Glaskeramik

ULE — ultra low expansion substrate materials

Vitrokeramik (Glaskeramik, Sitalle, Pyrokeram) nennt man Glasprodukte, die nach dem Formen aus der Schmelze beim Abkühlen glasig erstarren und durch anschließende Wärmebehandlung zu einer „dosierten" oder „gesteuerten" Kristallisation gebracht werden. Dem Glas werden hierzu Keimbildner, wie Edelmetall, Kupfer, Titan(IV)-oxid, Fluor oder Chrom(III)-oxid zugesetzt. Die Produkte können farblos oder getrübt sein und sind auf Grund ihrer niedrigen Wärmedehnung, hohen Festigkeit, großen Härte u. a. Eigenschaften als Austauschstoff für Metall, Beton, Stahlbeton und Keramik, vor allem im Bauwesen (Sanitärteile, Wandsegmente, Fassadenschmuck,' Straßenpflaster u. a.), als Maschinenteile, Bahnschwellen, für chemische Großapparaturen u. a. einsetzbar.

Zu den komerziell erhältlichen Materialien gehören u.a.: Zerodur, Astro-Sitall, Cervit und fused Quarz.
Zerodur ist ein Erzeugnis der Schott AG, Cervit wurde von Corning Glass produziert, fused quartz wurde von der General Electric Corporation produzirt. Astro-Sitall ist ein Erzeugnis aus der ehemaligen UdSSR.

Herstellung und Geschichte

Eine Glaskeramik entsteht aus einer Glasschmelze, in der man Kristallwachstum gezielt fördert. Dazu werden verschiedene Oxide oder Carbonate bei hoher Temperatur geschmolzen, homogen vermischt. Bei Abkühlung entsteht ein Glas, bei dem die Ausbildung von kristallinen Bereichen als störend und Verfahrensfehler eingestuft wurde. Zur Weiterverarbeitung zur Glaskeramik werden durch Tempern in einem ersten Schritt kleinste Kristallite, sogenannte Keime, erzeugt. Sie entstehen bei relativ niedrigen Temperaturen und sind nur wenige Nanometer (millionstel Millimeter) groß. Diese gesteuerte Kristallisation gelang erstmals Stanley Donald Stookey in den fünfziger Jahren bei den Corning-Glaswerken in den USA, indem er die Keimbildung durch Zugabe von Titanoxid zu den Rohstoffen förderte. In einem zweiten Schritt lässt man bei meist etwas höherer Temperatur die Kristallite wachsen, so dass sie schließlich 30 bis 95 Prozent der Werkstoffmasse ausmachen (der Rest bleibt amorph). Dieser Anteil sowie die Größe und auch die Form der Kristallite lassen sich über das Temperaturprofil einstellen. Durch die chemische Zusammensetzung der Schmelze und in gewissem Maße durch die Temperbehandlung kann sogar die Kristallstruktur vorgegeben werden. Somit ist der gesamte mikroskopische Aufbau des Werkstoffs, anders als bei Sinterkeramiken, unabhängig von Formgebung und Verdichtung steuerbar. 1958 wurden aus dem Material die ersten Kochtöpfe aus Glaskeramik hergestellt, die ersten Kochfelder aus Glaskeramik wurden 1972 von Schott auf den Markt gebracht. Der Glaskeramikwerkstoff Zerodur, der sich durch eine sehr niedrige Wärmeausdehnung auszeichnet, wurde Ende der 1960er Jahre als Spiegelgrundmaterial für Großteleskope entwickelt. 1973 wurde dann der erste 3,5-m-Spiegel aus dem Material gegossen.

sowjetisches Maskutow Teleskop
Sitall
Ausdehnungskoeffizient: 0 ± 1,5 x 10-7/°C in einem Temperaturbereich von -60° bis +60°. Sitall wird unter anderem als Spiegel für optische Teleskope.
  • Southern African Large Telescope (SALT)
  • VLT Survey Telescope
  • Das Pentagon nutzte das Material unter dem Namen Sitall-A für Beschußversuche.

 
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Datum der letzten Änderung: 08.09. 2021