Inosit

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GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
keine GHS-Piktogramme
H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[1]
Toxikologische Daten 10.000 mg/kg (LD50Mausoral)[1]

Inosit (der Inosit; auch, vor allem im englisch: Inositol; veraltet: „Muskelzucker“) ist der Trivialname für Cyclohexanhexol, einen sechswertigen cyclischen Alkohol.

Obwohl Inosit den Trivialnamen „Muskelzucker“ trägt, handelt es sich dabei nicht um ein Kohlenhydrat, da es keine Carbonylgruppe besitzt und daher kein cyclisches Halbacetal bilden kann. Er erfüllt lediglich das ursprüngliche Kriterium eines Kohlen-Hydrats (hydratisierter Kohlenstoff), nämlich dass dessen Summenformel Cn(H2O)n ist bzw. dass Inosit ein Isomer (dieselbe Summenformel) zu Glucose und Fructose ist.

Die eigentlich aus dem angloamerikanischen Sprachraum stammende Variante Inositol hat sich in den Naturwissenschaften eingebürgert, vor allem in zusammengesetzten Begriffen ist sie die weitaus gebräuchlichere Variante.

Früher wurde myo-Inosit den B-Vitaminen zugerechnet und teils (wie auch Adenosinmonophosphat) als „Vitamin B8“ bezeichnet.

Isomerie

Strukturformel
Strukturformel von myo-Inosit
Strukturformel von myo-Inosit
Allgemeines
Name Inosit
Andere Namen
  • Cyclohexanhexol
  • Inositol
Summenformel C6H12O6
Kurzbeschreibung weißer, kristalliner, geruchloser Feststoff[1] mit süßlichem Geschmack
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer Extern 6917-35-7 (Isomerengemisch)
EG-Nummer 230-024-9
ECHA-InfoCard Extern 100.027.295
PubChem Extern 892
ChemSpider Extern 868
Arzneistoffangaben
ATC-Code Extern HA07, Extern BA08 (myo-Inositol)
Eigenschaften
Molare Masse 180,16 g/mol
Aggregatzustand fest
Dichte 1,75 g/cm3 [1]
Schmelzpunkt 223–225 °C [1]
Löslichkeit 143 g/l (19 °C)[2]

Abhängig von der Stellung der Hydroxygruppen sind neun Stereoisomere möglich, davon ein Enantiomerenpaar (chiro-Inosit). Bei der in der Natur häufigsten Form stehen die Hydroxygruppen an den Kohlenstoffatomen 1, 2, 3 und 5 auf derselben Seite des Rings und die Hydroxygruppen an C4 und C6 auf der gegenüberliegenden Seite. Diese Form trägt den systematischen Namen Cyclohexan-cis-1,2,3,5-trans-4,6-hexol, den Trivialnamen myo-Inosit und kommt in vielen tierischen und pflanzlichen Geweben vor.

Die Trivialnamen der anderen seltenen Isomere sind: scyllo-, D-chiro-, L-chiro-, muco-, neo-, allo-, epi- und cis-Inosit.

Alle Isomere haben einen süßlichen Geschmack.

Vorkommen und Bedeutung

Im Körper tritt Inosit zumeist mit Phosphaten verestert auf. Er wurde früher den B-Vitaminen zugeordnet. Aufgrund der Tatsache, dass der menschliche Körper Inosit aus Glucose selbst aufbauen kann, gilt diese Einordnung allerdings mittlerweile als veraltet. Jede der beiden menschlichen Nieren produziert beispielsweise ca. 2 g Inosit pro Tag, in Summe also 4 g/d. Dies ist ein Vielfaches der Menge, die täglich mit der Nahrung aufgenommen wird (225 bis 1800 mg/d, durchschnittlich 900 mg/d bei einer Standard-Diät von 2500 kcal/d). Andere Körperzellen können ebenfalls Inosit bilden und tragen geringfügig zur Versorgung bei. Die höchsten Inosit-Konzentrationen werden im Gehirn gemessen, wo er als sekundärer Botenstoff und Teil von Neurotransmittern fungiert.[12] Bei Mikroorganismen wirkt Inosit als Wachstumsfaktor und wird dort als Bios I bezeichnet. In nahezu allen höheren Pflanzen tritt er als Komponente von Sphingolipiden auf. In Pilzen, Bakterien und manchen höheren Pflanzen kommt der Alkohol vorwiegend als Phytinsäure (Inositolhexaphosphorsäure) zur Phosphatspeicherung vor.[13]

Sekundärer Botenstoff

Das 1D-myo-Inositol-1,4,5-trisphosphat (vereinfacht Inositoltrisphosphat, IP3) und andere Phosphoinositole spielen als sekundärer Botenstoff bei der Signalübertragung in Zellen eine wichtige Rolle. Es wird dabei durch Phospholipase-vermittelte hydrolytische Spaltung des Phospholipids Phosphatidylinositol-4,5-bisphosphat (PIP2) – in ein 1,2-Diacylglycerin (DAG) und eben IP3 – freigesetzt. IP3 ist in der Lage, den Zellstoffwechsel zu beeinflussen, so bewirkt es beispielsweise den Anstieg der Ca2+-Konzentration innerhalb der Zelle.

Siehe auch:

Struktur der Phytinsäure, des Hexaphosphorsäureesters von Inosit

Gewinnung

myo-Inosit wird durch Hydrolyse von Phytinsäure gewonnen, die wiederum aus Maisquellwasser isolierbar ist:

{\displaystyle \mathrm {C_{6}H_{18}O_{24}P_{6}+6\ H_{2}O\longrightarrow C_{6}H_{12}O_{6}+6\ H_{3}PO_{4}} }

Verwendung

Inosit ist im Handel als Nahrungsergänzungsmittel für Menschen oder Pferde erhältlich. Aufgrund seiner optischen Ähnlichkeit, der leichten Verfügbarkeit und des geringen Preises wird Inositpulver oft zum Strecken von Kokain oder Methamphetamin verwendet.[14] Es findet sich auch in verschiedenen Energydrinks.

Inosit wird in der Behandlung des Polyzystischen Ovar-Syndroms (PCOS)[15] eingesetzt. Studien zufolge kann Inosit bei PCOS und bei Prädiabetes und Übergewicht dazu beitragen, die Insulinresistenz und Hyperinsulinismus zu verringern.[15][16]

Historisches

Der deutsche Chemiker Johann Joseph von Scherer, ein Schüler Justus Liebigs und späterer Professor in Würzburg, isolierte Inosit aus Muskelgewebe und schlug in seiner Veröffentlichung 1850 „nach seinem ersten Fundorte“ den Namen „Inosit“ vor[17], nach dem griechischen „is“, Genitiv „inos“, für Sehne, Muskel.[18]

Nachweis

Der Nachweis von Inosit kann durch Oxidation mit Salpetersäure erfolgen, wobei Rhodizonsäure C6H2O6 entsteht, die ein charakteristisches rotes Bariumsalz bildet. Diese 1852 von Johann Josef von Scherer publizierte Reaktion[19], bei der das Molekülgerüst, der Kohlenstoffsechsring, erhalten bleibt, wird nach ihrem Entdecker auch Scherer-Reaktion genannt.[20]

Einzelnachweise

  1. Hochspringen nach: a b c d e f Datenblatt Extern Inosit bei Thermo Fisher Scientific
  2. Datenblatt Extern myo-Inosit bei Merck.
  3. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu myo-Inositol: CAS-Nummer: Extern 87-89-8, EG-Nummer: 201-781-2, ECHA-InfoCard: Extern 100.001.620, ChemSpider: Extern 10239179, DrugBank: Extern DB13178
  4. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu scyllo-Inositol: CAS-Nummer: Extern 488-59-5, EG-Nummer: 610-437-4, ECHA-InfoCard: Extern 100.113.358, ChemSpider: Extern 10254646, DrugBank: Extern DB03106
  5. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu muco-Inositol: CAS-Nummer: Extern 488-55-1, EG-Nummer: 207-681-5, ECHA-InfoCard: Extern 100.006.983, ChemSpider: Extern 16736990.
  6. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu D-chiro-Inositol: CAS-Nummer: Extern 643-12-9, EG-Nummer: 211-394-0, ECHA-InfoCard: Extern 100.010.359, ChemSpider: Extern 10254647.
  7. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu L-chiro-Inositol: CAS-Nummer: Extern 551-72-4, EG-Nummer: 209-000-7, ECHA-InfoCard: Extern 100.008.183, ChemSpider: Extern 10199754, DrugBank: Extern DB15350.
  8. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu neo-Inositol: CAS-Nummer: Extern 488-54-0, ChemSpider: Extern 10199749.
  9. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu allo-Inositol: CAS-Nummer: Extern 643-10-7, EG-Nummer: 211-393-5, ECHA-InfoCard: Extern 100.010.358, PubChem: Extern 135058350, ChemSpider: Extern 16736991.
  10. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu epi-Inositol: CAS-Nummer: Extern 488-58-4, EG-Nummer: 207-682-0, ECHA-InfoCard: Extern 100.006.984, ChemSpider: Extern 10254648
  11. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu cis-Inositol: CAS-Nummer: Extern 576-63-6, ChemSpider: Extern 16736992
  12. Marine L. Croze, Christophe O. Soulage: Potential role and therapeutic interests of myo-inositol in metabolic diseases. In: Biochimie. Band 95, Nr. 10, Oktober 2013, S. 1811–1827, doi:Extern 10.1016/j.biochi.2013.05.011, Extern PMID 23764390.
  13. Wissenschaft-Online-Lexika: Eintrag zu Inositole im Lexikon der Chemie.
  14. National Drug Intelligence Center: Extern South Carolina Drug Threat Assessment: Methamphetamine, Dezember 2001
  15. Hochspringen nach: a b V. Unfer, J. E. Nestler, Z. A. Kamenov, N. Prapas, F. Facchinett: Effects of Inositol(s) in Women with PCOS: A Systematic Review of Randomized Controlled Trials. In: International Journal of Endocrinology. Band 2016, 2016, S. 1849162, doi:Extern 10.1155/2016/1849162, Extern PMID 27843451, Extern PMC 5097808 (freier Volltext).
  16. C. Bañuls, S. Rovira-Llopis, S. López-Doménech, S. Veses, V. M. Víctor, M. Rocha, A. Hernández-Mijares: Effect of consumption of a carob pod inositol-enriched beverage on insulin sensitivity and inflammation in middle-aged prediabetic subjects. In: Food & Function. Band 7, Nr. 10, Oktober 2016, S. 4379–4387, doi:Extern 10.1039/c6fo01021k, Extern PMID 27713964.
  17. Johann Josef von Scherer: Ueber eine neue, aus dem Muskelfleische gewonnene Zuckerart. In: Friedrich Wöhler, Justus Liebig (Hrsg.): Annalen der Chemie und Pharmacie. Band 73, Nr. 3. Christian Friedrich Winter, Heidelberg 1850, S. 322–328, doi:Extern 10.1002/jlac.18500730303 (Extern hathitrust.org).
  18. A.K.M. Shamsuddin, Guang-Yu Yang: Inositol & its Phosphates : basic science to practical applications. Bentham Science Publishers, Sharjah 2015, ISBN 978-1-68108-008-6 (Extern eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  19. Johann Josef von Scherer: Ueber den Inosit. In: Friedrich Wöhler, Justus Liebig, Hermann Kopp (Hrsg.): Annalen der Chemie und Pharmacie. Band 81, Nr. 3. Christian Friedrich Winter, Heidelberg 1852, S. 375–375, doi:Extern 10.1002/jlac.18520810313 (Extern archive.org).
  20. S. J. Angyal: Inositols. Chemistry, Physiology, Pathology, Methods. In: W. H. Sebrell Jr., Robert S. Harris (Hrsg.): The Vitamins. second edition Auflage. Band III. Academic Press, Elsevier, New York und London 1971, ISBN 978-0-12-633763-1, S. 340–415, doi:Extern 10.1016/b978-0-12-633763-1.50010-5 (englisch, Extern eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
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Basierend auf einem Artikel in: Extern Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 15.09. 2024