Stickstofftrichlorid

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar
MAK Schweiz: 0,06 ml/m3 bzw. 0,3 mg/m3
Toxikologische Daten 112 ppm·1 h (LC50Ratteinh.)

Stickstofftrichlorid (auch Trichloramin) ist eine explosive chemische Verbindung, die zur Gruppe der Stickstoffhalogenide und Chloramine gehört.

Geschichte

1811 experimentierte der französische Chemiker Pierre Louis Dulong mit Chlorgas und einer Lösung von Ammoniumchlorid, wobei sich Stickstofftrichlorid bildete. Bei seinen Experimenten mit der gefährlichen Verbindung kam es zu einer Explosion, bei der Dulong drei Finger verlor, was ihn dazu anregte, den Stoff weiter zu untersuchen. Nach dem Bekanntwerden des Unfalls beschäftigte sich 1813 auch der britische Chemiker Humphry Davy mit der Substanz. Später wurden andere Herstellungsverfahren von Balard sowie Böttger und Kolbe gefunden.

Strukturformel
Struktur von Stickstofftrichlorid
Allgemeines
Name Stickstofftrichlorid
Andere Namen Trichloramin
Summenformel NCl3
Kurzbeschreibung zähe, gelbe, chlorartig riechende, explosive Flüssigkeit
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 10025-85-1
EG-Nummer 233-045-1
ECHA-InfoCard 100.030.029
PubChem 61437
ChemSpider 55361
DrugBank DB14645
Eigenschaften
Molare Masse 120,36 g/mol
Aggregatzustand flüssig
Dichte 1,64 g/cm3
Schmelzpunkt −40 °C
Siedepunkt 71 °C
Thermodynamische Eigenschaften
ΔHf0 +229 kJ/mol

Vorkommen

Bei der Desinfektion mit Chlor in Schwimmbädern entsteht durch die Reaktion mit Harnstoff aus menschlichen Ausscheidungen als Nebenprodukt Stickstofftrichlorid. Das Stickstofftrichlorid ist für den typischen Geruch nach Chlor in Hallenbädern verantwortlich, der zeitweilig bei einer zu starken Belastung des Badebeckenwassers auftreten kann.

Gewinnung und Darstellung

Stickstofftrichlorid wird durch Chlorieren einer gesättigten, sauren Ammoniumchlorid-Lösung gebildet, wobei als Zwischenprodukte Chloramin und Dichloramin entstehen.

{\mathrm  {4\ NH_{3}+3\ Cl_{2}\longrightarrow NCl_{3}+3\ NH_{4}Cl}}

Eine etwa 1,4-molare Lösung von Stickstofftrichlorid in Tetrachlorkohlenstoff ist durch Einleiten von Chlorgas in eine mit Tetrachlorkohlenstoff unterschichtete Ammoniumcarbonat-Lösung zugänglich.

{\mathrm  {2\ (NH_{4})_{2}CO_{3}+3\ Cl_{2}\longrightarrow NCl_{3}+3\ NH_{4}Cl+2\ CO_{2}+2\ H_{2}O}}

Weiterhin kann aus Calciumhypochlorit und Ammoniumchlorid in Gegenwart von Salzsäure in Methylenchlorid und Wasser gewonnen werden, wobei es dann aus der organischen Phase isoliert werden kann.

Eigenschaften

Physikalische Eigenschaften

Unter Einwirkung von UV-Strahlung im UVB-Bereich bei 340 nm zersetzt sich Stickstofftrichlorid durch Reaktion mit freien Hydroxidionen:

{\mathrm  {2\ NCl_{3}+6\ OH^{-}\ \rightleftharpoons \ N_{2}+3\ OCl^{-}+3\ Cl^{-}+3\ H_{2}O}}

Wie Ammoniak besitzt Stickstofftrichlorid eine pyramidale Molekülstruktur mit einem Cl-N-Cl-Winkel von 107,78° und einer Schenkellänge (N–Cl) von 175,3 pm.

Chemische Eigenschaften

Mit Wasser wird Stickstofftrichlorid zu Ammoniak und Hypochloriger Säure (HClO) hydrolysiert (da Stickstoff aufgrund der stark polarisierten Atombindungen in dieser Verbindung etwas elektronegativer ist als Chlor).

{\mathrm  {NCl_{3}+3\ H_{2}O\rightarrow NH_{3}+3\ HClO}}

Verwendung

Bis etwa 1950 wurde ein großer Teil des Mehls mit Stickstofftrichlorid gebleicht („Agene-Prozess“). Dies führt jedoch zur Bildung von Methioninsulfoximid, einem giftigen Derivat der Aminosäure Methionin, weswegen dieses Verfahren verboten wurde.

Sicherheitshinweise

Stickstofftrichlorid reizt die Augen, Atemwege und Schleimhäute. Die metastabile Verbindung explodiert bei Temperaturerhöhung. Lösungen mit einer Konzentration bis zu 18 Prozent gelten als ungefährlich.

Studien aus dem Jahr 1983 mit Ratten zeigten einen LC50-Wert von 112 ppm/1h bei Aufnahme über die Atemwege. Aufgetretene Symptome bei den Tieren waren erhöhter Tränenfluss, Krämpfe und organische und funktionale Störungen der Speicheldrüsen.

Ende 2010 wurde im Bundesgesundheitsblatt der Verdacht geäußert, dass in gechlortem Beckenwasser entstandenes Stickstofftrichlorid beim Babyschwimmen Asthma auslösen kann. Insbesondere für Kinder unter zwei Jahren, in deren Familien gehäuft Allergien auftreten, rät das Umweltbundesamt so lange vom Babyschwimmen ab, bis weitere Erkenntnisse vorliegen, die für eine Unbedenklichkeit sprechen.

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Basierend auf einem Artikel in: Extern Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 24.10. 2023