichten Androgenwirkungen bei fast komplett weiblichem Aussehen bis hin zum männlichen Aussehen. Die meisten Babies mit 45,X/46,XY haben normale männliche Geschlechtsorgane. Etwa 5% von ihnen kommen mit uneindeutigen Geschlechtsorganen auf die Welt. Bei den Gonaden, die nicht richtig funktionieren, besteht ein relativ großes Risiko, dass sie sich im Laufe der Zeit krankhaft verändern. In dem Fall sollten die Gonaden entfernt werden. Funktionierende Gonaden sollten möglichst lange erhalten werden.