Vom obersten Grundsatz aller synthetischen Urteile | Inhalt | A. Erste Analogie

Dritter Abschnitt
DAS SYSTEM DER GRUNDSÄTZE
DES REINEN VERSTANDES

Systematische Vorstellung
aller synthetischen Grundsätze desselben

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Daß überhaupt irgendwo Grundsätze stattfinden, das ist lediglich dem reinen Verstande zuzuschreiben, der nicht allein das Vermögen der Regeln ist, in Ansehung dessen, was geschieht, sondern selbst der Quell der Grundsätze, nach welchem alles (was uns nur als Gegenstand vorkommen kann) notwendig unter Regeln steht, weil ohne solche den Erscheinungen niemals Erkenntnis eines ihnen korrespondierenden Gegenstandes zukommen könnte. Selbst Naturgesetze, wenn sie als Grundsätze des empirischen Verstandesgebrauchs betrachtet werden, führen zugleich einen Ausdruck der Notwendigkeit, mithin wenigstens die Vermutung einer Bestimmung aus Gründen, die a priori und vor aller Erfahrung gültig seien, bei sich. Aber ohne Unterschied stehen alle Gesetze der Natur unter höheren Grundsätzen des Verstandes, indem sie | diese nur auf besondere Fälle der Erscheinung anwenden. Diese ' allein geben also den Begriff, der die Bedingung und gleichsam den Exponenten zu einer Regel überhaupt enthält, Erfahrung aber gibt den Fall, der unter der Regel steht.

Daß man bloß empirische Grundsätze für Grundsätze des reinen Verstandes oder auch umgekehrt ansehe, deshalb kann wohl eigentlich keine Gefahr sein; denn die Notwendigkeit nach Begriffen, welche die letztere auszeichnet und deren Mangel in jedem empirischen Satz, so allgemein er auch gelten mag, leicht wahrgenommen wird, kann diese Verwechslung leicht verhüten. Es gibt aber reine Grundsätze a priori, die ich gleichwohl doch nicht dem reinen Verstand eigentümlich beimessen möchte, darum, weil sie nicht aus reinen Begriffen, sondern aus reinen Anschauungen (obgleich vermittels des Verstandes) gezogen sind; Verstand ist aber das Vermögen der Begriffe. Die Mathematik

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hat dergleichen, aber ihre Anwendung auf Erfahrung, mithin ihre objektive Gültigkeit, ja die Möglichkeit solcher synthetischer Erkenntnis a priori (die Deduktion derselben) beruht doch immer auf dem reinen Verstand.

Daher werde ich unter meine Grundsätze die der Mathematik nicht mitzählen, aber wohl diejenigen, worauf sich dieser ihre Möglichkeit und objektive Gültigkeit a priori gründet und die mithin als Principium dieser Grundsätze anzusehen sind und von Begriffen zur Anschauung, nicht aber von der Anschauung zu Begriffen ausgehen.

In der Anwendung der reinen Verstandesbegriffe auf mögliche Erfahrung ist der Gebrauch ihrer Synthesis entweder mathematisch oder dynamisch: denn sie geht teils bloß auf die Anschauung, teils auf das Dasein einer Erscheinung überhaupt. Die Bedingungen a priori der Anschauung sind aber in Ansehung einer möglichen Erfahrung durchaus notwendig, die des Daseins der Objekte einer möglichen empirischen Anschauung an sich nur zufällig: Daher werden die Grundsätze des mathematischen Gebrauchs unbedingt notwendig, d. i. apodiktisch lauten, die aber des dynamischen Gebrauchs werden zwar auch den Charakter einer Notwendigkeit a priori, aber nur unter der Bedingung des empirischen Denkens in einer Erfahrung, mithin nur unmittelbar und indirekt bei sich führen, folglich diejenige unmittelbare Evidenz nicht enthalten (obzwar ihrer auf Erfahrung allgemein bezogenen Gewißheit unbeschadet), die jenen eigen ist. Doch dies wird sich beim Schluß dieses Systems von Grundsätzen besser beurteilen lassen.

Die Übersicht über die Kategorien gibt uns die ganz natürliche Anweisung zur Übersicht über die Grundsätze, weil diese doch nichts anderes als Regeln des objektiven Gebrauchs der ersteren sind. Alle Grundsätze des reinen Verstands sind demnach
1. Axiomen der Anschauung
2. Antizipationen der Wahrnehmung
3. Analogien der Erfahrung
4. Postulate des empirischen Denkens überhaupt.
Diese Benennungen habe ich mit Vorsicht gewählt, um die Unterschiede in Ansehung der Evidenz und der Ausübung dieser Grundsätze nicht unbemerkt zu lassen. Es wird sich aber bald zeigen, daß, was sowohl die Evidenz als auch die Bestimmung der Erlernungen a priori nach den Kategorien der Größe und der Qualität (wenn man lediglich auf die Form der letzteren acht

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hat) betrifft, die Grundsätze derselben sich darin von den zwei übrigen namhaft unterscheiden, indem jene einer intuitiven, diese aber einer bloß diskursiven, obzwar beiderseits einer völligen Gewißheit fähig sind. Ich werde daher jene die mathematischen, diese die dynamischen Grundsätze nennen. Man wird aber wohl bemerken, daß ich hier ebensowenig die Grundsätze der Mathematik in einem Fall als die Grundsätze der allgemeinen (physischen) Dynamik im ändern, sondern nur die des reinen Verstandes im Verhältnis auf den inneren Sinn (ohne Unterschied der darin gegebenen Vorstellungen) vor Augen habe, dadurch denn jene insgesamt ihre Möglichkeit bekommen. Ich benenne sie also mehr in Betracht der Anwendung als um ihres Inhalts willen und gehe nun zur Erwägung derselben in der nämlichen Ordnung, wie sie in der Übersicht vorgestellt werden.

1. Von den Axiomen der Anschauung

Grundsatz des reinen Verstandes: Alle Erscheinungen sind ihrer Anschauung nach extensive Größen.

Eine extensive Größe nenne ich diejenige, in welcher die Vorstellung der Teile die Vorstellung des Ganzen möglich macht (und also notwendig vor dieser hervorgeht). Ich kann mir keine Linie, so klein sie auch sei, vorstellen, ohne sie in Gedanken zu ziehen, d. i. von einem Punkt alle Teile nach und nach zu erzeugen und dadurch allererst diese Anschauung zu verzeichnen. Ebenso ist es auch mit jeder auch der kleinsten Zeit bewandt. Ich denke mir darin nur den sukzessiven Fortgang von einem Augenblick zum andern, wo durch alle Zeitteile und deren Hinzutun endlich eine bestimmte Zeitgröße erzeugt wird. Da die bloße Anschauung an allen Erscheinungen entweder der Raum oder die Zeit ist, so ist jede Erscheinung als Anschauung eine extensive Größe, indem sie nur durch sukzessive Synthesis (von Teil zu Teil) in der Apprehension erkannt werden kann. Alle Erscheinungen werden demnach schon als Aggregate (Menge vorhergegebener Teile) angeschaut, welches eben nicht der Fall bei jeder Art Größen, sondern nur derer ist, die von uns extensiv als solche vorgestellt und apprehendiert werden.

Auf diese sukzessive Synthesis der produktiven Einbildungskraft in der Erzeugung der Gestalten gründet sich die Mathematik der Ausdehnung (Geometrie) mit ihren Axiomen, welche die Bedingungen der sinnlichen Anschauung a priori ausdrücken, un-

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ter denen allein das Schema eines reinen Begriffs der äußeren Erscheinung zustande kommen kann, z. B. zwischen zwei Punkten ist nur eine gerade Linie möglich; zwei gerade Linien schließen keinen Raum ein usw. Dies sind die Axiomen, welche eigentlich nur Größen (quanta) als solche betreffen.

Was aber die Größe (quantitas), d. i. die Antwort auf die Frage, wie groß etwas sei, betrifft, so gibt es in Ansehung derselben, obgleich verschiedene dieser Sätze synthetisch und unmittelbar gewiß (indemonstrabilia) sind, dennoch im eigentlichen Verstand keine Axiomen. Denn daß Gleiches zu Gleichem hinzugetan oder von diesem abgezogen ein Gleiches gebe, sind analytische Sätze, indem ich mir der Identität der einen Größenerzeugung mit der anderen unmittelbar bewußt bin; Axiomen aber sollen synthetische Sätze a priori sein. Dagegen sind die evidenten Sätze des Zahlenverhältnisses zwar allerdings synthetisch, aber nicht allgemein wie die der Geometrie, und eben um deswillen auch nicht Axiomen, sondern können Zahlformeln genannt werden. Daß 7 + 5 = 12 sei, ist kein analytischer Satz. Denn ich denke weder in der Vorstellung von 7 noch von 5:, noch in der Vorstellung von der Zusammensetzung beider die Zahl 12 (daß ich diese in der Addition beider denken solle, davon ist hier nicht die Rede; denn bei dem analytischen Satz ist nur die Frage, ob ich das Prädikat wirklich in der Vorstellung des Subjekts denke). Obgleich er aber synthetisch ist, so ist er doch nur einzelner Satz. Sofern hier bloß auf die Synthesis des Gleichartigen (der Einheiten) gesehen wird, so kann die Synthesis hier nur auf eine einzige Art geschehen, wiewohl der Gebrauch dieser Zahlen nachher allgemein ist. Wenn ich sage: »Durch drei Linien, deren zwei zusammengenommen größer sind als die dritte, läßt sich ein Dreieck zeichnen«, so habe ich hier die bloße Funktion der produktiven Einbildungskraft, welche die Linien größer und kleiner ziehen, imgleichen nach allerlei beliebigen Winkeln kann zusammenstoßen lassen. Dagegen ist die Zahl 7 nur auf eine einzige Art möglich und auch die Zahl 12, die durch die Synthesis der ersteren mit 5 erzeugt wird. Dergleichen Sätze muß man also nicht Axiomen (denn sonst gäbe es deren unendliche), sondern Zahlformeln nennen.

Dieser transzendentale Grundsatz der Mathematik der Erscheinungen gibt unserem Erkenntnis a priori große Erweiterung. Denn er ist es allein, welcher die reine Mathematik in ihrer ganzen Präzision auf Gegenstände der Erfahrung anwendbar macht,

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welches ohne diesen Grundsatz nicht so von selbst erhellen möchte, ja auch manchen Widerspruch veranlaßt hat. Erscheinungen sind keine Dinge an sich selbst. Die empirische Anschauung ist nur durch die reine (des Raumes und der Zeit) möglich; was also die Geometrie von dieser sagt, gilt auch ohne Widerrede vor jener, und die Ausflüchte, als wenn Gegenstände der Sinne nicht den Regeln der Konstruktion im Raum (z. B. der unendlichen Teilbarkeit der Linien oder Winkel) gemäß sein dürfen, müssen wegfallen. Denn dadurch spricht man dem Raum und mit ihm zugleich aller Mathematik objektive Gültigkeit ab und weiß nicht mehr, warum und wie weit sie auf Erscheinungen anzuwenden sei. Die Synthesis der Räume und Zeiten, als der wesentlichen Form aller Anschauung, ist das, was zugleich die Apprehension der Erscheinung, mithin jede äußere Erfahrung, folglich auch alle Erkenntnis der Gegenstände derselben, möglich macht, und was die Mathematik im reinen Gebrauch von jener beweist, das gilt auch notwendig von dieser. Alle Einwürfe dawider sind nur Schikanen einer falsch belehrten Vernunft; die irrigerweise die Gegenstände der Sinne von der formalen Bedingung unserer Sinnlichkeit loszumachen gedenkt, und sie, obgleich sie bloß Erscheinungen sind, als Gegenstände an sich selbst, dem Verstande gegeben, vorstellt, in welchem Fall freilich von ihnen a priori gar nichts, mithin auch nicht durch reine Begriffe vom Raum, synthetisch erkannt werden könnte und die Wissenschaft, die diese bestimmt, nämlich die Geometrie selbst, nicht möglich sein würde.

2. Die Antizipationen der Wahrnehmung

Der Grundsatz, welcher alle Wahrnehmungen als solche antizipiert, heißt so: In allen Erscheinungen hat die Empfindung und das Reale, welches ihr an dem Gegenstand entspricht (realitas phaenomenon), eine intensive Größe, d. i. einen Grad.

Man kann alle Erkenntnis, wodurch ich dasjenige, was zur empirischen Erkenntnis gehört, a priori erkennen und bestimmen kann, eine Antizipation nennen, und ohne Zweifel ist das die Bedeutung, in welcher Epikur seinen Ausdruck πϱόληψις brauchte. Da aber an den Erscheinungen etwas ist, was niemals a priori erkannt wird und welches daher auch den eigentlichen Unterschied des empirischen von dem Erkenntnis a priori ausmacht, nämlich die Empfindung (als Materie der Wahrnehmung), so folgt, daß dieses es eigentlich sei, was gar nicht antizipiert werden kann. Da-

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gegen würden wir die reinen Bestimmungen im Raum und der Zeit, sowohl in Ansehung der Gestalt als Größe, Antizipationen der Erscheinungen nennen können, weil sie dasjenige a priori vorstellen, was immer a posteriori in der Erfahrung gegeben werden mag. Gesetzt aber, es finde sich doch etwas, was sich an jeder Empfindung als Empfindung überhaupt (ohne daß eine besondere gegeben sein mag) a priori erkennen läßt, so würde dieses im ausnehmenden Verstand Antizipation genannt zu werden verdienen, weil es befremdlich scheint, der Erfahrung in demjenigen vorzugreifen, was gerade die Materie derselben angeht, die man nur aus ihr schöpfen kann. Und so verhält es sich hier wirklich.

Die Apprehension bloß vermittels der Empfindung erfüllt nur einen Augenblick (wenn ich nämlich nicht die Sukzession vieler Empfindungen in Betracht ziehe). Als etwas in der Erscheinung, dessen Apprehension keine sukzessive Synthesis ist, die von Teilen zur ganzen Vorstellung fortgeht, hat sie also keine extensive Größe; der Mangel der Empfindungen in demselben Augenblick würde diesen als leer vorstellen, mithin = 0. Was nun in der empirischen Anschauung der Empfindung korrespondiert, ist Realität (realitas phaenomenon); was dem Mangel derselben entspricht, Negation = 0. Nun ist aber jede Empfindung einer Verringerung fähig, so daß sie abnehmen und so allmählich verschwinden kann. Daher ist zwischen Realität in der Erscheinung und Negation ein kontinuierlicher Zusammenhang vieler möglichen Zwischenempfindungen, deren Unterschied voneinander immer kleiner ist als der Unterschied zwischen der gegebenen und dem Zero oder der gänzlichen Negation, d. i. das Reale in der Erscheinung hat jederzeit eine Größe, welche aber nicht in der Apprehension angetroffen wird, indem diese vermittels der bloßen Empfindung in einem Augenblick und nicht durch sukzessive Synthesis vieler Empfindungen geschieht und also nicht von den Teilen zum Ganzen geht; es hat also zwar eine Größe, aber keine extensive.

Nun nenne ich diejenige Größe, die nur als Einheit apprehendiert wird und in welcher die Vielheit nur durch Annäherung Zur Negation = 0 vorgestellt werden kann, die intensive Größe. Also hat jede Realität in der Erscheinung intensive Größe, d. i. einen Grad. Wenn man diese Realität als Ursache (es sei der Empfindung oder anderer Realität in der Erscheinung, z. B. einer Veränderung) betrachtet, so nennt man den Grad der Realität als Ursache, ein Moment, z. B. das Moment der Schwere, und

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zwar darum, weil der Grad nur die Größe bezeichnet, deren Apprehension nicht sukzessiv, sondern augenblicklich ist. Dieses berühre ich aber hier nur beiläufig, denn mit der Kausalität habe ich für jetzt noch nicht zu tun.

So hat demnach jede Empfindung, mithin auch jede Realität in der Erscheinung, so klein sie auch sein mag, einen Grad, d. i. eine intensive Größe, die noch immer vermindert werden kann, und zwischen Realität und Negation ist ein kontinuierlicher Zusammenhang möglicher Realitäten und möglicher kleinerer Wahrnehmungen. Eine jede Farbe, z. B. Rot, hat einen Grad, der, so klein er auch sein mag, niemals der kleinste ist, und so ist es mit der Wärme, dem Moment der Schwere usw. überall bewandt.

Die Eigenschaft der Größen, nach welcher an ihnen kein Teil der kleinstmögliche (kein Teil einfach) ist, heißt die Kontinuität derselben. Raum und Zeit sind quanta continua, weil kein Teil derselben gegeben werden kann, ohne ihn zwischen Grenzen (Punkten und Augenblicken) einzuschließen, mithin nur so, daß dieser Teil selbst wiederum ein Raum oder eine Zeit ist. Der Raum besteht also nur aus Räumen, die Zeit aus Zeiten. Punkte und Augenblicke sind nur Grenzen, d. i. bloße Stellen ihrer Einschränkung, Stellen aber setzen jederzeit jene Anschauungen, die sie beschränken oder bestimmen sollen, voraus, und aus bloßen Stellen als aus Bestandteilen, die noch vor dem Raum oder der Zeit gegeben werden könnten, kann weder Raum noch Zeit zusammengesetzt werden. Dergleichen Größen kann man auch fließende nennen, weil die Synthesis (der produktiven Einbildungskraft) in ihrer Erzeugung ein Fortgang in der Zeit ist, deren Kontinuität man besonders durch den Ausdruck des Fließens (Verfließens) zu bezeichnen pflegt.

Alle Erscheinungen überhaupt sind demnach kontinuierliche Größen, sowohl ihrer Anschauung nach als auch extensive oder der bloßen Wahrnehmung (Empfindung und mithin Realität) nach als intensive Größen. Wenn die Synthesis des Mannigfaltigen der Erscheinung unterbrochen ist, so ist dieses ein Aggregat von vielen Erscheinungen und nicht eigentlich Erscheinung als ein Quantum, welches Aggregat nicht durch die bloße Fortsetzung der produktiven Synthesis einer gewissen Art, sondern durch Wiederholung einer immer aufhörenden Synthesis erzeugt wird. Wenn ich 13 Taler ein Geldquantum nenne, so benenne ich es insofern richtig, als ich darunter den Gehalt von einer Mark Feinsilber verstehe, welche aber allerdings eine kontinuierliche Größe ist,

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in welcher kein Teil der kleinste ist, sondern Jeder Teil ein Geldstück ausmachen könnte, welche immer Materie zu noch kleineren enthielte. Wenn ich aber unter jener Benennung 13 runde Taler verstehe als so viel Münzen (ihr Silbergehalt mag sein, welcher er wolle), so benenne ich es unschicklich durch ein Quantum von Talern, sondern muß es ein Aggregat, d. i. eine Zahl Geldstücke nennen. Da nun bei aller Zahl doch Einheit zugrunde liegen muß, so ist die Erscheinung als Einheit ein Quantum und als ein solches jederzeit ein Kontinuum.

Wenn nun alle Erscheinungen, sowohl extensiv als intensiv betrachtet, kontinuierliche Größen sind, so würde der Satz, daß auch alle Veränderung (Übergang eines Dinges aus einem Zustande in den ändern) kontinuierlich sei, leicht und mit mathematischer Evidenz hier bewiesen werden können, wenn nicht die Kausalität einer Veränderung überhaupt ganz außerhalb der Grenzen einer Transzendental-Philosophie läge und empirische Prinzipien voraussetzte. Denn daß eine Ursache möglich sei, welche den Zustand der Dinge verändere, d. i. sie zum Gegenteil eines gewissen gegebenen Zustandes bestimme, davon gibt uns der Verstand a priori gar keine Eröffnung, nicht bloß deswegen, weil er die Möglichkeit davon gar nicht einsieht (denn diese Einsicht fehlt uns in mehreren Erkenntnissen a priori), sondern weil die Veränderlichkeit nur gewisse Bestimmungen der Erscheinungen trifft, welche die Erfahrung allein lehren kann, indessen daß ihre Ursache in dem Unveränderlichen anzutreffen ist. Da wir aber hier nichts vor uns haben, dessen wir uns bedienen können, als die reinen Grundbegriffe aller möglichen Erfahrung, unter welchen durchaus nichts Empirisches sein muß, so können wir, ohne die Einheit des Systems zu verletzen, der allgemeinen Naturwissenschaft, welche auf gewisse Grunderfahrungen gebaut ist, nicht vorgreifen.

Gleichwohl mangelt es uns nicht an Beweistümern des großen Einflusses, den dieser unser Grundsatz hat, Wahrnehmungen zu antizipieren und sogar deren Mangel insofern zu ergänzen, daß er allen falschen Schlüssen, die daraus gezogen werden möchten, den Riegel vorschiebt.

Wenn alle Realität in der Wahrnehmung einen Grad hat, zwischen dem und der Negation eine unendliche Stufenfolge immer minderer Grade stattfindet und gleichwohl ein jeder Sinn einen bestimmten Grad der Rezeptivität der Empfindungen haben muß, so ist keine Wahrnehmung, mithin auch keine Erfahrung möglich,

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die einen gänzlichen Mangel alles Realen in der Erscheinung, es sei unmittelbar oder mittelbar (durch welchen Umschweif im Schließen, als man immer wolle) bewiese, d. i. es kann aus der Erfahrung niemals ein Beweis vom leeren Raum oder einer leeren Zeit gezogen werden. Denn der gänzliche Mangel des Realen in der sinnlichen Anschauung kann erstlich selbst nicht wahrgenommen werden, zweitens kann er aus keiner einzigen Erscheinung und dem Unterschied des Grades ihrer Realität gefolgert oder darf auch zur Erklärung derselben niemals angenommen werden. Denn wenn auch die ganze Anschauung eines bestimmten Raumes oder der Zeit durch und durch real, d. i. kein Teil derselben leer ist, so muß es doch, weil jede Realität ihren Grad hat, der bei unveränderter extensiver Größe der Erscheinung bis zum Nichts (dem leeren) durch unendliche Stufen abnehmen kann, unendlich verschiedene Grade, mit welchen Raum und Zeit erfüllt sind, geben, und die intensive Größe in verschiedenen Erscheinungen kleiner oder größer sein können, obschon die extensive Größe der Anschauung gleich ist.

Wir wollen ein Beispiel davon geben. Beinahe alle Naturlehrer, da sie einen großen Unterschied der Quantität der Materie von verschiedener Art unter gleichem Volumen (teils durch das Moment der Schwere oder des Gewichts, teils durch das Moment des Widerstandes gegen andere bewegte Materien) wahrnehmen, schließen daraus einstimmig: Dieses Volumen (extensive Größe der Erscheinung) müsse in allen Materien, obzwar in verschiedenem Maß, leer sein. Wer hätte aber von diesen größtenteils mathematischen und mechanischen Naturforschern sich wohl jemals einfallen lassen, daß sie diesen ihren Schluß lediglich auf eine metaphysische Voraussetzung, welche sie doch so sehr zu vermeiden vorgeben, gründeten, indem sie annehmen, daß das Reale im Raum (ich mag es hier nicht Undurchdringlichkeit oder Gewicht nennen, weil dieses empirische Begriffe sind) allerwärts einerlei sei und sich nur der extensiven Größe, d. i. der Menge nach unterscheiden könne. Dieser Voraussetzung, dazu sie keinen Grund in der Erfahrung haben konnten und die also bloß metaphysisch ist, setze ich einen transzendentalen Beweis entgegen, der zwar den Unterschied in der Erfüllung der Räume nicht erklären soll, aber doch die vermeinte Notwendigkeit jener Voraussetzung, gedachten Unterschied nicht anders wie durch anzunehmende leere Räume erklären zu können, völlig aufhebt und das Verdienst hat, den Verstand wenigstens in Freiheit zu versetzen, sich diese

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Verschiedenheit auch auf andere Art zu denken, wenn die Naturerklärung hierzu irgendeine Hypothese notwendig machen sollte. Denn da sehen wir, daß, obschon gleiche Räume von verschiedenen Materien vollkommen erfüllt sein mögen, so, daß in keinem von beiden ein Punkt ist, in welchem nicht ihre Gegenwart anzutreffen wäre, so habe doch jedes Reale bei derselben Qualität seinen Grad (des Widerstandes oder des Wiegens), welcher ohne Verminderung der extensiven Größe oder Menge ins Unendliche kleiner sein kann, ehe sie in das Leere übergeht und verschwindet. So kann eine Ausspannung, die einen Raum erfüllt, z. B. Wärme, und auf gleiche Weise jede andere Realität (in der Erscheinung), ohne im mindesten den kleinsten Teil dieses Raums leer zu lassen, in ihren Graden ins Unendliche abnehmen, und nichtsdestoweniger den Raum mit diesen kleinern Graden ebensowohl erfüllen als eine andere Erscheinung mit größeren. Meine Absicht ist hier keineswegs, zu behaupten, daß dieses wirklich mit der Verschiedenheit der Materien ihrer spezifischen Schwere nach so bewandt sei, sondern nur aus einem Grundsatz des reinen Verstandes darzutun: daß die Natur unserer Wahrnehmungen eine solche Erklärungsart möglich mache, und daß man fälschlich das Reale der Erscheinung dem Grade nach als gleich und nur der Aggregation und deren extensiven Größe nach als verschieden annehme, und dieses sogar vorgeblichermaßen durch einen Grundsatz des Verstandes a priori behaupte.

Es hat gleichwohl diese Antizipation der Wahrnehmung für einen der transzendentalen Überlegung gewohnten und dadurch behutsam gewordenen Nachforscher immer etwas Auffallendes an sich und erregt darüber einiges Bedenken, daß der Verstand einen dergleichen synthetischen Satz, als der von dem Grad alles Realen in den Erscheinungen ist, und mithin der Möglichkeit des inneren Unterschieds der Empfindung selbst, wenn man von ihrer empirischen Qualität abstrahiert, antizipiert; und es ist also noch eine der Auflösung nicht unwürdige Frage, wie der Verstand hierin synthetisch über Erscheinungen a priori aussprechen und diese sogar in demjenigen, was eigentlich und bloß empirisch ist, nämlich die Empfindung angeht, antizipieren könne.

Die Qualität der Empfindungen ist jederzeit bloß empirisch und kann a priori gar nicht vorgestellt werden (z. B. Farben, Geschmack usw.). Aber das Reale, was den „Empfindungen überhaupt korrespondiert, im Gegensatz mit der Negation = 0 stellt nur etwas vor, dessen Begriff an sich ein Sein enthält, und bedeu-

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tet nichts als die Synthesis in einem empirischen Bewußtsein überhaupt. In dem inneren Sinn nämlich kann das empirische Bewußtsein von 0 bis zu jedem größeren Grad erhöht werden, so daß ebendieselbe extensive Größe der Anschauung (z. B. erleuchtete Fläche) so große Empfindung erregt als ein Aggregat von vielem andern (minder Erleuchteten) zusammen. Man kann also von der extensiven Größe der Erscheinung gänzlich abstrahieren und sich doch an der bloßen Empfindung in einem Moment eine Synthesis der gleichförmigen Steigerung von 0 bis zum gegebenen empirischen Bewußtsein vorstellen. Alle Empfindungen werden daher als solche zwar nur a posteriori gegeben, aber die Eigenschaft derselben, daß sie einen Grad haben, kann a priori erkannt werden. Es ist merkwürdig, daß wir an Größen überhaupt a priori nur eine einzige Qualität, nämlich die Kontinuität, an aller Qualität aber (dem Realen der Erscheinungen) nichts weiter a priori als die intensive Quantität derselben, nämlich daß sie einen Grad haben, erkennen können; alles übrige bleibt der Erfahrung überlassen.

3. Die Analogien der Erfahrung

Der allgemeine Grundsatz derselben ist: Alle Erscheinungen stehen ihrem Dasein nach a priori unter Regeln der Bestimmung ihres Verhältnisses untereinander in einer Zeit.

Die drei Modi der Zeit sind Beharrlichkeit, Folge und Zugleichsein. Daher werden drei Regeln aller Zeitverhältnisse der Erscheinungen, wonach jeder ihr Dasein in Ansehung der Einheit aller Zeit bestimmt werden kann, vor aller Erfahrung vorangehen und diese allererst möglich machen.

Der allgemeine Grundsatz aller drei Analogien beruht auf der notwendigen Einheit der Apperzeption in Ansehung alles möglichen empirischen Bewußtseins (der Wahrnehmung) zu jeder Zeit, folglich, da jene a priori zugrunde liegt, auf der synthetischen Einheit aller Erscheinungen nach ihrem Verhältnis in der Zeit. Denn die ursprüngliche Apperzeption bezieht sich auf den inneren Sinn (den Inbegriff aller Vorstellungen), und zwar a priori auf die Form desselben, d. i. das Verhältnis des mannigfaltigen empirischen Bewußtseins in der Zeit. In der ursprünglichen Apperzeption soll nun alles dieses Mannigfaltige seinen Zeitverhältnissen nach vereinigt werden; denn dieses sagt die transzendentale Einheit derselben a priori, unter welcher alles steht, was zu meinem (d. i. meinem einzigen) Erkenntnis gehören soll, mithin

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ein Gegenstand für mich werden kann. Diese synthetische Einheit in dem Zeitverhältnis aller Wahrnehmungen, welche a priori bestimmt ist, ist also das Gesetz, daß alle empirischen Zeitbestimmungen unter Regeln der allgemeinen Zeitbestimmung stehen müssen, und die Analogien der Erfahrung, von denen wir jetzt handeln wollen, müssen dergleichen Regeln sein.

Diese Grundsätze haben das Besondere an sich, daß sie nicht die Erscheinungen und die Synthesis ihrer empirischen Anschauung, sondern bloß das Dasein und ihr Verhältnis untereinander in Ansehung dieses ihres Daseins erwägen. Nun kann die Art, wie etwas in der Erscheinung apprehendiert wird, a priori dergestalt bestimmt sein, daß die Regel ihrer Synthesis zugleich diese Anschauung a priori in jenem vorliegenden empirischen Beispiel geben, d. i. sie daraus zustande bringen kann. Allein das Dasein der Erscheinungen kann a priori nicht erkannt werden, und obgleich wir auf diesem Weg dahin gelangen könnten, auf irgendein Dasein zu schließen, so würden wir dieses doch nicht bestimmt erkennen, d. i. das, wodurch seine empirische Anschauung sich von ändern unterschiede, antizipieren können.

Die vorigen zwei Grundsätze, welche ich die mathematischen nannte, in Betracht dessen, daß sie die Mathematik auf Erscheinungen anzuwenden berechtigten, gingen auf Erscheinungen ihrer bloßen Möglichkeit nach und lehrten, wie sie sowohl ihrer Anschauung als dem Realen ihrer Wahrnehmung nach nach Regeln einer mathematischen Synthesis erzeugt werden könnten; daher sowohl bei der einen als bei der anderen die Zahlgrößen und mit ihnen die Bestimmung der Erscheinung als Größe gebraucht werden können. So werde ich z. B. den Grad der Empfindungen des Sonnenlichts aus etwa 200 000 Erleuchtungen durch den Mond zusammensetzen und a priori bestimmt geben, d. i. konstruieren können. Daher können wir die ersteren Grundsätze konstitutive nennen.

Ganz anders muß es mit denen bewandt sein, die das Dasein der Erscheinungen a priori unter Regeln bringen sollen. Denn da dieses sich nicht konstruieren läßt, so werden sie nur auf das Verhältnis des Daseins gehen und keine anderen als bloß regulative Prinzipien abgeben können. Da ist also weder an Axiomen noch an Antizipationen zu denken, sondern, wenn uns eine Wahrnehmung m einem Zeitverhältnis gegen andere (obzwar unbestimmte) gegeben ist, so wird a priori nicht gesagt werden können, welche andere und wie große Wahrnehmung, sondern wie sie dem

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Dasein nach in diesem modo der Zeit mit jener notwendig verbunden sei. In der Philosophie bedeuten Analogien etwas sehr Verschiedenes von demjenigen, was sie in der Mathematik vorstellen. In dieser sind es Formeln, welche die Gleichheit zweier Größenverhältnisse aussagen und jederzeit konstitutiv, so daß, wenn drei Glieder der Proportion gegeben sind, auch das vierte dadurch gegeben wird, d. i. konstruiert werden kann. In der Philosophie aber ist die Analogie nicht die Gleichheit zweier quantitativer, sondern qualitativer Verhältnisse, wo ich aus drei gegebenen Gliedern nur das Verhältnis zu einem vierten, nicht aber dieses vierte Glied selbst erkennen und a priori geben kann, wohl aber eine Regel habe, es in der Erfahrung zu suchen, und ein Merkmal, es in derselben aufzufinden. Eine Analogie der Erfahrung wird also nur eine Regel sein, nach welcher aus Wahrnehmungen Einheit der Erfahrung (nicht wie Wahrnehmung selbst, als empirische Anschauung überhaupt) entspringen soll, und als Grundsatz von den Gegenständen (der Erscheinungen) nicht konstitutiv, sondern bloß regulativ gelten. Ebendasselbe aber wird auch von den Postulaten des empirischen Denkens überhaupt, welche die Synthesis der bloßen Anschauung (der Form der Erscheinung), der Wahrnehmung (der Materie derselben) und der Erfahrung (des Verhältnisses dieser Wahrnehmungen) zusammen betreffen, gelten, nämlich, daß sie nur regulative Grundsätze sind und sich von den mathematischen, die konstitutiv sind, zwar nicht in der Gewißheit, welche in beiden a priori feststeht, aber doch in der Art der Evidenz, d. i. dem Intuitiven derselben (mithin auch der Demonstration) unterscheiden.

Was aber bei allen synthetischen Grundsätzen erinnert ward und hier vorzüglich angemerkt werden muß, ist dieses, daß diese Analogien nicht als Grundsätze des transzendentalen, sondern bloß des empirischen Verstandesgebrauchs ihre alleinige Bedeutung und Gültigkeit haben, mithin auch nur als solche bewiesen werden können, daß folglich die Erscheinungen nicht unter die Kategorien schlechthin, sondern nur unter ihre Schemate subsumiert werden müssen. Denn wären die Gegenstände, auf welche diese Grundsätze bezogen werden sollen, Dinge an sich selbst, so wäre es ganz unmöglich, etwas von ihnen a priori synthetisch zu erkennen. Nun sind es nichts als Erscheinungen, deren vollständige Erkenntnis, auf die alle Grundsätze a priori zuletzt doch immer auslaufen müssen, lediglich die mögliche Erfahrung ist, folglich können jene nichts als bloß die Bedingungen der Einheit

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des empirischen Erkenntnisses in der Synthesis der Erscheinungen zum Ziele haben; diese aber wird nur allein in dem Schema des reinen Verstandesbegriffs gedacht, von dessen Einheit als einer Synthesis überhaupt die Kategorie die durch keine sinnliche Bedingung restringierte Funktion enthält. Wir werden also durch diese Grundsätze, die Erscheinungen nur nach einer Analogie mit der logischen und allgemeinen Einheit der Begriffe zusammenzusetzen berechtigt werden und daher uns in dem Grundsatz selbst zwar der Kategorie bedienen, in der Ausführung aber (der Anwendung auf Erscheinungen) das Schema derselben als den Schlüssel ihres Gebrauchs an deren Stelle oder jener vielmehr als restringierende Bedingung unter dem Namen einer Formel des ersteren zur Seite setzen.


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Datum der letzten Änderung : Jena, den: 10.02. 2015