Definitheit

Definitheit ist ein Begriff aus dem mathematischen Teilgebiet der linearen Algebra. Er beschreibt, welche Vorzeichen reelle quadratische Formen annehmen können, die durch Matrizen oder allgemeiner durch Bilinearformen erzeugt werden.

Definitheit von Bilinearformen und Sesquilinearformen

Es sei V ein Vektorraum über den reellen (oder komplexen) Zahlen.

Eine symmetrische Bilinearform \langle {\cdot },{\cdot }\rangle \colon V\times V\to {\mathbb  R} (beziehungsweise eine hermitesche Sesquilinearform \langle {\cdot },{\cdot }\rangle \colon V\times V\to {\mathbb  {C}}) heißt

positiv definit, falls \langle v,v\rangle >0
positiv semidefinit, falls \langle v,v\rangle \geq 0
negativ definit, falls \langle v,v\rangle <0
negativ semidefinit, falls \langle v,v\rangle \leq 0

jeweils für alle v\in V, v\not =0, gilt. Man beachte, dass auch im komplexen Fall wegen der geforderten Hermitizität \langle v,v\rangle stets reell ist.
Trifft keine dieser Bedingungen zu, heißt die Form indefinit. Genau in diesem Fall nimmt \langle v,v\rangle sowohl positive als auch negative Werte an.

Die obigen Bedingungen bedeuten also, dass die zugehörige quadratische Form Q(v):=\langle v,v\rangle positiv definit, positiv semidefinit, negativ definit, negativ semidefinit bzw. indefinit ist.

Gelegentlich werden diese Begriffe im reellen Fall auch für beliebige, nicht notwendig symmetrische Bilinearformen eingeführt. (Im komplexen Fall müsste man zusätzlich fordern, dass für alle v\in V der Wert \langle v,v\rangle reell ist. Daraus folgt jedoch schon, dass die Sesquilinearform hermitesch ist.)

Eine positiv definite symmetrische Bilinearform (bzw. hermitesche Sesquilinearform) heißt Skalarprodukt. Beispielsweise ist das Standardskalarprodukt auf dem \mathbb {R} ^{n} (bzw. \mathbb {C} ^{n}) positiv definit.

Definitheit von Matrizen

Definitionen

Jede quadratische Matrix beschreibt eine Bilinearform auf V=\mathbb {R} ^{n} (bzw. eine Sesquilinearform auf {\displaystyle V=\mathbb {C} ^{n}}). Man nennt eine quadratische Matrix deshalb positiv definit, wenn diese Eigenschaft auf die durch die Matrix definierte Bilinearform bzw. Sesquilinearform zutrifft. Entsprechend definiert man auch die anderen Eigenschaften. Dies bedeutet: Eine beliebige (ggf. symmetrische bzw. hermitesche) (n\times n)-Matrix A ist

positiv definit, falls x^{T}Ax>0
positiv semidefinit, falls x^{T}Ax\geq 0
negativ definit, falls x^{T}Ax<0
negativ semidefinit, falls x^{T}Ax\leq 0

für alle n-zeiligen Spaltenvektoren x\in V mit x\neq 0, wobei x^T der Zeilenvektor ist, der aus dem Spaltenvektor x durch Transponieren hervorgeht.

Im komplexen Fall muss der Vektor x auf der linken Seite zum Zeilenvektor transponiert und zusätzlich komplex-konjugiert werden (hermitesch Adjungiertes, x^{*}\;=\overline x^{T} statt lediglich x^{T}\;). Damit die Ungleichungen einen Sinn ergeben, muss die linke Seite für jedes mögliche x reell sein. Dies ist genau dann der Fall, wenn die Matrix A hermitesch ist.

Eine Matrix, die weder positiv noch negativ semidefinit ist, nennt man „indefinit“. Genau dann nimmt x^{T}Ax\; (bzw. x^{*}Ax\;) sowohl positive als auch negative Werte an.

Kriterien für Definitheit

Eigenwerte

Eine quadratische symmetrische (bzw. hermitesche) Matrix ist genau dann

positiv definit, wenn alle Eigenwerte größer als null sind;
positiv semidefinit, wenn alle Eigenwerte größer oder gleich null sind;
negativ definit, wenn alle Eigenwerte kleiner als null sind;
negativ semidefinit, wenn alle Eigenwerte kleiner oder gleich null sind und
indefinit, wenn positive und negative Eigenwerte existieren.

Damit kann jedes Verfahren zur Bestimmung oder Abschätzung von Eigenwerten benutzt werden, um die Definitheit der Matrix zu bestimmen. Eine Möglichkeit sind die Gerschgorin-Kreise, die es erlauben, das Spektrum zumindest abzuschätzen. Dies reicht häufig schon aus, um die Definitheit zu bestimmen. Die Gerschgorin-Kreise geben anhand der Einträge der Matrix Mengen in der komplexen Ebene an, in denen die Eigenwerte enthalten sind, im Falle von symmetrischen Matrizen Intervalle auf der reellen Achse. Damit ist es manchmal einfach möglich, die Definitheit einer Matrix zu bestimmen. Einzelheiten hierzu, insbesondere über die Signatur von symmetrischen Bilinearformen und Matrizen, siehe Trägheitssatz von Sylvester.

Hauptminoren

Eine symmetrische bzw. hermitesche Matrix A ist genau dann positiv definit, wenn alle führenden Hauptminoren von A positiv sind. Aus der Tatsache, dass A genau dann negativ definit ist, wenn -A positiv definit ist, ergibt sich: A ist genau dann negativ definit, wenn die Vorzeichen der führenden Hauptminoren alternieren, das heißt, falls alle ungeraden führenden Hauptminoren negativ und alle geraden positiv sind.

Bemerkungen

Gaußsches Eliminationsverfahren

Eine reelle symmetrische quadratische Matrix A=(a_{{i,k}})_{{i,k=1}}^{n} ist genau dann positiv definit, wenn das Gaußsche Eliminationsverfahren bei Diagonalstrategie, das heißt ohne Zeilenvertauschungen, mit n positiven Pivotelementen durchgeführt werden kann. Diese Bedingung eignet sich vor allem für Fälle, in denen sowieso das Gauß-Verfahren angewandt werden muss.

Cholesky-Zerlegung

Eine symmetrische Matrix A ist genau dann positiv definit, wenn es eine Cholesky-Zerlegung A=GG^{T} gibt, wobei G eine reguläre untere Dreiecksmatrix ist.

Diagonaldominante Matrizen

Ist eine Matrix A symmetrisch und streng diagonaldominant und sind alle Diagonalelemente von A positiv, so ist A positiv definit.

Die Umkehrung gilt nicht. Die Matrix

{\displaystyle {\begin{pmatrix}1&2\\2&100\\\end{pmatrix}}}

ist zwar positiv definit, aber nicht streng diagonaldominant.

Symmetrischer Anteil bei allgemeinen Matrizen

Eine reelle quadratische Matrix A, die nicht notwendig symmetrisch ist, ist genau dann positiv definit, wenn ihr symmetrischer Teil

A_{S}={\frac  {1}{2}}\left(A+A^{T}\right)

positiv definit ist. Entsprechendes gilt für „negativ definit“ und „positiv“ bzw. „negativ semidefinit“.

Bei komplexen Matrizen A ist die Situation völlig anders. Man kann für jede komplexe Matrix A den hermiteschen Anteil A_{H}={\tfrac  {1}{2}}\left(A+A^{*}\right) und den schiefhermiteschen Anteil A_{{SH}}={\tfrac  {1}{2}}\left(A-A^{*}\right) betrachten.

Die Matrix A_{K}={\tfrac  1i}{A_{{SH}}} ist dann hermitesch, es gilt A=A_{H}+iA_{K} und A^{*}=A_{H}-iA_{K}. A ist genau dann positiv definit, wenn der schiefhermitesche Anteil A_{{SH}} gleich 0 und der hermitesche Anteil A_{H}, der demzufolge mit A übereinstimmt, positiv definit ist.

Hinreichendes Kriterium für positive Semidefinitheit

Für eine beliebige reelle Matrix A\in \mathbb {R} ^{m\times n} sind sowohl die Matrix A^{T}A\in \mathbb{R} ^{{n\times n}}, als auch die Matrix AA^{T}\in \mathbb{R} ^{{m\times m}} stets symmetrisch und positiv semidefinit, denn aufgrund der Verschiebungseigenschaft des Standardskalarprodukts gilt für alle x\in \mathbb{R} ^{n}

\langle x,A^{T}Ax\rangle =\langle Ax,Ax\rangle \geq 0

und für alle x\in \mathbb{R} ^{m}

\langle x,AA^{T}x\rangle =\langle A^{T}x,A^{T}x\rangle \geq 0.

Bedeutung

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 04.10. 2021