Vor dem Tor

Faust und Wagner

Faust: Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch den Frühlings holden, belebenden Blick;
Im Tale grünet Hoffnungsglück;
Der alte Winter in seiner Schwäche
Zog sich in raue Berge zurück.
Von dorther sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flur;
Aber die Sonne duldet kein Weißes,
Überall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlt's im Revier,
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.
Kehre Dich um von diesen Höhen
Nach der Stadt zurück zu sehen
Aus dem hohlen, finstren Tor
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heut so gern. Sie feiern die Auferstehung des Herrn;
Denn sie sind selber auferstanden:
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
Aus Handwerks- und Gewerbes-Banden,
Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
Aus der Straßenquetschender Enge,
Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.
Sie nur, sieh! wie behend sich die Menge
Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
Wie der Fluß in Breit' und Länge
So manchen lustigen Nachen bewegt;
Und bis zum Sinken überladen
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Bergen fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.
Ich höre schon des Dorfs Getümmel;
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein.


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Datum der letzten Änderung : Jena, den : 15.02.2013