Funktionenraum

In der Mathematik ist ein Funktionenraum eine Menge von Funktionen, die alle denselben Definitionsbereich besitzen. Allerdings kann der Begriff Funktionenraum ähnlich wie der mathematische Begriff Raum nicht scharf abgegrenzt werden.

Meist ist ein Funktionenraum mit einer Vektoraddition und Skalarmultiplikation versehen, so dass er einen Vektorraum bildet, dann spricht man von einem linearen Funktionenraum. Viele wichtige lineare Funktionenräume sind unendlichdimensional. Diese bilden einen wichtigen Untersuchungsgegenstand der Funktionalanalysis. Lineare Funktionenräume werden häufig mit einer Norm versehen, sodass ein normierter Raum oder – im Falle der Vollständigkeit – sogar ein Banachraum entsteht. In anderen Fällen werden lineare Funktionenräume durch Definition einer Topologie zu einem topologischen Vektorraum oder einem lokalkonvexen Raum.

Begrifflichkeit

Funktionenräume sind im Bereich der linearen Algebra Vektorräume, deren Elemente als Funktionen aufgefasst werden. Hauptsächlich werden Funktionenräume allerdings im Bereich der Funktionalanalysis betrachtet. Hier wird unter einem Funktionenraum ein Vektorraum mit einer topologischen Struktur verstanden, dessen Elemente als Funktionen aufgefasst werden.

In der linearen Algebra

Addition im Funktionenraum: Die Summe der Sinusfunktion und der Exponentialfunktion ist {\displaystyle \sin +\exp :\mathbb {R} \to \mathbb {R} } mit {\displaystyle (\sin +\exp )(x)=\sin(x)+\exp(x)}

Sei D eine nichtleere Menge und V ein Vektorraum über einem Körper  K, dann bezeichnet V^{D} (auch \mathrm{Abb}(D, V) oder F(D,V)) die Menge aller Funktionen von D nach V. Die Menge V^{D} wird für f, g \in V^D und für Skalare \lambda \in K durch die folgenden beiden Verknüpfungen zu einem Vektorraum:

Dieser Vektorraum V^{D} und die Untervektorräume von V^{D} werden im Bereich der linearen Algebra als linearer Funktionenraum bezeichnet.

In der Topologie

In der Topologie versteht man unter einem Funktionenraum einen topologischen Raum, dessen Elemente Funktionen von einer Menge oder einem topologischen Raum X in einen topologischen Raum Y sind und dessen Topologie von der Topologie von X und Y und eventuellen Zusatzstrukturen, wie zum Beispiel einer Metrik oder einer uniformen Struktur, abgeleitet ist. Häufig wird die Kompakt-Offen-Topologie verwendet.

In der Funktionalanalysis

Sei D eine nichtleere Menge, V ein topologischer Vektorraum (oftmals ein Banachraum oder lokalkonvexer Vektorraum) und V^{D} der Vektorraum aller Abbildungen von D nach V. Ein linearer Funktionenraum im Bereich der Funktionalanalysis ist ein Untervektorraum von V^{D}, der mit einer von V abgeleiteten topologischen Struktur versehen ist.

Geschichte

Die Geschichte der Funktionenräume kann in drei Phasen unterteilt werden. Die erste Phase begann etwa zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts und dauerte bis in die Mitte der 1930er-Jahre. In dieser Zeit entstanden die Funktionenräume C^{k} der k-mal stetig-differenzierbaren Funktionen, genauso wie die klassischen Lebesgue-Räume der p-integrierbaren Funktionen. Außerdem werden noch die Räume der hölderstetigen Funktionen und die klassischen Hardy-Räume zu dieser Phase gerechnet.

Die zweite, die konstruktive Phase, begann mit den Veröffentlichungen von Sergei Lwowitsch Sobolew aus den Jahren 1935 bis 1938, in denen er die heute nach ihm benannten (ganzzahligen) Sobolew-Räume einführte. Die Theorie der Distributionen entstand und neue Techniken, wie zum Beispiel Einbettungssätze, wurden zum Lösen partieller Differentialgleichungen entwickelt. In dieser Phase wurden Funktionenräume mit Normen beziehungsweise Quasi-Normen ausgestattet. Wichtige neuentwickelte Räume dieser Zeit sind die Zygmund-Räume (oder Klassen), die Slobodeckij-Räume, die klassischen Besov-Räume und die Bessel-Potential-Räume. In den 1960er-Jahren wurden außerdem der BMO-Raum von Fritz John und Louis Nirenberg und die reellen Hardy-Räume von Elias Stein und Guido Weiss eingeführt.

Die dritte Phase, welche als systematische Phase bezeichnet wird, begann in den 1960er-Jahren und überschnitt sich klar mit der konstruktiven Phase. Hier wurden die Techniken der Fourier-Analysis weiterentwickelt und sogenannte Maximalungleichungen untersucht. Mit Hilfe dieser Werkzeuge wurden die Besov-Lebesgue-Räume B^s_{p,q} und die Lizorkin-Triebel-Räume F^s_{p,q} entwickelt. Diese beiden Räume lassen sich in den Raum der temperierten Distributionen S' einbetten. Wie ihre Definitionen vermuten lassen, sind diese Räume sehr eng mit Fourier-Analysis verflochten. Ein ähnliches Konzept, allerdings mit kongruenten statt dyadischen Überdeckungen verfolgen die Modulationsräume.

Beispiele

Topologie

d_\infty\colon (f, g) \mapsto \sup_{x \in M}d(f(x),g(x))
eine Metrik definiert. Alternativ ist auch die Metrik
d'_\infty\colon (f, g) \mapsto \min\{1, \sup_{x \in M}d(f(x), g(x) ) \}
möglich. Diese beiden Metriken erzeugen aber dieselben offenen Mengen, sodass sie äquivalent behandelt werden können.

Funktionalanalysis

Die meisten Funktionenräume werden in der Funktionalanalysis untersucht. Die folgende Liste ist eine Auswahl der dort untersuchten Räume. Sei D die Definitionsmenge der untersuchten Funktionen. Dann ist

\|f\|_{\mathcal{C}^p(D)} = \sup_{k \leq p}\, \sup_{x \in D} |f^{(k)}(x)|
ein Banachraum. Siehe Differentiationsklasse.
\|f\|_{{C^{{p,\alpha }}}}:=\sum _{{|\beta |\leq p}}{\sup _{{x\in D}}{\|(D^{\beta }f)(x)\|}}+\sum _{{|\beta |=p}}\sup _{{x\neq y}}{{\frac  {|(D^{\beta }f)(x)-(D^{\beta }f)(y)|}{|x-y|^{\alpha }}}}
ein Banachraum, wobei \beta ein Multiindex ist. \mathcal{C}^{p,1}(D) wird auch als Raum der lipschitzstetigen Funktionen bezeichnet.
\lim_{j \to \infty} \sup_{x \in K} \left|\partial^\alpha_x(\phi_j(x) - \phi(x))\right| = 0
für alle Multiindizes \alpha \in \N^n gilt.
\|f\|_{L^p(D)} = \left( \int_D |f(x)|^p \mathrm{d} x \right)^{1/p}
positiv definit und damit wirklich eine Norm. Bezüglich dieser Norm ist der L^{p}-Raum auf kompakten Mengen ebenfalls ein Banachraum. Der Spezialfall L2 ist sogar ein Hilbertraum. Dieser Raum wird in der Quantenmechanik häufig benutzt. Es ist der Raum der Wellenfunktionen. Für 0<p<1 kann man die L^{p}-Räume analog definieren, jedoch sind diese keine normierten Räume.
\int_K | f(x) | \,\mathrm{d} x
endlich ist. Genauso wie die L^{p}-Räume besteht der Raum L^1_\mathrm{loc}(D) aus Äquivalenzklassen von Funktionen. Insbesondere sind stetige Funktionen und Funktionen aus L^{p} lokal integrierbar. Der Raum L^1_\mathrm{loc}(\R) wird bei der Betrachtungen regulärer Distributionen benötigt.

Funktionenräume in der theoretischen Informatik

Hier werden insbesondere Funktionenräume im Zusammenhang mit Modellen des Lambda-Kalküls verwendet. Dessen Objekte treten gleichermaßen als Funktionen, aber auch als deren Argumente und Resultate auf. Wünschenswert ist daher ein Gegenstandsbereich D, dessen Funktionenraum D^D isomorph zu D selbst ist, was aus Kardinalitätsgründen aber nicht möglich ist. Dana Scott konnte dieses Problem 1969 durch Einschränkung von D^D auf stetige Funktionen bzgl. einer geeigneten Topologie auf D lösen. Bezeichnet [D \rightarrow D] die stetigen Funktionen einer vollständigen Halbordnung, dann ist D \cong [D \rightarrow D]. Diese Form von Funktionenräumen ist heute Gegenstand der Bereichstheorie. Später konnte ein ebenfalls geeigneter Funktionenraum D^D als Retraktion eines Objekts D in einer kartesisch abgeschlossenen Kategorie gefunden werden.

Literatur

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Basierend auf einem Artikel in: Extern Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 26.05. 2021