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Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/ Friedrich Engels - Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 20. Berlin/DDR. 1962. S. 573-596.

Friedrich Engels

Vorarbeiten zum "Anti-Dühring"

In diesem Text werden die wichtigsten Fragmente aus Engels' handschriftlichen Vorarbeiten zum "Anti-Dühring" gebracht. Die Hinweise auf Seitenzahlen, Abschnitte und Kapitel des "Anti-Dühring" auf die sich die entsprechenden Fragmente beziehen, sowie die eckige Klammern eingeschlossenen Bezeichnungen der Fragmente wurden von der Redaktion gegeben.


Erster Teil

Zum ersten Abschnitt: Philosophie

zu: III. Einteilung. Apriorismus

[Ideen - Spiegelbilder der Wirklichkeit]

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Die Ideen alle der Erfahrung entlehnt, Spiegelbilder - richtig oder verzerrt - der Wirklichkeit.

zu: III. Einteilung. Apriorismus. S. 32-34

[Materielle Welt und Denkgesetze]

Zwei Arten Erfahrung - äußere, materielle und innere - Denkgesetze und Denkformen. Denkformen auch teilweise angeerbt durch Entwicklung (Selbstverständlichkeit z.B. der mathematischen Axiome für Europäer, sicher nicht für Buschmänner und Australneger).

Wenn wir die Voraussetzungen richtig haben und die Denkgesetze richtig auf sie anwenden, so muß das Resultat mit der Wirklichkeit stimmen, ganz wie eine Rechnung der analytischen Geometrie mit der geometrischen Konstruktion stimmen muß, obwohl beide ganz verschiedne Verfahrens-

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arten. Leider aber fast nie und nur in ganz einfachen Operationen der Fall.

Die Außenwelt wieder entweder Natur oder Gesellschaft.

zu: III. Einteilung. Apriorismus, S. 32-34;
IV. Weltschematik,
S. 38-41
und X. Moral und Gerechtigkeit,
S. 88/89

[Verhältnis von Denken und Sein]

Das Denken hat zum einzigen Inhalt die Welt und die Denkgesetze.

Die allgemeinen Resultate der Untersuchung der Welt kommen am Ende dieser Untersuchung heraus, sind also nicht Prinzipien, Ausgangspunkte, sondern Resultate, Abschlüsse. Diese aus dem Kopf konstruieren, von ihnen als Grundlage ausgehn und weiter daraus die Welt im Kopf rekonstruieren ist Ideologie, eine Ideologie, an der bisher auch jeder Materialismus gelitten, weil er über das Verhältnis von Denken und Sein wohl in der Natur einigermaßen klar war, aber nicht in der Geschichte, die Abhängigkeit des jedesmaligen Denkens von den historisch-materiellen Bedingungen nicht einsah. - Indem Dühring von "Prinzipien" ausgeht statt von Tatsachen, ist er Ideolog, und kann den Ideologen nur vertuschen, indem er die Sätze so allgemein und leer faßt, daß sie axiomatisch, platt erscheinen, wobei denn aber auch nichts herauszufolgern, sondern nur hereinzudeuten ist. So gleich der Grundsatz vom einzigen Sein. Die Einheit der Welt und der Blödsinn des Jenseits ist Resultat der ganzen Weltuntersuchung, soll hier aber a priori aus einem Denkaxiom bewiesen werden. Daher Unsinn. - Aber ohne diese Umkehrung eine aparte Philosophie nicht möglich.

zu: III. Einteilung, Apriorismus, S. 34/35

[Die Welt als ein zusammenhängendes Ganzes. Erkenntnis der Welt]

Systematik nach Hegel unmöglich. Daß die Welt ein einheitliches System, d.h. ein zusammenhängendes Ganzes vorstellt, ist klar, aber die Erkenntnis dieses Systems setzt die Erkenntnis der ganzen Natur und Geschichte voraus, die die Menschen nie erreichen. Wer also Systeme macht, muß die zahllosen Lücken durch eigne Erfindung ausfüllen, d.h. irrationell phantasieren, ideologisieren.

Rationelle Phantasie - alias Kombination!

zu: III Einteilung. Apriorismus, S. 35-38

[Mathematische Operationen und rein logische Operationen]

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Der rechnende Verstand - Rechenmaschine! - Komische Verwechslung der mathematischen Operationen, die des materiellen Beweises, der Probe fällig sind, weil sie auf unmittelbarer materieller Anschauung, wenn auch abstrakter, beruhn, mit den rein logischen, die nur des Schlußbeweises fähig, also der positiven Gewißheit unfähig sind, die die mathematischen Operationen haben - und wie viele davon auch falsch! Maschine zum Integrieren, vgl. Andrews speech |Rede|, "Nature", Sept. 7, 76.

Schema = Schablone.

zu: III. Eintellung. Apriorismus, S. 35-38
und IV. Weltschematik,
S. 38-41

[Realität und Abstraktion]

Mit dem Satz von der Alleinzigkeit des allumfassenden Seins, den der Papst und der Scheik ul Islam unterschreiben können, ohne ihrer Unfehlbarkeit und Religion etwas zu vergeben, kann Dühring ebensowenig die ausschließliche Materialität alles Seins beweisen, wie er aus irgendwelchem mathematischen Axiom ein Dreieck, eine Kugel herauskonstruieren oder den pythagoräischen Lehrsatz ableiten kann. Zu beiden gehören reelle Vorbedingungen, aus deren Untersuchung erst man zu jenen Resultaten kommt. Die Gewißheit, daß außer der materiellen Welt nicht noch eine spirituelle separat existiert, ist das Resultat einer langen und langwierigen Untersuchung der reellen Welt, y compris |einschließlich| die Produkte und Prozeduren des menschlichen Gehirns. Die Resultate der Geometrie sind nichts als die natürlichen Eigenschaften der verschiednen Linien, Flächen und Körper, resp. deren Kombinationen, die großenteils schon in der Natur vorkamen, lange ehe die Menschen da waren (Radiolarien, Insekten, Kristalle usw.).

zu: VI. Naturphilosophie. Kosmogonie, Physik, Chemie, S. 55 ff.

[Die Bewegung - die Daseinsweise der Materie]

Die Bewegung ist die Daseinsweise der Materie, also mehr als ihre bloße Eigenschaft. Es gibt nicht und kann nie Materie ohne Bewegung gegeben haben. Bewegung im Weltraum, mechanische Bewegung kleinerer Massen auf einem einzelnen Weltkörper, Molekularschwingung als Wärme, elek-

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trische Spannung, magnetische Polarisation, chemische Zersetzung und Verbindung, organisches Leben bis zu seinem höchsten Produkt, dem Denken hinauf - in einer oder der andren dieser Formen der Bewegungen befindet sich jedes einzelne Stoffatom in jedem gegebnen Augenblick. Alles Gleichgewicht ist entweder nur relative Ruhe oder selbst Bewegung im Gleichgewicht, wie die der Planeten. Absolute Ruhe ist nur denkbar, wo keine Materie ist. Weder die Bewegung als solche, noch eine ihrer Formen wie die mechanische Kraft, kann also von der Materie getrennt, ihr als etwas Apartes, Fremdes, entgegengesetzt werden, ohne ad absurdum zu führen.

zu: VII. Naturphilosophie. Organische Welt, S. 64-67

[Natürliche Zuchtwahl]

Dühring sollte froh sein über die natural selection, da sie doch das beste Exempel gibt für seine bewußte Zweck- und Mittellehre. - Wenn Darwin die Form untersucht, eine natural selection, in der sich eine langsame Veränderung vollzieht, so verlangt Dühring, Darwin solle auch die Ursache der Veränderung angeben, über die Herr Dühring ebenfalls nichts weiß. Man nehme welchen Fortschritt der Wissenschaft man wolle, Herr Dühring wird immer erklären, es fehle noch was dran, und so hinreichenden Grund zur Verdrießlichkeit haben.

zu: VII. Naturphilosophie. Organische Welt

[Über Darwin]

Wie groß erscheint der durch und durch bescheidne Darwin, der nicht nur Tausende von Tatsachen aus der gesamten Biologie zusammenträgt, ordnet und verarbeitet, sondern auch mit Freude jeden Vorgänger, selbst zur Verkleinerung seines eignen Ruhms zitiert, und wäre er noch so unbedeutend, gegenüber dem prahlenden Dühring, der selbst nichts leistet, dem aber niemand genug leisten kann und der ...

zu: VII. Naturphilosophie. Organische Welt, S. 65-67
und VIII. (Schluß),
S. 73/74

Dühringiana. Darwinismus p. 115

Anpassung der Pflanzen eine Kombination physikalischer Kräfte oder chemischer Agenzien, also keine Anpassung. Wenn "die Pflanze in ihrem Wachstum den Weg nimmt, auf dem sie das meiste Licht erhält", so tut sie

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das auf verschiednen Wegen und in verschiedner Weise, die je nach Art und Beschaffenheit der Pflanze verschieden ist. Die physikalischen Kräfte und chemischen Agenzien wirken aber hier in jeder Pflanze besonders, und helfen der Pflanze, die doch etwas andres ist als diese "chemischen und physikalischen etc.", das ihr nötige Licht auf dem ihr durch lange Vorentwicklung eigen gewordnen Wege zu erreichen. Ja, dies Licht wirkt wie ein Reiz auf die Pflanzenzellen und setzt in ihnen eben diese Kräfte und Agenzien als Reaktion in Bewegung. Indem die Sache in einem organischen Zellenbau vor sich geht und die Form von Reiz und Reaktion durchmacht, die hier ebensogut vorkommt wie in der Nervenvermittlung im menschlichen Gehirn, ist bei beiden derselbe Ausdruck Anpassung angebracht. Und wenn Anpassung platterdings durch Bewußtsein vermittelt sein soll, wo fängt das Bewußtsein und die Anpassung an, und wo hört sie auf? Bei der Monere, bei der insektenfressenden Pflanze, beim Schwamm, bei der Koralle, beim ersten Nerv? Dühring würde den Naturforschern alten Schlages einen enormen Gefallen tun, wenn er die Grenze ziehen wollte. Protoplasmareiz und Protoplasmareaktion finden sich überall, wo lebendes Protoplasma ist - und indem die Einwirkung langsam sich verändernder Reize es bedingt, daß das Protoplasma sich ebenfalls verändert, wenn es nicht untergehn soll, so ist der Ausdruck Anpassung notwendig für alle organischen Körper derselbe.{1}

zu: VII. Naturphilosophie. Organische Welt, S. 65/66 ff.

[Anpassung und Vererbung]

Anpassung und Vererbung von Haeckel als Anpassung = negativ oder ändernd, Vererbung = positiv oder erhaltend in Beziehung auf Entwicklung der Arten gefaßt. Dagegen Dühring p. 122, daß die Vererbung auch negative Resultate, verändernd wirke. (Wobei schöner Kohl von Präformation.) Nun ist nichts leichter, wie bei allen solchen Gegensätzen, sie umzukehren und nachzuweisen, daß die Anpassung grade durch Veränderung der Form das Wesentliche, das Organ selbst, erhält, während die Vererbung schon durch Mischung von stets 2 andern Individuen stets Veränderungen hervorbringt, deren Häufung einen Artwechsel nicht ausschließt. Sie vererbt ja auch die Resultate der Anpassung! Dabei kommen wir aber keinen Schritt weiter. Wir müssen den Tatbestand nehmen und untersuchen, wie er

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ist, und da findet sich allerdings, daß Haeckel ganz recht hat, die Vererbung wesentlich als die konservative, positive, die Anpassung als die revolutionierende, negative Seite des Prozesses anzusehn. Zähmung und Züchtung sowie unwillkürliche Anpassung sprechen da lauter als alle "subtilen Auffassungen" Dührings.

zu: VIII. Naturphilosophie. Organische Welt (Schluß), S. 73-77

Dühring, p. 141.

Leben. Daß der Stoffwechsel die wichtigste Erscheinung des Lebens, ist schon seit 20 Jahren von physiologischen Chemikern und chemischen Physiologen x-mal gesagt und hier wiederholt zur Definition des Lebens erhoben. Aber weder genau noch erschöpfend. Wir finden Stoffwechsel auch in Abwesenheit des Lebens, z.B. bei einfachen chemischen Prozessen, die bei genügender Zufuhr von Rohstoffen ihre eignen Bedingungen stets neu erzeugen und wobei ein bestimmter Körper Träger des Prozesses ist (Beispiele s. Roscoe, [S.] 102; Schwefelsäurefabrikation), bei Endosmose und Exosmose (toter organischer und selbst unorganischer Membranen?), bei den Traubeschen Kunstzellen und ihrem Medium. Der Stoffwechsel, der das Leben ausmachen soll, müßte also erst noch selbst näher bestimmt werden. Mit aller tiefen Grundlegung, subtilen Auffassung und feinere Untersuchung sind wir also der Sache noch nicht auf den Grund gekommen und fragen noch immer, was ist Leben?

Definitionen sind für die Wissenschaft wertlos, weil stets unzulänglich. Die einzig reelle Definition ist die Entwicklung der Sache selbst, und diese ist aber keine Definition mehr. Um zu wissen und zu zeigen, was das Leben ist, müssen wir alle Formen des Lebens untersuchen und im Zusammenhang darstellen. Dagegen kann für den Handgebrauch eine kurze Darlegung der allgemeinsten und zugleich bezeichnendsten Charaktere in einer sog. Definition oft nützlich und sogar notwendig sein, und kann auch nicht schaden, wenn man von ihr nicht mehr verlangt, als sie eben aussprechen kann. Versuchen wir also eine derartige Definition des Lebens zu geben, an der sich soviel Leute die Zähne ausgebissen (s. Nicholson),

Leben ist die Daseinsweise der Eiweißkörper und diese Daseinsweise besteht wesentlich in der beständigen Erneuerung ihrer chemischen Bestandteile durch Ernährung und Ausscheidung ...

Aus dem organischen Stoffwechsel als wesentlicher Funktion des Eiweißes und aus der ihm eigenen Plastizität leiten sich dann alle andern einfachsten Lebensfunktionen ab - Reizbarkeit, die schon in der Wechsel-

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einwirkung von Nahrung und Eiweiß eingeschlossen liegt - Kontraktilität im Verzehren der Nahrung - Wachstumsmöglichkeit, die auf der untersten Stufe (Monere) die Fortpflanzung durch Teilung einschließt - innere Bewegung, ohne die weder Verschlingen noch Assimilieren der Nahrung möglich. Wie aber der Fortschritt vom einfachen plastischen Eiweiß zur Zelle und damit zur Organisation sich vollzieht, das muß die Beobachtung erst lehren, und eine derartige Untersuchung gehört auch nicht in eine einfache Handdefinition des Lebens. ([Das] D[ühring]sche kennt p. 141 noch eine ganze Zwischenwelt, da ohne ein Zirkulationskanalsystem und ein "Keimschema" kein eigentliches Leben. Die Stelle prachtvoll.)

zu: X. Moral und Recht. Gleichheit, S. 89-95

Dühring - Ökonomie - Die beiden Männer

Solange von Moral die Rede, kann Dühring sie als gleich setzen, aber sowie die Ökonomie anfängt, hört das auf. Wenn z.B. diese beiden Männer sind ein Yankee broken in to all trades |mit allen Wassern gewaschen| und ein Berliner Studiosus, der nichts mitbringt als sein Abiturientenzeugnis und die Wirklichkeitsphilosophie, dabei aus Prinzip nie auf dem Fechtboden gestärkte Arme, wo bleibt die Gleichheit? Der Yankee produziert alles, der Studiosus hilft bloß hier und da, und nach den Erträgen richtet sich die Verteilung, und in kurzem wird der Yankee die Mittel haben, etwaigen Zuwachs der Kolonie (durch Kinder oder Zuzug) kapitalistisch auszubeuten. Der ganze moderne Zustand, kapitalistische Produktion und alles kann also leicht aus den 2 Männern entstehn, ohne daß Einer einen Säbel braucht.

zu: X. Moral und Recht. Gleichheit, S. 95-100

Dühringiana

Gleichheit - Gerechtigkeit. - Die Vorstellung, daß die Gleichheit der Ausdruck der Gerechtigkeit, das Prinzip der vollkommnen politischen oder sozialen Anordnung, ist ganz historisch entstanden. Bei den naturwüchsigen Gemeinwesen existierte sie nicht, oder doch nur sehr beschränkt, für das vollberechtigte Mitglied eines einzelnen Gemeinwesens und war behaftet mit Sklaverei. Dito in der antiken Demokratie. Die Gleichheit aller Menschen, Griechen, Römer und Barbaren, Freier und Sklaven, Staatsangehöriger und Fremder, Bürger und Schutzverwandter etc., war für den

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antiken Kopf nicht nur verrückt, sondern verbrecherisch, und ihr erster Anfang wurde im Christentum konsequent verfolgt. - Im Christentum zuerst die negative Gleichheit aller Menschen vor Gott als Sünder, und in engerer Fassung die Gleichheit der einen wie der andren durch die Gnade und das Blut Christi erlösten Kinder Gottes. Beide Fassungen begründet in der Rolle des Christentums als Religion der Sklaven, Verbannten, Verstoßenen Verfolgten, Unterdrückten. Mit dem Sieg des Christentums fiel dies Moment in den Hintergrund, der Gegensatz von Gläubigen und Heiden, Orthodoxen und Ketzern wurde nächste Hauptsache. - Mit dem Aufkommen der Städte, und damit der mehr oder minder entwickelten Elemente der Bourgeoisie wie des Proletariats, mußte auch die Forderung der Gleichheit als Bedingung der bürgerlichen Existenz allmählich wieder aufdämmern und sich daran die proletarische Konsequenzzieherei von der politischen auf die soziale Gleichheit knüpfen. Dies, natürlich in religiöser Form, zuerst scharf ausgesprochen im Bauernkrieg. - Die bürgerliche Seite zuerst scharf, aber noch als allgemein menschlich formuliert durch Rousseau. Wie bei allen Forderungen der Bourgeoisie steht auch hier das Proletariat als verhängnisvoller Schatten daneben und zieht seine Konsequenzen (Babeuf). Dieser Zusammenhang zwischen bürgerlicher Gleichheit und proletarischer Konsequenzzieherei näher zu entwickeln.

Es hat also fast die ganze bisherige Geschichte dazu gebraucht, den Satz von der Gleichheit = Gerechtigkeit herauszuarbeiten, und erst als eine Bourgeoisie und ein Proletariat existierten, ist es gelungen. Der Satz der Gleichheit ist aber der, daß keine Vorrechte bestehen sollen, ist also wesentlich negativ, erklärt die ganze bisherige Geschichte für schlecht. Wegen seines Mangels an positivem Inhalt und wegen seiner kurzhändigen Verwerfung alles Frühern eignet er sich ebensosehr für Aufstellung durch eine große Revolution, [S.] 89-96, wie für spätere systemfabrizierende Flachköpfe. Aber Gleichheit = Gerechtigkeit als höchstes Prinzip und letzte Wahrheit hinstellen zu wollen, ist absurd. Gleichheit besteht bloß im Gegensatz zu Ungleichheit, Gerechtigkeit zu Unrecht, sind also noch mit dem Gegensatz zur alten bisherigen Geschichte behaftet, also mit der alten Gesellschaft selbst.{2}

Das schließt schon aus, daß sie die ewige Gerechtigkeit, Wahrheit ausmachen sollen. Wenige Generationen gesellschaftlicher Entwicklung unter

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kommunistischem Regime und unter den vermehrten Hülfsmitteln müssen die Menschen dahin bringen, daß dies Pochen auf Gleichheit und Recht ebenso lächerlich erscheint wie heute Pochen auf Adels- etc. Geburtsvorrechte, daß der Gegensatz zur alten Ungleichheit und zum alten positiven Recht, ja auch zum neuen Übergangsrecht aus dem praktischen Leben verschwunden ist, daß, wer auf pedantische Aushändigung seines gleichen und gerechten Produktenanteils beharrt, mit Aushändigung des Doppelten verhöhnt wird. Selbst Dühring wird dies "absehbar" finden, und wo bleibt dann die Gleichheit und Gerechtigkeit, als in der Rumpelkammer der historischen Erinnerung? Weil dergleichen zur Agitation heute vortrefflich ist, ist es noch lange keine ewige Wahrheit.

(Inhalt der Gleichheit zu entwickeln. - Beschränkung auf Rechte usw.)

Übrigens ist die abstrakte Gleichheitstheorie auch heute und für eine längere Zukunft noch ein Widersinn. Es wird keinem sozialistischen Proletarier oder Theoretiker einfallen, die abstrakte Gleichheit zwischen sich und einem Buschmann oder Feuerländer, ja nur einem Bauern oder halbfeudalen Landtaglöhner anerkennen zu wollen; und von dem Moment an, wo dies nur auf europäischem Boden überwunden ist, ist auch der abstrakte Gleichheitsstandpunkt überwunden. Mit Einführung der rationellen Gleichheit verliert diese Gleichheit selbst alle Bedeutung. Wenn die Gleichheit jetzt gefordert wird, so geschieht es in Antizipation der damit unter jetzigen historischen Verhältnissen von selbst folgenden intellektuellen und moralischen Ausgleichung. Eine ewige Moral muß aber zu allen Zeiten möglich gewesen sein und es allerorts sein. Das von der Gleichheit zu behaupten, fällt selbst Dühring nicht ein, im Gegenteil, er macht sein Provisorium der Repression, gibt also zu, daß sie keine ewige Wahrheit, sondern historisches Produkt und Attribut bestimmter historischer Zustände ist.

Die Gleichheit des Bourgeois (Abschaffung der Klassenprivilegien) ist sehr verschieden von der des Proletariers (Abschaffung der Klassen selbst). Weiter als diese letzte getrieben, d.h. abstrakt gefaßt, wird die Gleichheit Widersinn. Wie denn auch Herr Dühring schließlich genötigt ist, Gewalt, bewaffnete wie administrative, richterliche und polizeiliche, durch eine Hintertür wieder einzuführen.

So ist die Vorstellung der Gleichheit selbst ein historisches Produkt, zu deren Herausarbeitung die ganze Vorgeschichte nötig, die also nicht von Ewigkeit her als Wahrheit existierte. Daß sie sich jetzt bei der Mehrzahl der Leute - en principe |grundsätzlich| - von selbst versteht, ist keine Wirkung ihrer Axiom-

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haftigkeit, sondern der Verbreitung der Ideen des 18. Jahrhunderts. Und wenn daher die beiden famosen Männer sich heute auf den Boden der Gleichheit stellen, so kommt das eben daher, daß sie als jebildete Leute des 19. Jahrhunderts vorgestellt werden und ihnen dies "natürlich" ist. Wie sich wirkliche Leute verhalten und verhalten haben, hängt und hing stets von den geschichtlichen Verhältnissen ab, unter denen sie lebten.

zu: IX. Moral und Recht. Ewige Wahrheiten, S. 86-88
und X. Moral und Recht. Gleichheit,
S. 95-100

[Abhängigkeit der Ideen von den gesellschaftlichen Verhältnissen]

Die Vorstellung, als ob die Ideen und Vorstellungen der Menschen ihre Lebensbedingungen schüfen und nicht umgekehrt, wird durch die ganze bisherige Geschichte dementiert, in der stets etwas andres als das Gewollte herauskam, meist im weiteren Verlauf sogar das Gegenteil. Erst in einer mehr oder weniger entfernten Zukunft kann sie sich insofern realisieren, als die Menschen die Notwendigkeit einer durch die sich ändernden Verhältnisse gebotenen Änderung der gesellschaftlichen Verfassung (sit venia verbo |Entschuldigung für das Wort|) vorher erkennen und wollen, ehe sie sich ihnen unbewußt und ungewollt aufzwingt. - Dies gilt auch von den Rechtsvorstellungen, also der Politik (und as far as that goes |soweit es geht|, dieser Punkt unter der "Philosophie" zu behandeln - die "Gewalt" bleibt für die Ökonomie).

zu: XI. Moral und Recht, Freiheit und Notwendigkeit, S. 106/107
(siehe auch: Dritter Abschnitt, V. Staat, Familie, Erziehung,
S. 294-296)

Schon die richtige Widerspiegelung der Natur äußerst schwer, Produkt einer langen Erfahrungsgeschichte. Die Naturkräfte dem ursprünglichen Menschen etwas Fremdes, Geheimnisvolles, Überlegnes. Auf einer gewissen Stufe, die alle Kulturvölker durchmachen, assimiliert er sie sich durch Personifikation. Dieser Personifikationstrieb schuf eben überall Götter, und der consensus gentium |die Übereinstimmung der Völker hinsichtlich| des Beweises vom Dasein Gottes beweist eben nur die Allgemeinheit dieses Personifikationstriebs als notwendiger Durchgangsstufe, also auch der Religion. Erst die wirkliche Erkenntnis der Naturkräfte vertreibt die Götter oder den Gott aus einer Position nach der andern

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(Secchi und sein Sonnensystem). Dieser Prozeß jetzt so weit, daß er theoretisch als abgeschlossen angesehen werden kann.

In Gesellschaftsachen die Widerspiegelung noch schwieriger. Die Gesellschaft wird bestimmt durch die ökonomischen Verhältnisse, Produktion und Austausch, nebst den geschichtlichen Vorbedingungen.

zu: XII. Dialektik. Quantität und Qualität, S. 111-114
(siehe auch: Einleitung,
S. 20-23)

Gegensatz - wenn ein Ding mit dem Gegensatz behaftet ist, so befindet es sich mit sich selbst im Widerspruch, und sein Gedankenausdruck ebenfalls. Z.B. daß ein Ding gleichzeitig dasselbe bleibt und sich doch stets verändert, den Gegensatz von "Beharrung" und "Veränderung" an sich hat, ist ein Widerspruch.

zu: XIII. Dialektik. Negation der Negation

[Negation der Negation]

Alle indogermanischen Völker fangen an mit dem Gemeineigentum. Bei fast allen wird es im Verlauf der gesellschaftlichen Entwicklung aufgehoben, negiert, durch andre Formen - Privateigentum, feudales Eigentum, etc. - verdrängt. Diese Negation zu negieren, das Gemeineigentum auf einer höhern Entwicklungsstufe wieder herzustellen, ist die Aufgabe der - sozialen Revolution. Oder: die antike Philosophie war ursprünglich naturwüchsiger Materialismus. Aus diesem ging Idealismus, Spiritualismus, Negation des Materialismus hervor, erst in der Gestalt des Gegensatzes von Seele und Leib, dann in der Unsterblichkeitslehre und im Monotheismus. Vermittelst des Christentums wurde dieser Spiritualismus allgemein verbreitet. Die Negation dieser Negation ist - die Reproduktion des alten auf höherer Stufe, der moderne Materialismus, der im wissenschaftlichen Sozialismus seinen theoretischen Abschluß, der Vergangenheit gegenüber, findet ...

Diese natürlichen und historischen Prozesse haben selbstredend ihren Reflex im denkenden Gehirn und reproduzieren sich darin, wie sich dies schon bei den obigen Beispielen von -a × -a etc. zeigt; und grade die höchsten dialektischen Aufgaben lösen sich nur vermittelst dieser Methode.

Nun gibt's aber auch eine Schlechte, unfruchtbare Negation. - Die wahre, natürliche, historische und dialektische Negation ist ja eben das Treibende (formell genommen) aller Entwicklung - die Spaltung in Gegensätze, deren Kampf und Lösung, wobei (in der Geschichte teilweise,

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im Denken ganz) auf Grund der gewonnenen Erfahrung der ursprüngliche Ausgangspunkt, aber auf höherer Stufe wieder erreicht wird. - Diese unfruchtbare Negation ist die rein subjektive, individuelle, die nicht ein Entwicklungsstadium der Sache selbst, sondern eine von außen hineingetragne Meinung ist. Und da bei ihr nichts herauskommen kann, muß der so Negierende sich in Unfrieden mit der Welt befinden, alles Vorhandene und Geschehene, die ganze historische Entwicklung, griesgrämig bemängeln. Die alten Griechen haben zwar einiges geleistet, aber sie kannten keine Spektralanalyse, keine Chemie, keine Differentialrechnung, keine Dampfmaschine, keine Chausseen, elektrischen Telegraph und Eisenbahn. Was soll man sich noch viel mit den Produkten solcher untergeordneten Leute aufhalten. Alles ist schlecht - soweit ist diese Art Negant Pessimist - bis auf Allerhöchst uns selbst, die wir vollkommen sind, und somit geht unser Pessimismus in unserm Optimismus auf. Und somit haben wir selbst Negation der Negation begangen!

Sogar die Rousseausche Vorstellungsweise von der Geschichte: ursprüngliche Gleichheit - Verderben durch Ungleichheit - Herstellung der Gleichheit auf einer höhern Stufe - ist Negation der Negation.{3}

Idealismus - ideale Auffassung etc. von Dühring fortwährend gepredigt. Wenn wir aus den bestehenden Verhältnissen die Konsequenz für die Zukunft ziehn, wenn wir die positive Seite der in der laufenden Geschichte wirksamen negativen Elemente auffassen und untersuchen - und das tut sogar in seiner Art der philisterhafteste Fortschrittler, selbst der Idealist Lasker - so nennt Dühring das "Idealismus" und zieht draus für sich das Recht, eine phantastische, weil auf Unwissenheit beruhende Zukunftskonstruktion zu machen bis auf den Schulplan. Daß er dabei auch Negation der Negation begeht, übersieht er.

zu: XIII. Dialektik. Negation der Negation, S. 127-129

Negation der Negation und Widerspruch.

Das "Nichts" eines Positiven ist ein bestimmtes Nichts, sagt Hegel.

"Die Differentiale können angesehen und behandelt werden als wirkliche |Hervorhebung von Engels| Nullen, die aber unter sich in einem durch den Stand der grade vorliegenden Frage bestimmten Verhältnis stehen." Dies sei mathematisch kein Unsinn, sagt Bossut.

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0/0 könne einen sehr bestimmten Wert haben, wenn entstanden durch gleichzeitiges Verschwinden des Zählers und Nenners. Dito 0 : 0 = A : B, wo 0/0 = A/B, also mit dem Wert von A und B wechsle (p. 95, Beispiele). Und ist das kein "Widerspruch", daß Nullen in Verhältnissen stehn, d.h. nicht nur Wert überhaupt, sondern sogar verschiedne Werte haben könnten, die in Zahlen ausgedrückt werden können? 1 : 2 = 1 : 2; 1 - 1 : 2 - 2 = 1 : 2; 0 : 0 = 1 : 2.

Dühring sagt selbst, daß jene Summationen unbeschränkt kleiner Größen, die höchsten etc. der Mathematik sind, zu deutsch die Integralrechnung. Und wie vollzieht sich diese? Ich habe 2, 3 oder mehr variable Größen, d.h. solche, die bei ihrer Veränderung ein bestimmtes Verhältnis unter sich beobachten. Meinetwegen 2, x und y, und soll eine bestimmte, durch gewöhnliche Mathematik unlösbare Aufgabe lösen, in der x und y fungieren. Ich differenziere x und y, d.h. ich nehme x und y so unendlich klein an, daß sie gegen jede noch so kleine wirkliche Größe verschwinden - daß von

x und y nichts bleibt als ihr gegenseitiges Verhältnis, ohne alle materielle Grundlage, dx/dy ist also = 0/0 , aber 0/0 gesetzt im Verhältnis von x/y . Daß dies Verhältnis zwischen zwei verschwundnen Größen, der fixierte Moment ihres Verschwindens, ein Widerspruch ist, kann uns nicht stören. Was anders also habe ich getan, als daß ich x und y negiert habe, aber nicht so, daß ich mich nicht mehr um sie kümmre, sondern in der der Sache entsprechenden Weise. Statt x und y habe ich ihre Negation, dx und dy, in den mir vorliegenden Formeln oder Gleichungen. Ich rechne nun mit diesen Formeln wie gewöhnlich, behandle dx und dy als ob sie wirkliche Größen wären, und an einem gewissen Punkt - negiere ich die Negation, d.h. integriere die Differentialformel, setze an Stelle von dx und dy die wirklichen Größen x und y und bin damit nicht wieder so weit wie vorher, sondern ich habe damit die Aufgabe gelöst, an der sich die gewöhnliche Geometrie und Algebra vergebens die Zähne ausbeißen.

Zum zweiten Abschnitt: Politische Ökonomie

zu: II. Gewaltstheorie

Sklaverei, wo sie Hauptform der Produktion, macht die Arbeit zu sklavischer Tätigkeit, also entehrend für Freie. Damit der Ausweg aus einer

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solchen Produktionsweise verschlossen, während andrerseits die entwickeltere Produktion an der Sklaverei ihre Schranke findet und zu deren Beseitigung gedrängt wird. An diesem Widerspruch geht jede auf Sklaverei gegründete Produktion und die auf ihr gegründeten Gemeinwesen zugrunde. Lösung in den meisten Fällen durch gewaltsame Knechtung der verkommenden Gemeinwesen durch andre, stärkere (Griechenland durch Mazedonien und später Rom); solange diese selbst auf Sklaverei beruhen, wird das Zentrum nur verlegt und der Prozeß auf höherer Stufe wiederholt bis (Rom) endlich ein Volk erobert, das eine andre Produktionsform an die Stelle der Sklaverei setzt. Oder aber die Sklaverei wird durch Zwang oder freiwillig abgeschafft und dann geht die bisherige Produktionsweise zugrunde; an Stelle der großen Kultur tritt Squatterparzellenbau wie in Amerika. Insofern ging auch Griechenland an der Sklaverei zugrunde, wobei noch Aristoteles: daß der Umgang mit Sklaven die Bürger demoralisiert - abgesehn davon, daß sie den Bürgern das Arbeiten unmöglich macht. (Haussklaverei wie im Orient eine andre Sache: hier bildet sie nicht direkt die Grundlage der Produktion, sondern indirekt, als ein Bestandteil der Familie, und sie geht unmerklich in die Familie über (Haremssklavinnen).)

zu: III. Gewaltstheorie (Fortsetzung)

Die Dühringsche verwerfliche Geschichte wird beherrscht von der Gewalt. Die wirkliche, fortschreitende [historische Bewegung wird beherrscht] von materiellen Errungenschaften, die bleiben.

zu: III. Gewaltstheorie (Fortsetzung)

Und womit wird die Gewalt, die Armee erhalten? Durch Geld. Also sofort wieder abhängig von der Produktion. Vgl. Athens Flotte und Politik. (380-340 [v.u.Z.]) Die Gewalt über die Bundesgenossen scheiterte am Mangel der materiellen Mittel, lange und kräftige Kriege zu führen. Die englischen Subsidien, durch die neue große Industrie geschaffen, schlugen Napoleon.

zu: III. Gewaltstheorie (Fortsetzung)

[Partei und militärische Ausbildung]

Beim Kampf ums Dasein und Dührings Deklamationen gegen Kampf und Waffen hervorzuheben die Notwendigkeit, daß eine revolutionäre Partei auch den Kampf kenne: die Revolution steht ihr möglicherweise einmal bevor; aber nicht gegen den jetzigen militärisch-bürokratischen Staat, das

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wäre politisch ebenso wahnsinnig, wie Babeufs Versuch, vom Direktorium sofort in den Kommunismus zu springen, ja noch wahnsinniger, denn das Direktorium war doch eine bürgerliche und bäuerliche Regierung. Aber gegen den auf den jetzigen folgenden Bourgeoisstaat kann die Partei zu revolutionären Schritten, zur Wahrung der von der Bourgeoisie selbst gegebnen Gesetze gezwungen werden. Daher die allgemeine Wehrpflicht in unsren Interessen, und sollte von allen benutzt werden, um den Kampf zu lernen, besonders aber von denen, deren Bildung ihnen erlaubt, als einjährige Freiwillige die militärische Bildung zum Offizier sich zu erwerben.

zu: IV. Gewaltstheorie (Schluß)

Zur "Gewalt"

Daß die Gewalt auch revolutionär wirkt, und zwar in allen entscheidenden "kritischen" Epochen wie beim Übergang zur Sozialität und da auch nur als Notwehr gegen reaktionäre auswärtige Feinde, anerkannt. Aber die bei Marx dargestellte Umwälzung des 16. Jahrhunderts in England hatte auch ihre revolutionäre Seite, sie war eine Grundbedingung der Verwandlung des feudalen Grundbesitzes in bürgerlichen und der Entwicklung der Bourgeoisie. Die französische Revolution 1789 wandte ebenfalls bedeutend Gewalt an, der 4. August sanktionierte bloß die Gewalthandlungen der Bauern und wurde ergänzt durch die Konfiskation der adligen und kirchlichen Güter. Die Gewalteroberung, der Germanen, die Gründung von Eroberungsreichen, wo das Land und nicht die Stadt herrschte (wie im Altertum), war begleitet - und eben aus diesem letzteren Grund - mit Verwandlung der Sklaverei in die leichtere Leibeigenschaft resp. Hörigkeit (im Altertum Latifundien begleitet von Verwandlung von Ackerland in Viehweide).

zu: IV. Gewaltstheorie (Schluß)

[Gewalt, Gemeineigentum, Ökonomie und Politik]

Als die Indogermanen nach Europa einwanderten, verdrängten sie die Urbewohner mit Gewalt und bebauten das Land mit Gemeindebesitz. Bei Kelten, Germanen und Slawen dies letztere noch historisch nachweisbar, und bei Slawen, Germanen und selbst Kelten (rundale) existiert es noch, selbst unter der Form direkter (Rußland) oder indirekter Hörigkeit (Irland). Die Gewalt hörte auf, sobald die Lappen und Basken vertrieben. Nach innen herrschte Gleichheit oder resp. freiwillig zugestandene Bevorzugung, Da, wo aus dem Gemeineigentum das Privateigentum der einzelnen

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Bauern am Boden entstand, vollzog sich bis zum 16. Jahrhundert diese Teilung rein spontan unter den Gemeindegliedern, sie erfolgte meist ganz allmählich und Reste von Gemeinbesitz blieben sehr gewöhnlich. Von Gewalt war keine Rede, diese richtete sich erst gegen die Reste (England 18. und 19., Deutschland hauptsächlich 19. Jahrhundert). Irland ist ein besondrer Fall. Dies Gemeineigentum hat in Indien und Rußland unter den verschiedensten Gewaltseroberungen und Despotismen ruhig fortbestanden und seine Basis gebildet. Rußland ein Beweis, wie die Produktionsverhältnisse die politischen Gewaltsverhältnisse bestimmen. Bis Ende des 17. Jahrhunderts der russische Bauer wenig gedrückt, freizügig, kaum hörig. Der erste Romanow band die Bauern an die Scholle. Mit Peter fing der auswärtige Handel Rußlands an, das nur Ackerbauprodukte auszuführen hatte. Damit die Bedrückung der Bauern, die in demselben Verhältnis stieg wie die Ausfuhr, um derentwillen sie erfolgte, bis Katharina diese Bedrückung vollständig machte und die Gesetzgebung abschloß. Diese Gesetzgebung erlaubte aber den Gutsbesitzern, die Bauern immer mehr zu schinden, so daß der Druck mehr und mehr stieg.

zu: IV. Gewaltstheorie (Schluß)

Wenn die Gewalt die Ursache der sozialen und politischen Zustände was denn die Ursache der Gewalt? Die Aneignung fremder Arbeitsprodukte und fremder Arbeitskraft. Die Gewalt konnte den Verzehr der Produkte ändern, aber nicht die Produktionsweise selbst, sie konnte nicht Fronarbeit in Lohnarbeit verwandeln, es sei denn, daß die Bedingungen dazu vorhanden und die Fronform eine Fessel der Produktion geworden.

zu: IV. Gewaltstheorie (Schluß)

Bisher Gewalt - von jetzt an Sozialität. Reiner frommer Wunsch, Forderung der "Gerechtigkeit". Aber schon Th. Morus hat diese Forderung vor 350 Jahren gestellt, ohne daß sie erfüllt. Weshalb sollte sie denn jetzt erfüllt werden? Dühring hat keine Antwort. In Wirklichkeit, die große Industrie stellt die Forderung nicht als eine der Gerechtigkeit, sondern als Notwendigkeit der Produktion auf, und das ändert alles.

Zum dritten Abschnitt: Sozialismus

zu: I. Geschichtliches

589

Fourier ("Nouveau monde industriel et sociétaire").

Element der Ungleichheit: "da der Mensch instinktiv ein Feind der Gleichheit ist" [p.] 59.

"Dieser Betrugsmechanismus, den man Zivilisation nennt", 81.

"Man sollte es vermeiden, sie" (die Frauen), "wie es bei uns üblich ist, auf undankbare Aufgaben, auf Bedientenrollen zu beschränken, die ihnen von der Philosophie zugewiesen werden, welche behauptet, daß eine Frau nur dazu geschaffen ist, die Töpfe zu waschen und alte Hosen zu flicken", 141.

"Gott hat die Arbeit in der Manufaktur mit einer Dosis von Anziehungskraft bedacht, die nur einem Viertel der Zeit entspricht, welche der gesellschaftliche Mensch der Arbeit widmen kann." Der Rest soll daher dem Ackerbau, der Viehzucht, der Küche, den industriellen Armeen gehören. 152,

"Die zärtliche Moral, die gütige und reine Freundin des Handels", 161. "Kritik der Moral" 162 ff.

In der heutigen Gesellschaft "im zivilisierten Mechanismus", herrscht "Doppelseitigkeit des Handelns, Gegensatz zwischen dem individuellen und kollektiven Interesse"; es ist "ein allgemeiner Kampf der Individuen gegen die Massen. Und da wagen es unsere politischen Wissenschaften von Aktionseinheit zu sprechen!" 172.

"Weil die Modernen die Theorie der Ausnahmen oder Übergänge, die Theorie der Bastarde nicht kannten, sind sie überall im Studium der Natur gescheitert." (Beispiel des "Bastards: die Quitte, die Nektarine, der Aal, die Fledermaus etc.") 191.

Zweiter Teil {4}

[Zu der Behauptung von Dühring, "daß die Willensbetätigung, vermöge deren die Vereinigungsgebilde der Menschen geschaffen werden, an sich selbst unter Naturgesetzen stehen":]

Also von historischer Entwicklung keine Rede. Bloßes ewiges Naturgesetz. Alles ist Psychologie und diese leider noch weit "rückständiger" als die Politik.

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[In unmittelbarem Zusammenhang mit den Dühringschen Ausführungen über Sklaverei, Lohnhörigkeit und Gewalteigentum als "sozial-ökonomische Verfassungsformen echt politischer Natur":]

Immer der Glaube, daß die Ökonomie nur ewige Naturgesetze habe, alle Änderung und Fälschung durch die böse Politik gemacht.

In der ganzen Gewalttheorie also soviel richtig, daß bisher alle Gesellschaftsformen zu ihrer Erhaltung Gewalt nötig hatten und sogar teilweise gewaltsam eingeführt worden. Diese Gewalt, in ihrer organisierten Form, heißt Staat. Wir haben hier also die Trivialität, daß, sowie die Menschen sich über die rohesten Zustände erhoben, überall Staaten existiert haben, und um das zu wissen, hat die Welt nicht auf Dühring gewartet. - Nun ist aber Staat und Gewalt grade das allen bisherigen Gesellschaftsformen Gemeinsame, und wenn ich z.B. die orientalischen Despotismen, die antiken Republiken, die mazedonischen Monarchien, das römische Kaisertum, den Feudalismus des Mittelalters dadurch erkläre, daß sie alle auf Gewalt beruhn, so habe ich noch gar nichts erklärt. Die verschiednen sozialen und politischen Formen müssen also nicht durch die Gewalt, die ja stets dieselbe, sondern durch dasjenige erklärt werden, worauf die Gewalt angewandt wird, auf das, was geraubt wird - die Produkte und Produktivkräfte der jedesmaligen Epoche und deren aus ihnen selbst hervorgehende Disposition. Und da würde man finden, daß der orientalische Despotismus auf dem Gemeineigentum, die antiken Republiken auf den ackerbautreibenden Städten, das römische Kaiserreich auf den Latifundien, der Feudalismus auf der Herrschaft des Landes über die Stadt, die ihre materiellen Gründe hatte, beruhn etc.

[Engels zitiert folgende Ausführungen Dührings: "Die Naturgesetze der Wirtschaft werden in aller Strenge erst dadurch gewonnen, daß man die Wirkungen der Staats- und Gesellschaftseinrichtungen (!) und namentlich diejenigen des mit Lohnhörigkeit verknüpften Gewalteigentums in Gedanken ausmerzt und sich hütet, die letzteren als Notwendigkeiten der bleibenden Natur (!) des Menschen anzusehn ..."

Auf diese Ausführungen Dührings beziehen sich die folgenden Bemerkungen:]

Die Naturgesetze der Wirtschaft werden also nur dann entdeckt, wenn man von aller bisherigen Wirtschaft abstrahiert, sie haben bisher nie ungefälscht agiert! - Bleibende Natur des Menschen - vom Affen bis Goethe!

Dühring soll mit dieser Theorie der "Gewalt" erklären, woher es so kommt, daß überall und von jeher die Majorität aus Vergewaltigten, die Minderzahl aus Gewalthabern bestand. Das ist an sich schon Beweis, daß das Gewaltsverhältnis in den ökonomischen Bedingungen begründet, die man nicht so einfach auf politischem Wege umwerfen kann.

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Bei Dühring wird Rente, Profit, Zins, Arbeitslohn nicht erklärt, sondern gesagt, die Gewalt habe das so gemacht. Woher aber die Gewalt? Non est. |Wird nicht gesagt.|

Gewalt macht Besitz und Besitz ökonomische Macht. Also Gewalt = Macht.

Marx hat im "Kapital" (Akkumulation) bewiesen, wie die Gesetze der Warenproduktion auf einer gewissen Stufe der Entwicklung die kapitalistische Produktion mit allen ihren Schikanen notwendig hervorbringen, und daß dazu gar keine Gewalt nötig ist. |Siehe S. 151|

Wenn Dühring die politische Aktion als letzte Entscheidungsmacht der Geschichte ansieht und tut, als wäre das was Neues, so sagt er doch nur, was alle bisherigen Geschichtsschreiber sagten, für die auch die sozialen Formen lediglich durch die politischen, nicht durch die Produktion bestimmt werden.

C'est trop bon! |Das ist zuviel des Guten!| Die ganze Freihandelsschule von Smith an, ja die ganze vormarxsche Ökonomie sieht in den ökonomischen Gesetzen, soweit sie sie verstehn, "Naturgesetze" und behauptet, daß deren Wirkung vom Staat, von den "Wirkungen der Staats- und Gesellschaftseinrichtungen" gefälscht werden!

Übrigens diese ganze Theorie bloß ein Versuch, den Sozialismus auf Carey zu begründen: die Ökonomie ist an sich harmonisch, der Staat mit seiner Einmischung verdirbt alles.

Komplement der Gewalt ist die ewige Gerechtigkeit, sie erscheint p. 282.

[Die Ansichten Dührings, die er bei seiner Kritik an Smith, Ricardo und Carey entwickelt, werden von Engels wie folgt charakterisiert: "Die Produktion sei in ihrer abstraktesten Form ganz gut an einem Robinson zu studieren, die Verteilung an 2 auf einer Insel alleinstehenden Menschen, wobei man sich ja alle Zwischenstufen von vollständiger Gleichheit bis zum vollendeten Gegensatz von Herr und Sklave denken könne ..." Engels zitiert folgenden Satz Dührings: "Der wirklich in letzter Instanz für die Verteilungslehre maßgebende Standpunkt ist aber nur mit der ernstlich sozialen (!) Betrachtung zu gewinnen ..."]

Also man abstrahiert erst aus der wirklichen Geschichte die verschiednen Rechtsverhältnisse und trennt sie von der historischen Grundlage,

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auf der sie entstanden sind und allein einen Sinn haben, und überträgt sie auf 2 Individuen: Robinson und Freitag, wo sie natürlich ganz willkürlich erscheinen. Nachdem man sie so auf die reine Gewalt reduziert, überträgt man sie wieder in die wirkliche Geschichte und beweist damit, daß auch hier alles auf bloßer Gewalt beruht. Daß die Gewalt auf ein materielles Substrat angewandt werden muß und es sich grade darum handelt nachzuweisen, woher dies entstanden, rührt Dühring nicht.

[Engels zitiert folgende Stelle aus Dührings "Cursus der National- und Socialökonomie": "Die allen volkswirtschaftlichen Systemen gemeinsame Überlieferung sieht in der Verteilung nur einen sozusagen laufenden Hergang, welcher sich auf eine als fertiges Gesamterzeugnis vorgestellte Produktenmasse bezieht, ... eine tiefere Grundlegung hat vielmehr diejenige Verteilung ins Auge zu fassen, welche sich auf die ökonomischen oder ökonomisch wirksamen Rechte selbst und nicht bloß auf die laufenden und sich häufenden Konsequenzen dieser Rechte bezieht."]

Einleitung und Gewalt[stheorie-Kapitel in Dührings "Cursus der National- und Socialökonomie"].

Also die Untersuchung der Verteilung der laufenden Produktion genügt nicht.

Bodenrente setzt Grundbesitz, Profit Kapital, Arbeitslohn besitzlose Arbeiter, Eigner bloßer Arbeitskraft voraus. Man soll also untersuchen, woher dies kommt. Soweit dies ihn anging, für Kapital und besitzlose Arbeitskraft, hat Marx dies im I. Bande getan, die Untersuchung des Ursprungs des modernen Grundeigentums gehört zu der der Grundrente, also in seinen II. Band - Dührings Untersuchung und geschichtliche Begründung beschränkt sich auf das eine Wort: Gewalt! Hier schon direkte mala fides |böswillige Absicht|. Wie D[ühring] das große Grundeigentum erklärt siehe: Reichtum und Wert; dies besser hierherzuziehn.

Also die Gewalt macht die ökonomischen, politischen etc. Lebensbedingungen einer Epoche, eines Volks etc. Wer aber macht die Gewalt? Die organisierte Gewalt ist vor allem die Armee. Und nichts hängt mehr von den ökonomischen Bedingungen ab als grade die Zusammensetzung, Organisation, Bewaffnung, Strategie und Taktik einer Armee. Die Grundlage die Bewaffnung, und diese wieder direkt abhängig von der Produktionsstufe. Stein-, Bronze-, Eisenwaffen, Panzer, Reiterei, Schießpulver und nun gar die enorme Umwälzung, die die große Industrie im Krieg hervorgebracht durch gezogne Hinterlader und Artillerie - Produkte, die nur die

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große Industrie mit ihren gleichmäßig arbeitenden und fast absolut identische Produkte erzeugenden Maschinen herstellen konnte. Von der Bewaffnung hängt wieder die Zusammensetzung und Organisation, die Strategie und Taktik ab. Letztere auch von der Wegbarkeit - die Anlage und Erfolge der Schlacht bei Jena bei den jetzigen Chausseen unmöglich - und nun gar die Eisenbahnen! Grade die Gewalt also steht unter der Herrschaft der vorgefundenen Produktionsbedingungen mehr als alles andre, und das hat selbst Hauptmann Jähns eingesehn. ("K[ölnische] Z[eitung]", Machiavelli etc.)

Dabei besonders hervorzuheben die moderne Kriegführung von der Bajonettflinte bis auf den Hinterlader, wo nicht der Mann mit dem Säbel die Sache macht, sondern die Waffe; Linie, Kolonne bei schlechten Truppen, aber gedeckt durch Tirailleure (Jena contra Wellington) und endlich die allgemeine Auflösung in Schützen und Verwandlung des langsamen Schritts in Laufschritt.

[Nach Dühring ist "die geschickte Hand- oder Kopf als ein der Gesellschaft gehöriges Produktionsmittel, als eine Maschine zu betrachten, deren Produktion der Gesellschaft gehört".]

Aber die Maschine setzt nicht Wert zu, die geschickte Hand aber doch! Das ökonomische Wertgesetz wird also, quant à cela |was dies anbelangt|, verboten, obwohl es bleiben soll.

[Zu Dührings Konzeption über die "politisch juristische Grundlage der ganzen Sozialität":]

Damit gleich der idealistische Maßstab angelegt. Nicht die Produktion selbst, das Recht.

[Über die Dühringsche "Wirtschaftskommune" und das in ihr herrschende System der Arbeitsteilung, der Verteilung, des Austauschs und das Geldsystem:]

Also auch Ablohnung des einzelnen Arbeiters durch die Gesellschaft.

Also auch Schatzbildung, Wucher, Kredit und alle Folgen bis zur Geldkrise und Geldnot. Das Geld sprengt die wirtschaftliche Kommune ebenso notwendig wie es in diesem Augenblick die russische Kommune zu sprengen auf dem besten Wege ist und die Familienkommune, sobald es den Verkehr der einzelnen Glieder vermittelt.

[Engels zitiert folgenden Satz Dührings: "Wirkliche Arbeit in irgendeiner Form ist also das Naturgesetz gesunder Gestaltungen" und fügt in Klammern hinzu: "(wonach alle bisherigen ungesund) ... "

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Zu dieser Darlegung Dührings:]

Entweder ist hier Arbeit als ökonomische, materiell produktive Arbeit gefaßt, und dann ist der Satz Unsinn und paßt nicht auf die ganze vergangne Geschichte. Oder Arbeit ist in einer allgemeineren Form gefaßt, worin jede Art der in einer Periode nötigen oder brauchbaren Tätigkeit, Regieren, Richten, Waffenüben, darunter verstanden wird, und dann ist er wieder ein heillos aufgeblähter Gemeinplatz und gehört nicht in die Ökonomie. Den Sozialisten aber mit diesem alten Kram imponieren wollen, indem man ihn "Naturgesetz" tauft, ist a trifle impudent |ein wenig unverschämt|.

[Zu Dührings Schilderung über den Zusammenhang zwischen Raub und Reichtum:]

Hier die ganze Methode. Jedes ökonomische Verhältnis zuerst unter dem Gesichtspunkt der Produktion aufgefaßt, abgesehn von aller geschichtlichen Bestimmung. Daher kann nur das Allerallgemeinste gesagt werden, und will Dühring darüber hinausgehn, so muß er die bestimmten historischen Verhältnisse einer Epoche nehmen, also aus der abstrakten Produktion herausfallen und Konfusion machen. Dann wird dasselbe ökonomische Verhältnis unter dem Gesichtspunkt der Verteilung gefaßt, d.h. die bisherige historische Gestaltung auf die Phrase: Gewalt reduziert und sich dann über die bösen Folgen der Gewalt entrüstet. Wohin wir damit kommen, werden wir bei den Naturgesetzen sehn.

[Zu Dührings Behauptung, daß zur Führung einer Wirtschaft in großem Maßstab "Sklaverei" oder "Leibeigenschaft" notwendig sei:]

Also: 1. Die Weltgeschichte fängt mit dem großen Grundeigentum an! Die Bodenkultur auf großen Strecken ist identisch mit der Kultur durch große Grundbesitzer! Der Boden Italiens, der von den Latifundiern in Viehweide verwandelt, lag vorher öde! Die Nordstaaten Amerikas haben sich nicht durch freie Bauern so enorm ausgedehnt, sondern durch Sklaven, Hörige etc.!

Wieder der mauvais calembour |(das) schlechte Wortspiel|: "Bewirtschaftung in größeren Strecken" soll = Urbarmachung derselben gelten, wird aber sogleich = Bewirtschaftung auf großem Maßstabe = großes Grundeigentum genommen! Und in diesem Sinne welche enorm neue Entdeckung, daß, wenn einer mehr Land besitzt, als er und Familie bebauen kann, er ohne fremde Arbeit es nicht alles bebauen könne! Dabei ist die Bewirtschaftung durch Hörige ja nicht die Bewirtschaftung größerer Strecken, sondern von Parzellen und die

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Bewirtschaftung stets älter als die Hörigkeit (Rußland, die flämischen, holländischen und friesischen Kolonien in der slawischen Mark, s. Langethal), die ursprünglich freien Bauern werden hörig gemacht, werden es stellenweise selbst formell freiwillig.

[Zur Behauptung Dührings, daß die Größe des Werts von der Größe des Naturhindernisses abhängig sei, das sich der Befriedigung der Bedürfnisse entgegenstemmt und das "sie zu größeren oder geringeren Ausgaben an wirtschaftlicher Kraft (!) nötigt":]

Überwindung des Widerstandes - aus der mathematischen Mechanik herübergenommene Kategorie, die absurd wird in der Ökonomie. Ich spinne, webe, bleiche, drucke nacheinander Baumwolle, heißt jetzt: ich überwinde den Widerstand der Baumwolle gegen das Gesponnenwerden, des Garns gegen das Gewebtwerden, des Gewebes gegen das Gebleicht- und Gedrucktwerden. Ich mache eine Dampfmaschine, heißt: ich überwinde den Widerstand des Eisens gegen die Verwandlung in eine Dampfmaschine. Ich drücke die Sache auf einem hochtrabenden Umweg aus, der nichts hinzufügt als Schiefheit. Aber - ich kann damit den Verteilungswert, wo auch angeblich ein Widerstand zu überwinden ist, hereinziehn. Drum auch!

[Zu den Worten Dührings: "Der Verteilungswert ist rein und ausschließlich nur da vorhanden, wo die Verfügungsmacht über unproduzierte Dinge oder (!), gewöhnlicher geredet, diese" (unproduzierten!) "Dinge selbst gegen Leistungen oder Sachen von wirklichem Produktionswert ausgewechselt werden":]

Was ist ein unproduziertes Ding? Der modern kultivierte Boden? oder soll es heißen Dinge, die der Eigentümer nicht selbst produziert hat? Aber dazu der Gegensatz von "wirklichem Produktionswert". Der folgende Satz zeigt, daß es wieder ein mauvais calembour ist. Naturgegenstände, die nicht produziert worden, werden zusammengeworfen mit "ohne Gegenleistung angeeigneten Wertbestandteilen".

[Dühring behauptet, daß alle menschlichen Einrichtungen und Tatsachen unverbrüchlich determiniert, aber durchaus nicht "in allen Hauptzügen gleich dem äußeren Naturspiel praktisch unabänderlich":]

Also Naturgesetz ist's und bleibt's.

Daß die Gesetze der Ökonomie in aller bisherigen plan- und zusammenhangslosen Produktion den Menschen als objektive Gesetze, über die sie keine Macht haben, entgegentreten, also in Form von Naturgesetzen, davon kein Wort.

[Über Dührings "Grundgesetz aller Ökonomie": "Die Produktivität der wirtschaftlichen Mittel, Naturhülfsquellen und Menschenkraft, wird durch Erfindungen und Ent-

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deckungen gesteigert, und zwar geschieht dies ganz abgesehn von der Verteilung, die als solche immerhin erhebliche Veränderungen erfahren oder verursachen mag, aber das Gepräge (!) des Hauptergebnisses nicht bestimmt":]

Dieser Schlußsatz: und zwar etc., fügt dem Gesetz nichts Neues hinzu, denn wenn das Gesetz wahr ist, so kann die Verteilung nichts dran ändern, und es ist also überflüssig zu sagen, daß es für jede Verteilungsform richtig ist - sonst wäre es ja kein Naturgesetz. Er ist aber bloß zugesetzt, weil Dühring sich doch schämte, das ganze nackte Gesetz so nackt in seiner Plattheit hinzustellen. Zudem ist er widersinnig, denn wenn die Verteilung immerhin erhebliche Veränderungen verursachen mag, so kann nicht von ihr "ganz abgesehn" werden. Wir streichen ihn also und erhalten dann das Gesetz pür und simple - das Fundamentalgesetz der ganzen Ökonomie.

Dies ist aber noch nicht platt genug. Wir werden belehrt:

[Engels führt weitere Auszüge aus dem Buche Dührings "Cursus der National- und Socialökonomie" an.]

[Dühring behauptet, daß der wirtschaftliche Fortschritt nicht von der Summe der Produktionsmittel, "sondern nur von dem Wissen und den allgemeinen technischen Verfahrungsarten" abhängig sei, und dieses "zeigt sich auch sogleich" nach der Meinung Dührings, wenn man "das Kapital in seinem natürlichen Sinn als Instrument der Produktion versteht"]

Die im Nil liegenden Dampfpflüge der Khedive und die in Schuppen nutzlos stehenden Dreschmaschinen etc. der russischen Adligen beweisen das. Auch der Dampf etc. hat seine historischen Vorbedingungen, die zwar verhältnismäßig leicht zu schaffen sind, aber doch geschaffen werden müssen. Aber Dühring ist ganz stolz darauf, daß er damit jenen Satz, der einen ganz andern Sinn hat, so weit heruntergebracht hat, daß diese "Idee mit unserem an die Spitze gestellten Gesetz zusammenfällt", p. 71. Die Ökonomen dachten sich doch noch etwas Reelles bei diesem Gesetz. Dühring hat es auf die äußerste Plattheit reduziert..

[Zu der Dühringschen Formulierung des Naturgesetzes der Arbeitsteilung: "Die Spaltung der Berufszweige und die Zerlegung der Tätigkeiten erhöht die Produktivität der Arbeit":]

Diese Formulierung falsch, da sie nur für die bürgerliche Produktion richtig und die Teilung der Berufsarten auch da schon Schranke der Produktion wird durch Verkrüpplung und Verknöcherung der Individuen, aber künftig ganz fortfallend. Wir sehn hier schon, daß diese Teilung der Berufsarten in heutiger Weise für Dühring etwas Permanentes ist, auch für die Sozialität.


{1} Randbemerkung von Engels: "Und die unwillkürliche Anpassung auch bei Tieren die Hauptsache".

{2} Randbemerkung von Engels: "Die Gleichheitsvorstellung aus der Gleichheit der allgemeinen menschlichen Arbeit in der Warenproduktion." "Kapital", p. 36 (siehe: Karl Marx, "Das Kapital", in: Karl Marx/Friedrich Engels, Werke, Bd. 23, S. 73/74)

{3} Dieser Absatz steht am Rande des Manuskripts ohne Angabe der Stelle, auf die er sich bezieht.

{4} In seinem zweiten Teil besteht das Manuskript der Vorarbeiten zum "Anti-Dühring" aus Auszügen, entnommen dem "Cursus der National- und Socialökonomie" von E. Dühring. Wir geben hier nur einige am Rande gemachte Bemerkungen von Engels wieder mit kurzen Hinweisen, auf welche Gedankengänge bei Dühring sie sich beziehen.


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Datum der letzten Änderung : Jena, den : 13.11.2013