Germanium

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
Pulver
02 – Leicht-/Hochentzündlich
Gefahr
H- und P-Sätze H: Entzündbarer Feststoff.
P: Von Hitze / Funken / offener Flamme / heißen Oberflächen fernhalten. Nicht rauchen.

Germanium (von lateinisch: Germania ‚Deutschland‘, dem Heimatland des Entdeckers Clemens Winkler (1838–1904)) ist ein chemisches Elementmit dem Elementsymbol Ge und der Ordnungszahl 32. Im Periodensystem steht es in der 4. Periode sowie der 4. Hauptgruppe (Gruppe 14) oder Kohlenstoffgruppe. Es wurde am 6. Februar 1886 erstmals nachgewiesen.

Geschichte

Clemens Winkler, erster Hersteller reinen Germaniums
Von Clemens Winkler hergestellte Präparate des Elements Germanium.
Oben: Die zur Weltausstellung 1904 in St. Louis gezeigten Präparate
Unten: Germaniumsulfid vom 6. Februar 1886

Als 1871 Dmitri Mendelejew das Periodensystem entwarf, stieß er auf eine Lücke unterhalb des Siliziums und postulierte ein bis dahin unbekanntes Element, das er als Eka-Silicium bezeichnete. Mendelejew machte Vorhersagen über die Eigenschaften des Eka-Siliciums und dessen Verbindungen, die von der Wissenschaft jedoch abgelehnt wurden.

1886 entdeckte Clemens Winkler, ein Chemiker an der Bergakademie Freiberg, der mit Cobalt-Glas arbeitete, das Germanium. Es handelte sich hierbei um das von Mendelejew vorhergesagte Element Eka-Silicium, dessen Eigenschaften dem gefundenem Germanium sehr nahe kamen. Mendelejew hatte die Eigenschaften aus seinem Periodensystem abgeleitet, so dass dieser Fund zur Anerkennung des Periodensystems beitrug.

Die Herkunft und Etymologie des Namens Germanium könnte auch aus einem semantischen Missverständnis in Zusammenhang mit seinem Vorgängerelement Gallium herrühren, denn für die Namensgebung von Gallium gibt es zwei Theorien. Nach der ersten benannte der französische Chemiker Paul Émile Lecoq de Boisbaudran das Element nach Gallien, der lateinischen Bezeichnung seines Heimatlandes Frankreich. Die zweite gibt das ebenfalls lateinische Wort gallus (Hahn) als Quelle des Namens an, das im Französischen Le Coq heißt. Paul Émile Lecoq de Boisbaudran hätte das neue Element demnach nach seinem eigenen Namen benannt. Winkler nahm an, dass das vorherige Element Gallium nach der Staatsangehörigkeit des französischen Entdeckers benannt wurde. So nannte er das neue chemische Element „Germanium“ zu Ehren seines Landes (lat. Germania für Deutschland).

Vorkommen

Renierit

Germanium ist weit verbreitet, kommt aber nur in sehr geringen Konzentrationen vor; Clarke-Wert (= Durchschnittsgehalt in der Erdkruste): 1,5 g/t. Es wird als Begleiter in Kupfer- und Zinkerzengefunden (MansfelderKupferschiefer). Die wichtigsten Mineralesind Argyrodit, Canfieldit, Germanitund Renierit. Einige Pflanzen reichern Germanium an. Diese Eigenschaft führt zu einigen sehr umstrittenen Thesen bezüglich der Physiologie von Pflanzen („pflanzlicher Abwehr-Stoff gegen Viren“), die letztlich auch zu Anwendungen in der Homöopathieführen.

Eigenschaften
Allgemein
Name, Symbol, Ordnungszahl Germanium, Ge, 32
Serie Halbmetalle
Gruppe, Periode, Block 14, 4, p
Aussehen gräulich weiß
CAS-Nummer Extern 7440-56-4
EG-Nummer 231-164-3
ECHA-InfoCard Extern 100.028.331
Massenanteil an der Erdhülle 5,6 ppm
Physikalisch
Aggregatzustand fest
Kristallstruktur Diamantstruktur
Dichte 5,323 g/cm3 (20 °C)
Mohshärte 6,0
Magnetismus diamagnetisch (\chi_{m} = −7,1 · 10−5)
Schmelzpunkt 1211,4 K (938,3 °C)
Siedepunkt 3103 K (2830 °C)
Molares Volumen 13,63 · 10−6 m3/mol
Verdampfungswärme 330 kJ/mol
Schmelzwärme 31,8 kJ/mol
Schallgeschwindigkeit 5400 m/s bei 293,15 K
Spezifische Wärmekapazität 308,3 J/(kg · K)
Elektrische Leitfähigkeit ca. 2,1 A/(V · m) bei 300 K
Wärmeleitfähigkeit 60 W/(m · K)
Chemisch
Oxidationszustände −4, 2, 4
Oxide (Basizität) GeO2 (amphoter)
Normalpotential 0,247 V (Ge2+ + 2 e → Ge)
Elektronegativität 2,01 (Pauling-Skala)

Eigenschaften

elementares Germanium

Germanium steht im Periodensystem in der Serie der Halbmetalle, wird aber nach neuerer Definition als Halbleiter klassifiziert. Elementares Germanium ist sehr spröde und an der Luft bei Raumtemperatur sehr beständig. Erst bei starkem Glühen in einer Sauerstoff-Atmosphäre wird es zu Germanium(IV)-oxid (GeO2) oxidiert. Germanium ist zwei- und vierwertig. Germanium(IV)-Verbindungen sind am beständigsten. Von Salzsäure, Kalilauge und verdünnter Schwefelsäure wird Germanium nicht angegriffen. In alkalischen Wasserstoffperoxid-Lösungen, konzentrierter heißer Schwefelsäure und konzentrierter Salpetersäurewird es dagegen unter Bildung von Germaniumdioxidhydrat aufgelöst. Gemäß seiner Stellung im Periodensystem steht es in seinen chemischen Eigenschaften zwischen Silicium und Zinn.

Germanium weist als einer von wenigen Stoffen die Eigenschaft der Dichteanomalie auf. Seine Dichte ist in festem Zustand niedriger als in flüssigem. Seine Bandlücke beträgt bei Zimmertemperatur ca. 0,67 eV.

Wafer aus Germanium sind erheblich zerbrechlicher als Wafer aus Silicium.

Verwendung

Elektronik

Als Halbleiter war es das führende Material in der Elektronik, vor allem zur Herstellung von Dioden und Transistoren, bis es vom Silicium verdrängt wurde. Anwendungen finden sich heute in der Hochfrequenztechnik (z.B. als Siliziumgermanium-Verbindungshalbleiter) und Detektortechnologie (z.B. als Röntgendetektor). Für Solarzellen aus Galliumarsenid (GaAs) werden zum Teil Wafer aus Germanium als Trägermaterial verwendet. Die Gitterkonstante von Germanium ist der von Galliumarsenid sehr ähnlich, so dass GaAs epitaktisch auf Germanium-Einkristallen aufwächst. 2012 wurde bekannt, dass einatomige Schichten aus Germanium Elektronen bis zu 10 mal schneller als Silizium leiten. Dadurch könnte es als Halbleitermaterial erneut interessant werden.

Gläser und Fasern

Seine zweite Hauptanwendung findet es in der Infrarotoptik in Form von Fenstern und Linsen-Systemen aus poly- oder monokristallinem Germanium sowie optischen Gläsern mit Infrarotdurchlässigkeit, so genannten Chalkogenidgläsern. Einsatzgebiete hierfür sind unter anderem militärische und zivile Nachtsichtgeräte sowie Wärmebildkameras.

Weitere wesentliche Verwendungen liegen in der Herstellung von Lichtwellenleitern und Polyesterfasern: In modernen Lichtwellenleitern für die Telekommunikation wird mit Hilfe von Germaniumtetrachlorid bei der chemischen Gasphasenabscheidung eine Anreicherung von Germaniumdioxid im inneren Faserkern erzeugt. Dadurch entsteht im Vergleich zum Fasermantel ein höherer Brechungsindex im Kern, wodurch die Führung der Lichtwellen gewährleistet wird. In der Polyesterchemie kommt Germaniumdioxid als Katalysator bei der Herstellung von bestimmten Polyesterfasern und -granulaten zum Einsatz, speziell für recyclingfähige PET-Flaschen (PET = Polyethylenterephthalat).

Nuklearmedizin und Kerntechnik

68Ge wird beim Gallium-68-Generator als Mutternuklid zur Herstellung von Gallium-68 verwendet. Ebenso findet 68Ge als Quelle zur Detektorkalibration bei der Positronen-Emissions-Tomographie Anwendung.

Als hochreiner Einkristall wird Germanium als Strahlendetektor eingesetzt.

Bei Germanium lässt sich, im Gegensatz zu Stahl, die Kristallstruktur nicht durch Neutronenstrahlung zerbrechen. Es fängt den Stoß des Neutrons elastisch auf. Bisher findet diese Entdeckung jedoch keine Nutzung in Kernreaktoren.

Germanium in Nahrungsergänzungsmitteln

Die Substanz Bis(carboxyethyl)germaniumsesquioxid (Ge-132) ist als Nahrungsergänzungsmittel zur Anwendung bei einer Reihe von Erkrankungen einschließlich Krebs, chronischem Müdigkeitssyndrom, Immunschwäche, AIDS, Bluthochdruck, Arthritis und Lebensmittelallergien angepriesen worden. Positive Wirkungen auf den Krankheitsverlauf wurden bisher wissenschaftlich nicht nachgewiesen.

Gemäß der europäischen Richtlinie 2002/46/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Nahrungsergänzungsmittel soll Germanium nicht in Nahrungsergänzungsmitteln verwendet werden. In vielen Ländern der EU, die ihre nationalen Rechtsvorschriften bereits angeglichen haben, so auch Deutschland und Österreich, ist daher der Zusatz von Germanium als Mineralstoffquelle in Nahrungsergänzungsmitteln nicht erlaubt.

Die zuständigen Behörden warnen ausdrücklich vor dem Verzehr von Ge-132, da schwere Gesundheitsschäden und Todesfälle nicht auszuschließen sind.

Arzneiliche Verwendung von Germanium

Eine therapeutische Wirksamkeit der antineoplastischen Substanz Spirogermanium bei Krebserkrankungen wurde nicht nachgewiesen. Zugelassene Fertigarzneimittel mit dem Wirkstoff Spirogermanium gibt es nicht. In Deutschland gelten germaniumhaltige Arzneimittelanfertigungen (Rezepturen), abgesehen von homöopathischen Verdünnungen ab D4, als bedenklich. Ihre Herstellung und ihre Abgabe sind daher verboten. Germanium metallicum gibt es in Form homöopathischer Arzneimittel. Als Bestandteil homöopathischer Zubereitungen wird di-Kalium-Germanium-citrat-lactat beschrieben.

Physiologie

Germanium und seine Verbindungen weisen eine relative geringe Toxizitätauf. Spuren von Germanium sind in den folgenden Nahrungsmitteln enthalten: Bohnen, Tomatensaft, Austern, Thunfisch und Knoblauch. Es ist nach dem Stand der Wissenschaft kein essentielles Spurenelement. Es ist keine biologische Funktion für Germanium bekannt. Ein möglicher Einfluss auf den Kohlenhydrat-Metabolismus wurde diskutiert. Es sind keine Germanium-Mangelerkrankungen bekannt.

Toxizität

Vergiftungen mit Germanium bei Menschen traten bisher nur nach der Einnahme von anorganischen Germaniumverbindungen als Nahrungsergänzungsmittel auf. Erste Symptome sind dabei Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Erschöpfungszustände und Muskelschwäche. Darauf folgen Funktionsstörungen der Niere, bis hin zum Nierenversagen, das für den Patienten tödlich sein kann. Periphere Neuropathie als Folgeerkrankung sind ebenfalls berichtet. In Fällen, in denen Patienten die Einnahme von anorganischen Germaniumverbindungen überlebten, konnte die normale Nierenfunktion nicht wiederhergestellt werden.

Vorübergehende neurotoxische Nebenwirkungen bei der Einnahme von Spirogermanium in klinischen Studien werden berichtet. Spirogermanium wurde in den 1980er Jahren als Cytostatikum getestet. Daten aus Studien an gesunden freiwilligen Probanden sind nicht verfügbar.

Aus Tierversuchen weiß man, dass Germanium eine geringe akute orale Toxizität hat. Die Symptome einer akuten Vergiftung mit großen Dosen von Germaniumverbindungen beinhalten:

Letztlich führt Atemlähmung zum Tod der Versuchstiere. Symptome einer chronischen bzw. subchronischen Vergiftung mit anorganischen Germaniumverbindungen sind:

Organische Germaniumverbindungen zeigten eine geringere Giftigkeit, führten jedoch bei den Versuchstieren zu Gewichtsverlust und einer Abnahme der Anzahl der roten Blutkörperchen. Über die fruchtschädigende Wirkung von Germanium liegen nur wenige Daten vor. Natriumgermanat wurde in Ratten als nicht krebserregend getestet.

Der Mechanismus der Toxizität von Germanium ist noch nicht vollständig geklärt. Spezifische pathologische Effekte an den Mitochondrien von Nieren- und Nervenzellen wurden jedoch beobachtet.

Wechselwirkungen

Es wird ebenfalls diskutiert, ob Germanium evtl. Wechselwirkungen mit Silizium im Knochen-Metabolismus zeigt. Es kann die Wirkung von Diuretika blockieren und die Aktivität einer Reihe von Enzymen herabsetzen bzw. blockieren, wie beispielsweise Dehydrogenasen. Im Tierversuch zeigen Mäuse eine erhöhte Hexabarbital-induzierte Schlafdauer, wenn sie zusätzlich mit Germaniumverbindungen behandelt wurden. Dies lässt darauf schließen, dass die Cytochrom P450 Aktivität ebenfalls eingeschränkt wird. Es gibt Berichte über organische Germaniumverbindungen, welche das Entgiftungsenzym Glutathione-S-Transferase blockieren.

Bioverfügbarkeit und Metabolismus

Germanium wird bei oraler Aufnahme sehr leicht vom Körper aufgenommen. Es verteilt sich dabei über das gesamte Körpergewebe, vornehmlich in den Nieren und der Schilddrüse. Organogermane akkumulieren dabei im Gegensatz zu anorganischen Germaniumverbindungen nicht im menschlichen Körper. Allerdings gibt es nur wenige Studien über den Germanium-Metabolismus.

Es wird im Wesentlichen über den Urin ausgeschieden. Ausscheidung über Galle und Fäzes findet ebenso statt.

Verbindungen

Germanium bildet Ge(II)- u. beständigere Ge(IV)-Verbindungen, nur wenige besitzen technische Bedeutung.

Von den Germaniumhalogeniden sind ebenfalls Ge(II)- u. Ge(IV)-Vertreter bekannt. Germaniumtetrachlorid, (GeCl4), eine Flüssigkeit mit einem Siedepunkt von 83 °C, bildet sich bei Einwirkung von Chlorwasserstoff auf Germaniumoxide und ist ein wichtiges Zwischenprodukt bei der Germanium-Gewinnung. Hochreines GeCl4 wird bei der Herstellung von Lichtwellenleitern aus Quarzglas eingesetzt um auf der Innenseite der Quarzfasern eine hochreine Germanium(IV)-oxid Schicht zu erzeugen. Zur Erzeugung von hochreinen Germaniumschichten kann auch die Disproportionierung von Germanium(II)-iodid unter Bildung von Germanium und Germanium(IV)-iodid> eingesetzt werden:

{\displaystyle \mathrm {2\ GeI_{2}\longrightarrow GeI_{4}+Ge} }

Germanate sind Verbindungen des Germaniums, die sich von dessen Oxid ableiten. In fast allen Germanium-haltigen Mineralien liegt das Germanium als Germanat vor.

Germane werden die Wasserstoffverbindungen des Germaniums genannt, die eine homologe Reihe verschieden langer Kettenmoleküle bilden. Monogerman oder Germaniumhydrid (GeH4) ist ein Gas und wird in der Halbleiterindustrie zur Epitaxie und zum Dotieren verwendet.

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Basierend auf einem Artikel in: Extern Wikipedia.de


 
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Datum der letzten Änderung:  Jena, den: 04.05. 2024